«Vergesst Atlantis», sagt Douwe van Hinsbergen, Professor für globale Tektonik an der Universität Utrecht. «Ohne es zu merken, verbringen jedes Jahr eine grosse Anzahl von Touristen ihren Urlaub auf dem verlorenen Kontinent Greater Adria.»
Van Hinsberger zeigt sich in seiner Studie, die diesen Monat in der Zeitschrift «Gondwana Research» veröffentlicht wurde, euphorisch von der Entdeckung, die ihm und seinem Team gelang.
Demnach liegt unter Südeuropa die Reste des verlorenen achten Kontinenten. Greater Adria kollidierte laut der Studie vor rund 120 Millionen Jahren mit Europa und wurde dabei grösstenteils in den Erdmantel hinabgedrückt. Doch Relikte dieses Kontinents sind in Südeuropa noch immer sichtbar – in den Gebirgen des Mittelmeerraums.
2300 Gesteinsproben in 10 Jahren gesammelt
Dass die Afrikanische und Eurasische Erdplatte kollidierten, war bekannt. Doch dass damals noch ein Partner im Spiel war, der jetzt entdeckte Kontinent Greater Adria, fanden Douwe van Hinsbergen und seine Kollegen nun dank geologischen Analysen heraus.
Um das Schicksal von Greater Adria zu rekonstruieren, sammelten die Autoren zehn Jahre lang Daten zum Alter und der Magnetisierung von 2300 Gesteinsproben, die von dem verlorenen Kontinent stammen könnten. «Der Mittelmeerraum ist ein geologisches Trümmerfeld: Alles ist verbogen, gebrochen und übereinander gestapelt», sagt van Hinsbergen. «Verglichen damit ist der Himalaya geradezu ein simples System.» Hinzu kommt, dass die Relikte von Greater Adria heute über mehr als 30 verschiedene Länder verstreut sind. «Diese Region ist daher nicht nur in geologischer Hinsicht fragmentiert», so der Forscher.
So gross wie Grönland
Die Rekonstruktion gelang. Sie ergab, dass sich Greater Adria vor rund 240 Millionen Jahren vom Superkontinent Gondwana löste und nach Norden zu wandern begann. Vor rund 140 Millionen Jahren lag diese Landmasse dann zwischen Afrika und Eurasien – im Tethysmeer. Greater Adria war damals etwa so gross wie Grönland, aber zu grossen Teilen von einem flachen tropischen Ozean bedeckt, wie die Forscher berichten.
Dann kam es vor rund 120 Millionen Jahren zur Kollision mit Europa. Dabei wurden Teile der Sedimentauflage von Greater Adria abgeschabt und zu Gebirgen zusammengeschoben. Der Rest der Landmasse drehte sich gegen den Uhrzeigersinn, wurde nach und nach fragmentiert und unter den Südrand unseres Kontinents gedrückt. «Der Rest dieses Kontinentstücks, das rund 100 Kilometer dick war, versank unter Südeuropa im Erdmantel», berichtet van Hinsbergen. «Dort können wir diese Relikte mithilfe von seismischen Wellen bis in eine Tiefe von rund 1500 Kilometern verfolgen.»
Damit ist vom einst achten Kontinenten Greater Adria nicht mehr viel übrig geblieben. (nim)