Das Wasser in Seen ist geschichtet, zum Beispiel durch unterschiedliche Temperatur oder Salzgehalt. Dass winzige Mikroorganismen dazu in der Lage sein sollen, diese Schichten zu durchmischen, hielt man anhand bisheriger Studien für unwahrscheinlich. Und doch ist es so, wie Forschende der Eawag nun im Fachblatt «Geophysical Research Letters» nachweisen.
Die Mikroorganismen bewegen das Wasser allerdings nicht direkt durch ihr Schwimmen, sondern indirekt, wie die Forschungsanstalt am Donnerstag mitteilte. Kommen lokal sehr viele Mikroorganismen vor, erhöhen sie die Dichte des Wassers und bringt es dazu, mitsamt den Kleinstlebewesen abzusinken.
Damit werden auch Schichten mit unterschiedlicher Temperatur und Konzentration im Wasser gelöster Stoffe durchmischt, was Fachleute als «Biokonvektion» bezeichnen. Um diesen Vorgang in Gang zu halten müssen die Organismen zudem aktiv nach oben schwimmen.
Gemeinsam mit internationalen Kollegen wiesen die Eawag-Forschenden die Biokonvektion erstmals nicht nur im Labor, sondern auch in der freien Natur nach. Im Tessiner Cadagno-See beobachteten sie, dass Bakterien der Art Chromatium okenii bis zu zwei Meter dicke Wasserschichten vollständig durchmischen können. Diese Mikroorganismen kommen hauptsächlich in Seetiefen vor, wo das Wasser keinen Sauerstoff mehr enthält - im Cadagno-See in rund zwölf Metern Tiefe.
Dort bilden die Bakterien eine dicke Schicht mit 10 Milliarden Individuen pro Kubikmeter, wie die Forscher feststellten. Die Mikroorganismen schwimmen aufwärts Richtung Licht, aber nur bis zur Grenze zum sauerstoffhaltigen Wasser. Dort sammeln sie sich, erhöhen die Dichte des dortigen Wassers und bringen es zum absinken.
Die dadurch in Gang gebrachte Durchmischung führe dazu, dass mitten im Sommer Messgrössen wie Temperatur oder Salzgehalt in einer Seetiefe von 11 bis 13 Metern einheitlich bleiben, statt wie erwartet weiter ab- oder zuzunehmen, schrieb die Eawag.
«Nebst dem von uns untersuchten Bakterium gibt es noch viele andere Organismen, die Biokonvektion auslösen können», sagte Studien-Erstautor Tobias Sommer gemäss der Mitteilung. «Darum gehen wir davon aus, dass das bisher unterschätzte Phänomen weit verbreitet und für die Ökologie von Seen und Ozeanen eine Rolle spielt, zum Beispiel bei bestimmten Algenblüten.»