Nobelpreis-Aufschub nicht zum ersten Mal
Dieses Jahr gibt es zwei Literaturnobelpreis-Träger

Die Schwedische Akademie will mit der Doppelvergabe des Literaturnobelpreises den Skandal des Vorjahres hinter sich lassen. Ein Wettanbieter macht bereits seine Favoriten aus.
Publiziert: 03.10.2019 um 16:39 Uhr
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Aktualisiert: 10.10.2019 um 10:44 Uhr
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Katarina Frostenson und ihrem Mann werden Verfehlungen gegenüber der Nobelpreis-Akademie vorgeworfen. 2018 wurde im Zuge des Skandals kein Preis vergeben.
Foto: Keystone/EPA SCANPIX DENMARK/OLAFUR STEINAR GESTSSON

Nach einem dramatischen Jahr bei der Schwedischen Akademie mitsamt einem Skandal und einer Verurteilung wegen Vergewaltigung will die Vergabe-Institution des Literaturnobelpreises die turbulente Zeit endlich hinter sich lassen.

Doppelte Vergabe

Glücken soll das, indem am 10. Oktober nicht nur der diesjährige Preisträger verkündet, sondern gleichzeitig auch die Vergabe der Auszeichnung für das Jahr 2018 nachgeholt wird. Beide Preisträger werden am 10. Oktober um 13.00 Uhr verkündet, wie eine Sprecherin der Akademie am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Nobelpreis 2020

Das Nobelkomitee verkündet jedes Jahr Preisträger. Bahnbrechende Entdeckungen gibt es zuhauf. Alles Wissenswerte dazu erfahren Sie auf BLICK.

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Organisation will Skandal hinter sich lassen

Und: Es sei intensiv daran gearbeitet worden, die Abläufe in der Organisation zu klären und Verantwortlichkeiten abzustimmen, um so die Transparenz sowohl innerhalb der Institution als auch zwischen der Akademie und der Aussenwelt zu verbessern, sagte der neue Ständige Sekretär Mats Malm der Deutschen Presse-Agentur. Das Nobelkomitee sei zudem erweitert worden und bestehe nun zur Hälfte aus externen Mitgliedern.

Das Aufräumen in Stockholm ist dringend notwendig gewesen. Die Querelen um das mittlerweile ausgetretene Akademiemitglied Katarina Frostenson und ihren Ehemann Jean-Claude Arnault haben den Ruf der Institution ramponiert. Über Monate wurde mit viel Schlamm geworfen, oft und gerne in der Öffentlichkeit. Der Weg aus der Krise soll am kommenden Donnerstag aber endgültig abgeschlossen sein. Dann wird Malm die Literaturnobelpreisträger der Jahre 2018 und 2019 verkünden.

Enthüllungen über sexuelle Belästigung machten Verleihung 2018 unmöglich

An Feiern war noch vor einem Jahr nicht zu denken. Der Skandal war bereits im November 2017 im Zuge der #MeToo-Enthüllungen ins Rollen gekommen, nachdem 18 Frauen in der schwedischen Zeitung «Dagens Nyheter» Anschuldigungen gegen Arnault vorgebracht hatten, wegen sexueller Belästigung und Übergriffen. Wegen Vergewaltigung wurde er im Dezember 2018 zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt; das Urteil ist nach mehrmals gescheiterter Berufung mittlerweile rechtskräftig.

Geheimhaltungspflicht verletzt

Zudem warf die Akademie Frostenson und Arnault vor, die Literaturnobelpreisträger vorab ausgeplaudert und damit gegen ihre Geheimhaltungspflicht verstossen zu haben. Der Streit führte dazu, dass 2018 kein Literaturnobelpreis verkündet wurde, wie sonst üblich, zwischen den wissenschaftlichen Auszeichnungen und dem Friedensnobelpreis verkündet worden.

Frostenson hat die Zeit von November 2017 bis Mai 2018 in einem teils bissigen Buch verarbeitet. Sie spricht von «grotesken Übertreibungen, Lügen und Verleumdungen», von Neid und Karrierelust.

Modernisierungsprozess in der Akademie

Der Skandal hat rückblickend zu einem Erneuerungsprozess bei der Akademie geführt. Zwar ist der Altersdurchschnitt immer noch hoch und der Anteil von Frauen mit 33 Prozent weiter niedrig. Aber die Statuten erlauben mittlerweile Austritte. Mehrere Mitglieder gingen, neue kamen - so viele, dass die Institution erstmals seit beachtlichen 30 Jahren wieder vollständig sein wird. Für Frostenson sitzt Dichterin Tua Forsström nach der offiziellen Amtseinführung am 20. Dezember künftig auf dem Platz mit der Nummer 18. Mit Mats Malm hat zudem ein neuer Ständiger Sekretär das Ruder übernommen.

Genug Aufmerksamkeit für beide Preisträger

Dass dabei einer der beiden im Schatten des anderen stehen wird, daran glaubt man in der Akademie nicht. «Die Preise und die Preisträger von 2018 und 2019 werden gleichermassen geschätzt, und wir glauben, dass die Aufmerksamkeit und der Ruhm reichlich sein werden für beide», sagte Malm. Der Nobelpreis sei eine Anerkennung für bestimmte Schriftsteller und auch eine ausgiebige Feier der Weltliteratur.

Wer sind die Favoriten für den Literaturnobelpreis?

Ob die Akademie bei der Doppelvergabe lieber auf Nummer sicher geht und von kontroversen Entschlüssen wie der Vergabe des Preises an den US-Musiker Bob Dylan 2016 absieht, wird sich am 10. Oktober zeigen. Für 2018 hat sich die Akademie nach dpa-Informationen 194 Kandidaten angeschaut, für 2019 insgesamt 189. Diese Namen werden traditionell für 50 Jahre unter Verschluss gehalten.

Glaubt man den Wettanbietern, dann dürfte der Preis für 2019 an eine Frau gehen. Drei Frauen liegen beim Wettbüro Unibet ganz vorn:

  • Anne Carson aus Kanada
  • Maryse Condé aus dem französischen Überseegebiet Guadeloupe. Condé hat 2018 von schwedischen Kulturschaffenden den «Alternativen Literaturpreis der Neuen Akademie» erhalten.
  • Can Xue aus China

Dahinter folgen Namen, die seit Jahren hoch gehandelt werden:

  • Kenianer Ngugi wa Thiong'o
  • Haruki Murakami aus Japan
  • Kanadierin Margaret Atwood

Nobelpreis-Aufschub nicht zum ersten Mal

Die Schwedische Akademie vergibt in diesem Jahr zwei Literaturnobelpreise: einen für 2018 und einen für das laufende Jahr. Dass ein Skandal bei der Akademie zu der Absage geführt hatte, gilt als Novum.

Allerdings wurde der Preis schon früher verschoben oder gar nicht vergeben, etwa in Kriegszeiten. So fiel er 1914 und 1918 aus, ebenso in den Jahren 1940 bis 1943. Auch 1935 gab es keinen Preisträger.

Der US-Schriftsteller William Faulkner bekam den Preis für das Jahr 1949 erst 1950 zugesprochen. In den Statuten der Nobelstiftung ist festgelegt, dass die Vergabe verschoben wird, wenn kein würdiger Preisträger gefunden werden kann.

Dies ist indes kein Argument dafür, dass der Literaturnobelpreis 2018 nicht vergeben wurde. Die frühere Ständige Sekretärin Sara Danius hält es denn auch für falsch, dass 2019 zwei Preise vergeben werden. Aus Respekt vor den Frauen, die Opfer des Mannes im Zentrum des Skandals geworden seien, hätte man sich entschliessen sollen, für 2018 auch nachträglich keinen Preis zu vergeben, sagte sie im März im schwedischen Fernsehen. «So hätte man in Erinnerung behalten können, dass tatsächlich etwas passiert ist. Wie ein Sprung in der Scheibe.»

Wann werden die Sieger der Nobelpreise bekanntgegeben?

DatumKategorie
25.09Ig-Nobelpreis
07.10Medizin-Nobelpreis
08.10Physik-Nobelpreis
09.10Chemie-Nobelpreis
10.10Literaturnobelpreis, Doppelvergabe
11.10Friedensnobelpreis
14.10Wirtschafts-Nobelpreis
(SDA)
8 Mythen und Fakten zum Nobelpreis

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Die Nobelpreis-Medaille ist der wohl begehrteste Wissenschaftspreis.
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Keystone

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Das sind die Schweizer Physik-Nobelpreisträger

Nach über 30 Jahren ging der Physik-Nobelpreis 2019 endlich wieder in die Schweiz. Mit dem Physik-Nobelpreis sind insgesamt acht Schweizer oder schweizerisch-ausländische Doppelbürger geehrt worden:

  • 2019: Michel Mayor und Didier Queloz für die Entdeckung des ersten Planeten ausserhalb des Sonnensystems, der um einen sonnenähnlichen Stern kreist.
  • 1987: Karl Alexander Müller für die Entdeckung der Supraleitung in keramischen Materialien
  • 1986: Heinrich Rohrer für die Entwicklung des Raster-Tunnel-Mikroskops
  • 1952: Felix Bloch (CH/USA) für die Entdeckung der Kerninduktion
  • 1945: Wolfgang Pauli (A/CH/USA) für die Entdeckung des Ausschliessungsprinzips
  • 1921: Albert Einstein (D/CH/USA) für die Entdeckung des Gesetzes des photoelektrischen Lichts
  • 1920: Charles Edouard Guillaume für die Entdeckung der Anomalien bei Nickelstahllegierungen und Präzisionsmessungen in der Physik

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  • 1987: Karl Alexander Müller für die Entdeckung der Supraleitung in keramischen Materialien
  • 1986: Heinrich Rohrer für die Entwicklung des Raster-Tunnel-Mikroskops
  • 1952: Felix Bloch (CH/USA) für die Entdeckung der Kerninduktion
  • 1945: Wolfgang Pauli (A/CH/USA) für die Entdeckung des Ausschliessungsprinzips
  • 1921: Albert Einstein (D/CH/USA) für die Entdeckung des Gesetzes des photoelektrischen Lichts
  • 1920: Charles Edouard Guillaume für die Entdeckung der Anomalien bei Nickelstahllegierungen und Präzisionsmessungen in der Physik
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