Anfang der 90er-Jahre schlägt seine Stunde: Professor Adriano Aguzzi (38), heute Institutsdirektor der Neuropathologie am Uni-Spital in Zürich. Es ist die Zeit, als der Rinderwahn über Europa zieht. Als beschädigte Prionen – Eiweisse in menschlichen und tierischen Zellen – bei Rindern die BSE- und bei Menschen die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verbreiten.
Der junge Wissenschaftler Aguzzi kann damals zeigen, wie diese Prionen die Krankheiten übertragen. Er weist der Medizin und der Politik damit Wege, wie sie die Krankheiten eindämmen können.
Gestern nun ist der italienischstämmige Schweizer in seinem alten Heimatland geehrt worden: mit dem Antonio-Feltrinelli-Preis – dem «italienischen Nobelpreis», wie man ihn auch nennt.
BLICK erreicht den Forscher, als er gerade in Rom einen Vortrag beendet hat:
Blick: Wann erfuhren Sie von Ihrer Auszeichnung?
Adriano Aguzzi: Bereits vor einigen Wochen. Der Präsident der Accademia dei Lincei, die den Preis vergibt, rief mich an und teilte es mir mit.
Sie wurden ja schon oft ausgezeichnet, geehrt oder gelobt. Da ist ein Preis mehr nicht mehr aufregend, oder?
Oh doch! Ich freue mich sehr! Ich verliess Italien vor 30 Jahren, bin seit ein paar Wochen – endlich! – Schweizer. Aber ich fühle mich meiner Heimat sehr verbunden. Darum ist mir diese Anerkennung besonders wichtig.
Sie jagen noch nach Preisen?
Aber nein. Den grössten Kick erlebt man als Wissenschaftler doch in dem Augenblick, wenn man realisiert, dass man eine wichtige Entdeckung gemacht hat. Das ist viel aufregender als jeder Preis!
Trotzdem: Der Feltrinelli-Preis ist dotiert mit 65 000 Euro oder 100 000 Franken. Was machen Sie mit dem Geld?
Ich habe zwei kleine Töchter, ein und vier Jahre alt. Ich möchte sicherstellen, dass sie die gleichen Ausbildungschancen bekommen, die mir damals zuteil wurden. Darum landet das Preisgeld im «Ausbildungsfonds Chiara & Laura Aguzzi»!