Hört oder liest man von Sozialhilfe-Missbrauch, ist das ein Ärgernis. Doch umgekehrt gibt es eine sehr hohe Dunkelziffer von Menschen, die tatsächlich Anspruch auf Sozialhilfe hätten, sich aber nicht trauen, sich beim Sozialamt zu melden – aus Scham oder auch Unwissenheit. BLICK verschafft einen klaren Überblick zum Thema.
Welche Personen können Sozialhilfe beziehen?
Zum Beispiel wer nach längerer Arbeitslosigkeit ausgesteuert wird. Oft auch Alleinerziehende, die keine Alimente erhalten oder jemand, der selbständig erwerbend ist und nach einem Burnout den Einstieg nicht mehr findet.
Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit ich Sozialhilfe beziehen kann?
Anrecht haben Einzelpersonen und Familien, die unterhalb des sozialhilferechtlichen Existenzminimums ihres Kantons leben. Vorhandenes Vermögen muss bis auf einen kleinen Rest aufgebraucht werden. Bei Einzelpersonen gestattet die SKOS (Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe) ein Vermögen von 4000 Franken, bei Ehepaaren 8000 Franken zuzüglich pro Kind 2000 Franken.
Wie hoch ist ein Sozialhilfe-Existenzminimum?
Die SKOS empfiehlt für Einzelpersonen 977 Franken Lebensunterhalt. Miete, Grundversicherung der Krankenkasse, notwendige Zahnarztkosten und Franchise sowie Selbstbehalte werden auch übernommen.
Wie viel Geld bekommt man?
Für eine Familie mit zwei Kindern beträgt der Lebensunterhalt 2090 Franken monatlich. Darin inbegriffen sind: Lebensmittel, Bekleidung, Energie, Nahverkehr, Billag, Taschengeld und Telefonkosten etc.
Kann mir die Sozialhilfe verweigert werden?
Nein, in der Schweiz besteht ein Grundrecht auf Existenzsicherung. Das Bundesgericht hat dieses Recht bestätigt und zwar auch dann, wenn der Sozialhilfebezüger aus eigener Schuld die Notlage verursacht hat.
Ich habe reiche Verwandte, aber keinen Kontakt zu ihnen – habe ich trotzdem Anspruch auf Sozialhilfe?
Verwandtenunterstützungspflicht gilt in auf- und absteigender Linie. Das heisst, der Grossvater zahlt für die Tochter und den Enkel – und umgekehrt.
Ich will aber nicht für meine Mutter bezahlen – muss ich?
Die Sozialhilfebehörde wird Sie zu Verhandlungen einladen. Sie werden versuchen, auf einvernehmlichem Weg die Unterstützung festzulegen. Klappts nicht, muss die Gemeinde eine Zivilklage erheben
Wann ist Sozialhilfe rückerstattungspflichtig?
Die SKOS empfiehlt keine Rückerstattungen aus späterem Erwerbseinkommen. Falls ein Kanton trotzdem Rückerstattungen aus dem Lohn vorsieht, sollte er dem ehemaligen Klienten ein grosszügiges Budget zugestehen. Im Falle einer Erbschaft oder eines Lottogewinnes ist die Sozialhilfe aber wieder zurückzuerstatten.
Die Gemeinde vertröstet mich ständig. Was soll ich tun?
Verlangen Sie vom zuständigen Dienst eine beschwerdefähige Verfügung, wenden Sie sich an die Aufsichtsstelle für den Rekurs. Wer dafür zuständig ist, erfahren Sie beim kantonalen Sozialdienst.