Interview mit Tara-Louise Wittwer über ihr aktuelles Buch «Dramaqueen»
«Frauen nicht kritisieren, weil sie Frauen sind, ist falsch»

Die Influencerin und Autorin Tara-Louise Wittwer (33) hat vor kurzem ihr drittes Buch «Dramaqueen» herausgegeben. Im Interview erzählt sie von der Wichtigkeit des Feminismus, der Debattenkultur im Netz und ihrer Arbeit auf Social Media.
Publiziert: 28.12.2022 um 08:45 Uhr
1/6
Die Autorin und Influencerin Tara-Louise Wittwer (33) hat kürzlich ihr drittes Buch «Dramaqueen» veröffentlicht.
Foto: Robert Kothe
Adina Steimer

Frau Wittwer, sind Sie eine Dramaqueen?
Tara-Louise Wittwer:
Wenn Dramaqueen bedeutet, dass ich mehr Emotionen als glücklich und zufrieden habe, dann ja. Valide Emotionen werden Frauen oft abgesprochen, und sie werden automatisch in die Kategorie «Dramaqueen» einsortiert. Aber es ist schon ein ätzendes Wort.

Was möchten Sie mit Ihrem Buch beziehungsweise der Arbeit auf Social Media erreichen?
Ich möchte aufklären, aber nicht mit erhobenem Zeigefinger. Das ist mir ganz wichtig. Ich versuche, wenn ich TikToxics (Tara-Louise Wittwers Format auf Tiktok) mache, niemals die Menschen an sich zu verurteilen, sondern das, was sie gesagt haben. Wenn sich eine Person, auf die ich reagiert habe, entschuldigt, lösche ich mein Video. Es geht mir nicht darum, Leute vorzuführen.

Wie erreichen Sie die Leute, die nicht aus der linken, woken Bubble stammen?
Ich glaube und hoffe, dass ich viel mehr erreiche: Mein Buch hält sich seit Release in der Bestseller-Liste. Wenn das nur diese «Bubble» wäre, würde sich mein Buch wohl nicht so verkaufen. Ich habe «Dramaqueen» extra so geschrieben, dass Leute auch ausserhalb der Bubble abgeholt werden. Es gibt nun mal Leute, die aufgrund ihrer Lebenssituation nicht die Zeit dafür haben, sich aktiv mit Bildungsarbeit auseinanderzusetzen. Die sind alleinerziehend oder haben einen extrem aufreibenden Job. Eine Krankenschwester will nicht nach 18 Stunden arbeiten und dem Kinder versorgen, noch belehrt werden. Deswegen habe ich das Buch autobiografisch geschrieben. Nach dem Motto: «Ich war die schlimmste von allen und ich mache immer noch Fehler.»

In Ihrem Buch gehen Sie auf die Popkultur und deren sexistische Muster ein. Wieso lassen wir uns durch Popkultur so beeinflussen?
Man liest andauernd, dass Instafilter etwas mit der Psyche von Jugendlichen machen. Bei meiner Generation war das Popkultur. Es war das Einzige, was wir vorgelebt bekamen. Dieser Film hat das und das reproduziert. Ist klar, dass wir uns da daran orientieren. Es war immer schon so, dass wir uns auf Trends fokussiert haben. Es heisst nicht umsonst Popkultur.

Sie beschreiben in Ihrem Buch das Phänomen der Pick-Me-Girls, also Frauen, die Dinge tun, um anderen Männern zu gefallen und der Vorverurteilung, die deshalb einigen Frauen widerfährt. Als Beispiel nennen Sie Frauen, die Fussball und Bier mögen, weil sie es toll finden und nicht der Männer wegen. Wieso fällt der Gesellschaft die Differenzierung so schwer?
Ich mag kein Fussball, aber Bier. Mein Mann fragt mich immer noch, nach sieben Jahren Beziehung, ob ich das mit dem Bier für ihn mache. Wenn ein Mann einen pinken Cosmopolitan trinkt, denken viele auch «der ist schwul», was diese Kategorisierung dann nicht nur misogyn, sondern auch homophob macht. Manche Menschen brauchen Schubladen, um Menschen zu sortieren, aber nein – vielleicht trinkt er sie einfach gerne, diese süsse Plörre, ohne andauern zu urteilen. Auch das ist Feminismus.

Sie schreiben auch, dass Influencerinnen für ihr Tun zu kritisieren, Frauenhass sei. Ist es aus Ihrer Sicht ein No-Go Influencerinnen sachlich dafür zu kritisieren, dass sie einen potenziellen Druck durch das propagierte Schönheitsideal auf Teenie-Mädchen ausüben?
Nein. Dass man Frauen gar nicht mehr kritisieren darf, nur weil sie Frauen sind, ist völlig falsch. Ich kenne aber auch keine Influencerin, die sagt, man solle sich aktiv Schönheits-OPs unterziehen lassen. Es gibt Influencerinnen, die alte Rollenbilder propagieren. Wenn eine Frau sich aktiv für diese alten Rollenbilder entscheidet, dann ist das ihre Entscheidung. Aber die eigene Meinung als allgemeingültige Lebensform darstellen, ist immer kompliziert. Ich finde es wichtig, dass wir wieder lernen, andere Meinungen zu akzeptieren, solange die Meinung nicht diskriminierend oder verletzend ist.

Tara-Louise Wittwer

Tara-Louise Wittwer (33) hat Kulturwissenschaften studiert und lebt in Berlin. Seit drei Jahren betreibt sie auf Instagram und Tiktok den Kanal «wastarasagt». Wittwer spricht auf Social Media über Feminismus, hat fast eine halbe Million Follower. In ihrem dritten Buch «Dramaqueen» befasst sich die Autorin mit der Abwertung von Weiblichkeit, erklärt dabei grundlegende Begriffe. Gemäss Wittwer war ihr Ziel, mit «Dramaqueen», Feminismus und dazugehörige Begriffe für alle zugänglich machen und nicht nur von der Woken Bubble für die Woke Bubble zu schreiben.

Tara-Louise Wittwer (33) hat Kulturwissenschaften studiert und lebt in Berlin. Seit drei Jahren betreibt sie auf Instagram und Tiktok den Kanal «wastarasagt». Wittwer spricht auf Social Media über Feminismus, hat fast eine halbe Million Follower. In ihrem dritten Buch «Dramaqueen» befasst sich die Autorin mit der Abwertung von Weiblichkeit, erklärt dabei grundlegende Begriffe. Gemäss Wittwer war ihr Ziel, mit «Dramaqueen», Feminismus und dazugehörige Begriffe für alle zugänglich machen und nicht nur von der Woken Bubble für die Woke Bubble zu schreiben.


Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?