Umwelt
Verschmutzung von Flüssen durch Pharmazeutika: ein globales Problem

Ein internationales Team mit Schweizer Beteiligung hat die Verschmutzung durch Pharmazeutika entlang von 258 Flüssen weltweit untersucht. An mehr als einem Viertel der Standorte sind die Konzentrationen demnach potentiell toxisch für Mensch und Umwelt.
Publiziert: 15.02.2022 um 07:11 Uhr
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Aktualisiert: 25.02.2022 um 16:46 Uhr
Medikamenten-Rückstände gelangen mit dem Abwasser in Flüsse, wo sie eine Gefahr für Ökosysteme und die menschliche Gesundheit werden können. (Themenbild)
Foto: GAETAN BALLY

Zahlreiche Studien haben bereits untersucht, wie stark Flüsse mit pharmazeutischen Wirkstoffen belastet sind. Dabei seien aber unterschiedliche Analysemethoden angewendet, unterschiedliche Substanzen erfasst und viele Länder nicht berücksichtigt worden, berichten die Forschende um John Wilkinson von der britischen Universität York im Fachmagazin «PNAS». So habe man das Ausmass des Problems aus einer globalen Perspektive bislang nur schwierig quantifizieren können.

Deshalb führte das 127-köpfige Team mit Beteiligung der Hochschule für Life Sciences der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und der Universität Genf nun eine systematische Untersuchung durch: Die Forschenden entnahmen Proben entlang von 258 Flüssen auf allen Kontinenten an über 1000 Orten, darunter an zehn Standorten entlang der Birs in der Nordwestschweiz.

Ein akutes Risiko für Wasserorganismen

Die Untersuchung legte offen, dass die Konzentrationen von mindestens einem der 61 untersuchten Wirkstoffe an 26 Prozent der Probeentnahmestellen so hoch liegen, dass sie ein akutes Risiko für Wasserorganismen darstellen oder im Zusammenhang mit antibiotikaresistenten Bakterien besorgniserregend sind.

Die am stärksten verschmutzen Standorte befinden sich in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen. Dies in den Gebieten, wo die Abwasser- und Abfallentsorgungsinfrastruktur schlecht ist, wo pharmazeutische Produkte hergestellt werden und wo sehr trockenes Klima herrscht. Besonders betroffen sind demnach Gebiete in Afrika südlich der Sahara, in Südasien und Teilen Südamerikas.

Die am wenigsten verschmutzten Flüsse hingegen liegen gemäss der Studie unter anderem an Orten, wo es kaum menschliche Einflüsse gibt oder wo die Flüsse so viel Wasser führen, dass die Wirkstoffe stark genug verdünnt werden. Auch dort, wo eine gute Infrastruktur für die Abwasserbehandlung vorhanden ist, liegen die Konzentrationen der Wirkstoffe tief. Dies war etwa der Fall für die Birs, die generell zu den stärker belasteten Flüssen der Schweiz zählt.

Antidepressiva, Betablocker, Schmerzmittel und Antibiotika im Wasser

In dem Fluss, der in Birsfelden in den Rhein mündet, wiesen die Forschenden unter anderem Antidepressiva, Betablocker, Schmerzmittel und Antibiotika nach.

Doch obwohl die Konzentrationen nicht akut toxisch gewesen seien, sei eine chronische Belastung durch die Einzelstoffe beziehungsweise die kumulierte Wirkung verschiedener Pharmazeutika nicht auszuschliessen, sagte Mitautor Armin Zenker im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Er ist Umweltchemiker und Ökotoxikologe an der Hochschule für Life Sciences in Muttenz, Baselland.

Um die Gewässerqualität zu verbessern, sei es wichtig, die Kläranlagen aufzurüsten und die Einträge an der Quelle zu reduzieren, beispielsweise bei der Gabe von Antibiotika für Nutztiere.

Gemäss den Forschenden zeigt die Untersuchung, dass die Verschmutzung durch pharmazeutische Wirkstoffe eines der Uno-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (SDG) gefährden dürfte: Bis 2030 sollen demnach nämlich alle Menschen Zugang zu sauberem Wasser haben, soll sich die Wasserqualität weltweit verbessern, und wasserverbundene Ökosysteme wie Berge, Wälder und Seen sollen geschützt werden.

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Um einen umfassenderen Blick auf den Zustand der Gewässer weltweit zu gewinnen, wäre es Zenker zufolge wünschenswert, mehr Substanzen zu untersuchen. «Wichtig wäre beispielsweise auch, die Belastung durch Mikroplastik, Schwermetalle oder Pestizide umfassender und koordinierter zu erfassen», sagte er. Denn so könnte man die Ressourcen gezielt dort einsetzen, wo das Problem am grössten und der Handlungsbedarf am dringendsten sei. Die Studie hier.

(SDA)

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