So wohnt es sich klimaneutral
«Mit nur zehn Liter Wasser kann ich gut duschen»

Aus einer Altbauwohnung ist Roger Häberli (58) in eine klimaneutrale Wohnsiedlung gezogen. Sein Leben sieht nun anders aus: So wird nur noch tagsüber gewaschen, und das Fenster bleibt über Nacht zu.
Publiziert: 14.09.2020 um 09:34 Uhr
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Aktualisiert: 26.02.2024 um 15:33 Uhr
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Roger Häberli (58) wohnt in der klimaneutralen Wohnsiedlung in Männedorf ZH.
Foto: zVg
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Barbara Ehrensperger

Duschhahn nicht ganz öffnen, damit das kalte Wasser durchlaufen kann, und sofort unter den Wasserstrahl. «Man muss schon etwas vorwärtsmachen», erklärt Roger Häberli (58) BLICK, wie er es schafft, mit knapp zehn Liter Wasser die Haare zu waschen und zu duschen.

Häberli wohnt seit April 2020 zusammen mit seiner Partnerin Astrid Lehmann (48) und ihren Söhnen Glenn (20) und Phil (18) in einer hellen Viereinhalb-Zimmer-Wohnung in einer der ersten klimaneutralen Siedlung der Schweiz in Männedorf ZH.

Funktioniert ohne Verzicht

Häberli ist nicht wegen der ökologischen Idee dorthin gezogen. «Wir brauchten eine neue Wohnung, da meine Partnerin und Kinder aus ihrer Wohnung rausmussten, weil diese verkauft wurde», erklärt Häberli. So fanden sie die 122 Quadratmeter grosse helle Wohnung in der Überbauung, die ganz ohne fossile Energie auskommt, auf einer Immobilien-Plattform. Dank kompletter Solarfassaden und -dach wird genügend elektrische Energie erzeugt, um das ganze Jahr über den gesamten Energiebedarf des Gebäudes und seiner Bewohner abzudecken.

«Die Klima-Sache war für uns kein Thema», sagt der 58-Jährige. Erst als die Umwelt Arena ihnen die Möglichkeiten aufzeigte, wurde das Ganze für die Familie zu einer neuen Welt. «Aber nicht, weil wir auf Dinge verzichten müssen, sondern weil wir so viel neu entdecken konnten», so Häberli.

Duschen mit dem «Eisbär»

Eben zum Beispiel die Dusche: Die Anzeige, die «Eisbär» heisst, zeigt an, wie viel Liter Wasser man fürs Duschen verbraucht. «Unter zehn Liter Wasser pro Dusche schaffe ich nun regelmässig», erzählt Häberli stolz. Meint aber, beim Waschen von langen Haaren benötige man schon mehr Wasser. «Klar, dusche ich auch mal heisser und länger – ohne schlechtes Gewissen.»

Tagsüber Kleider waschen

«Früher haben wir wegen dem günstigeren Nachtstrom in der Nacht die Waschmaschine laufenlassen», erzählt Häberli. Heute wird die Waschmaschine programmiert, dass sie den Tag hindurch mit dem Eco-Programm läuft. Denn wenn die Sonne scheint, ist nun am meisten Strom vorhanden. «So läuft die Waschmaschine während wir am Arbeiten und in der Schule sind. Da spielt es auch keine Rolle, dass das Eco-Programm halt fünf Stunden braucht.»

Bei geschlossenem Fenster schlafen

Auch ganz anders als in der Wohnung zuvor: «Wir schlafen nun bei geschlossenem Fenster. Trotzdem haben wir nicht das Gefühl am Morgen die Fenster aufreissen zu müssen», erzählt er selber immer noch etwas erstaunt. Die Raumluft sei einfach immer sehr angenehm. Alle drei bis vier Stunden wird die Luft automatisch umgewälzt.

Den Takt der Umwälzung gibt der CO2-Messer vor: Mehr Menschen in der Wohnung, mehr Umwälzung. Zudem wird die durch Sonneneinstrahlung und Menschen aufgewärmte Abluft genutzt, um die frische Zuluft zu erwärmen.

Storen laufen automatisch

«Wenn es dunkel wird, gehen die Storen im Bad automatisch runter, damit die Wärme drin behalten wird», erklärt Häberli. Oder das Brauchwasser wird zum Wärmen genutzt. In der Garage habe es Ladestationen für Elektroautos. «Wir könnten die Rollläden, die Storen und das Licht vom Handy aus steuern. Aber das brauchen wir nicht. Wir sind keine Technik-Freaks», gibt er schmunzelnd zu. «Wir nutzen, was wir können und brauchen.»

In der von der Umwelt Arena Schweiz gemeinsam mit Ausstellungs- und Fachpartnern, der Empa, der Hochschule für Technik in Rapperswil SG sowie der Klimastiftung Schweiz gebauten Siedlung hat es 16 Wohnungen, die mit ausgefeilter Technik dafür sorgen, dass man CO2-frei wohnt. Wer mehr über die Siedlung erfahren möchte, kann die Ausstellung dazu in der Umwelt Arena in Spreitenbach AG besuchen.

Budget für Strom und Wasser

«Früher bekamen wir einmal im Jahr eine Nebenkostenabrechnung. Da haben wir vielleicht gesehen, wie viel Strom und Wasser wir verbraucht haben. Heute schaue ich eigentlich jeden Tag», sagt Häberli. Es interessiere ihn nun einfach viel mehr. Und zudem habe die Familie ja ein Budget für Strom und Wasser, das sie nicht überschreiten möchten. Das Budget ist im Mietpreis drin – wer mehr braucht, bezahlt dies extra.

«Wir fühlen uns alle sehr wohl in der Wohnung und möchten nicht tauschen», fasst Häberli zusammen. Sie werden weiterhin zur Umwelt schauen, aber nur so lange es nicht einschränkt: «Wir kochen auch, wenn die Sonnenkollektoren keinen Strom produzieren», sagt er lachend.

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