Nationalrat stimmt Totalrevision im 2. Anlauf zu
Das neue CO2-Gesetz in der Übersicht

Der Nationalrat hat die Totalrevision des CO2-Gesetzes am Dienstag und Mittwoch während fast 13 Stunden beraten. So sieht der neue Vorschlag aus:
Publiziert: 11.06.2020 um 11:53 Uhr
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Aktualisiert: 07.09.2020 um 11:35 Uhr
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Während knapp 13 Stunden hat der Nationalrat die Totalrevision des CO2-Gesetzes am Dienstag und Mittwoch beraten.
Foto: keystone-sda.ch

Der Ständerat hatte im vergangenen Herbst bereits erste Entscheide gefällt. Eine kurze Zwischenbilanz nach der Debatte im Nationalrat:

  • Ziel
    Das Gesetz soll einen Beitrag dazu leisten, den Anstieg der durchschnittlichen Temperatur auf der Erde deutlich unter 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu halten und Anstrengungen zu unternehmen, um den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen.

  • Inlandanteil
    Die Schweiz soll bis 2030 die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 halbieren. Geht es nach dem Ständerat, sollen dazu mindestens 60 Prozent der Massnahmen im Inland erfolgen. Der Nationalrat will den inländischen Zielwert bei 75 Prozent fixieren.

Was bedeutet das für den Konsumenten?

  • Heizungen
    Geht es nach dem Ständerat, soll für Altbauten ab 2023 ein CO2-Grenzwert gelten, wenn die Heizung ersetzt werden muss. Hausbesitzer könnten damit nur noch dann eine neue Ölheizung einbauen, wenn das Haus gut isoliert ist. Der Grenzwert von maximal 20 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter Energiebezugsfläche und Jahr soll in Fünfjahresschritten um jeweils fünf Kilogramm reduziert werden. Der Nationalrat will, dass zu ersetzende Öl- und Gasheizungen teilweise erst ab 2026 einem CO2-Grenzwert unterliegen müssen.

  • Neuwagen
    CO2-Zielwerte für den Durchschnitt neuer Fahrzeuge sollen weiter verschärft werden, im Einklang mit der EU. Neu sollen ausserdem nicht nur für Autos, Lieferwagen und leichte Sattelschlepper Vorgaben erlassen werden, sondern auch für schwere Lastwagen. Importeure müssen zahlen, wenn ihre Neuwagenflotte über den Zielvorgaben liegt.

  • Benzinpreis
    Die Hersteller und Importeure fossiler Treibstoffe sollen einen grösseren Teil des CO2-Ausstosses kompensieren müssen - und mehr im Inland. Das schlägt sich auf den Benzin- und Dieselpreis nieder. Das Parlament will den Aufschlag aber begrenzen: Bis 2024 soll die Kompensation den Liter Treibstoff um höchstens 10 Rappen verteuern dürfen, ab 2025 um bis zu 12 Rappen.

  • Flugticketabgabe
    Auf Flugtickets soll eine Abgabe von mindestens 30 und höchstens 120 Franken erhoben werden, je nach Klasse und Reisedistanz. Belohnt werden jene, die wenig oder gar nicht fliegen: Gut die Hälfte der Einnahmen soll an die Bevölkerung zurückerstattet werden, die andere Hälfte fliesst in einen neuen Klimafonds, der bisherige Gefässe ersetzt. Auch auf Flügen mit Privatjets soll eine Abgabe erhoben werden. Abgelehnt hat das Parlament eine zusätzliche Abgabe für Flüge in der Business und First Class. Auch für Transitpassagiere gelten die Regeln nicht.

Abgaben für Unternehmen

  • Brennstoffe
    Der maximale Satz der CO2-Abgabe auf Brennstoffen soll von heute 120 auf bis zu 210 Franken pro Tonne CO2 steigen, wenn die Emissionen aus Brennstoffen nicht genügend zurückgehen.

  • Unternehmen
    Die CO2-Abgabe soll schrittweise erhöht werden. Der Nationalrat will aber, dass sich alle Unternehmen davon befreien können. Der Ständerat legt die Schwelle für eine Abgabebefreiung bei 10'000 Franken fest.

  • Klimafonds
    In den Fonds sollen ein Drittel des Ertrags aus der CO2-Abgabe und knapp die Hälfte aus der Flugticketabgabe fliessen. Die Details sind umstritten. (SDA)
Der zweite Anlauf

Die Grüne Welle wurde auch auf der Anzeigetafel im provisorischen Ratsaal an der Bernexpo sichtbar. Die SVP in rot kämpfte meistens alleine gegen den Rest des Parlaments in grün. Diese Farbe trägt nun auch das neue CO2-Gesetz. Rot hingegen könnte das Portemonnaie bluten.

Benzin und Diesel werden werden bis ab 2025 um bis zu 12 Rappen teurer. Gemäss TCS lag der Durchschnittspreis Ende April bei rund 1.39 Franken – mit dem neuen Gesetz würde der Preis also möglicherweise auf über 1.50 Franken steigen.

Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (60) versuchte, zu beschwichtigen: Bei vielen Massnahmen seien Maximalbeträge angegeben: «Alle, die jetzt bereits die maximalen Aufschläge berechnen und den Leuten irgendwelche Horrorrechnungen vorlegen, verschweigen, dass diese maximale Möglichkeit bisher auch nicht ausgeschöpft worden ist». Tatsächlich könnte der Aufschlag auf Benzin und Diesel schon heute fünf Rappen betragen – er liegt aber bei zwei.

Wer in den Sommerferien von Zürich nach Mallorca oder eben weiter weg fliegen will, muss mit dem neuen Gesetz je nach Kategorie werden 30 bis 120 Franken mehr bezahlen. Beim Aufschlag handelt es sich allerdings um eine Lenkungsabgabe. Das heisst: Ein Teil des Geldes wird zurückerstattet. Wer wenig fliege, bekomme also Geld zurück, so Sommaruga.

Jetzt geht das Gesetz zurück in den Ständerat: Die grossen Linien sind gesteckt, doch zum Beispiel bei der Frage, wie viel CO2 im Inland kompensiert werden soll, herrscht noch Uneinigkeit.

Schlussendlich dürfte das Stimmvolk entscheiden. Bereits letzten Herbst kündigte SVP-Präsident Albert Rösti (52) im BLICK das Referendum gegen das Gesetz an an. Auch jetzt ist für die SVP klar, dass die Stimmbürger das letzte Wort haben müssen. Wie sehr sich die SVP für das Referendum engagiert, ist aber noch offen. Man rechne damit, dass die direkt betroffenen Wirtschaftsverbände das Referendum ergreife. Rösti könnte dennoch mit an Bord sein – schliesslich ist er Präsident von Swissoil, dem Dachverband der Brennstoffhändler.

Die Grüne Welle wurde auch auf der Anzeigetafel im provisorischen Ratsaal an der Bernexpo sichtbar. Die SVP in rot kämpfte meistens alleine gegen den Rest des Parlaments in grün. Diese Farbe trägt nun auch das neue CO2-Gesetz. Rot hingegen könnte das Portemonnaie bluten.

Benzin und Diesel werden werden bis ab 2025 um bis zu 12 Rappen teurer. Gemäss TCS lag der Durchschnittspreis Ende April bei rund 1.39 Franken – mit dem neuen Gesetz würde der Preis also möglicherweise auf über 1.50 Franken steigen.

Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (60) versuchte, zu beschwichtigen: Bei vielen Massnahmen seien Maximalbeträge angegeben: «Alle, die jetzt bereits die maximalen Aufschläge berechnen und den Leuten irgendwelche Horrorrechnungen vorlegen, verschweigen, dass diese maximale Möglichkeit bisher auch nicht ausgeschöpft worden ist». Tatsächlich könnte der Aufschlag auf Benzin und Diesel schon heute fünf Rappen betragen – er liegt aber bei zwei.

Wer in den Sommerferien von Zürich nach Mallorca oder eben weiter weg fliegen will, muss mit dem neuen Gesetz je nach Kategorie werden 30 bis 120 Franken mehr bezahlen. Beim Aufschlag handelt es sich allerdings um eine Lenkungsabgabe. Das heisst: Ein Teil des Geldes wird zurückerstattet. Wer wenig fliege, bekomme also Geld zurück, so Sommaruga.

Jetzt geht das Gesetz zurück in den Ständerat: Die grossen Linien sind gesteckt, doch zum Beispiel bei der Frage, wie viel CO2 im Inland kompensiert werden soll, herrscht noch Uneinigkeit.

Schlussendlich dürfte das Stimmvolk entscheiden. Bereits letzten Herbst kündigte SVP-Präsident Albert Rösti (52) im BLICK das Referendum gegen das Gesetz an an. Auch jetzt ist für die SVP klar, dass die Stimmbürger das letzte Wort haben müssen. Wie sehr sich die SVP für das Referendum engagiert, ist aber noch offen. Man rechne damit, dass die direkt betroffenen Wirtschaftsverbände das Referendum ergreife. Rösti könnte dennoch mit an Bord sein – schliesslich ist er Präsident von Swissoil, dem Dachverband der Brennstoffhändler.

Wie der Klimawandel die Schweiz trifft

Die Schweiz schwitzt. Und das immer öfter. Seit 1864 ist es hierzulande durchschnittlich um rund 1,9 Grad wärmer geworden. Die Zunahme ist doppelt so gross wie im weltweiten Durchschnitt. Global betrug die Erwärmung in den letzten 150 Jahren rund 0,9 Grad.

Der Klimawandel trifft die Schweiz also überdurchschnittlich stark. Das liegt einerseits daran, dass wir nicht am Meer wohnen. Denn die Weltmeere dämpfen die Aufheizung. Als Binnenland können wir davon also nicht profitieren. Gleichzeitig liegt die Schweiz in den mittleren Breitengraden. Und die Gebiete Richtung Nordpol erwärmen sich grundsätzlich stärker als jene am Äquator.

Die Folgen sind eindeutig. Beispiel Luzern: Von 1960 bis 1985 wurden dort jeweils durchschnittlich 3,4 Hitzetage mit 30 Grad oder mehr registriert. Von 1985 bis 2018 waren es schon 8 Tage.

Gleichzeitig werden die Winter immer milder. Im Flachland bleibt die Schneeschaufel deshalb mittlerweile oft unbenutzt. Die Entwicklung zeigt sich aber auch im Wintersportort Davos GR: Dort waren 1890 noch 231 Frosttage mit unter 0 Grad gemessen worden. 2018 waren es noch 161.

Und es wird so weitergehen. Der Klimawandel dürfte für die Schweiz trockene Sommer, heftige Niederschläge, mehr Hitzetage sowie Winter mit wenig Schnee bedeuten. Auch die Temperaturen werden weiter ansteigen, schreiben MeteoSchweiz und die ETH Zürich in einem Bericht von 2018. Demnach wird es in den nächsten Jahren um 0,7 bis 3,3 Grad wärmer als im Vergleich zur Periode 1981 bis 2010. Bis Mitte des Jahrhunderts steigen die Temperaturen allenfalls sogar um bis zu 6 Grad.

In der Schweiz werden immer mehr Hitzetage gemessen. Das zeigt sich am Beispiel Luzern.

Die Schweiz schwitzt. Und das immer öfter. Seit 1864 ist es hierzulande durchschnittlich um rund 1,9 Grad wärmer geworden. Die Zunahme ist doppelt so gross wie im weltweiten Durchschnitt. Global betrug die Erwärmung in den letzten 150 Jahren rund 0,9 Grad.

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Die Folgen sind eindeutig. Beispiel Luzern: Von 1960 bis 1985 wurden dort jeweils durchschnittlich 3,4 Hitzetage mit 30 Grad oder mehr registriert. Von 1985 bis 2018 waren es schon 8 Tage.

Gleichzeitig werden die Winter immer milder. Im Flachland bleibt die Schneeschaufel deshalb mittlerweile oft unbenutzt. Die Entwicklung zeigt sich aber auch im Wintersportort Davos GR: Dort waren 1890 noch 231 Frosttage mit unter 0 Grad gemessen worden. 2018 waren es noch 161.

Und es wird so weitergehen. Der Klimawandel dürfte für die Schweiz trockene Sommer, heftige Niederschläge, mehr Hitzetage sowie Winter mit wenig Schnee bedeuten. Auch die Temperaturen werden weiter ansteigen, schreiben MeteoSchweiz und die ETH Zürich in einem Bericht von 2018. Demnach wird es in den nächsten Jahren um 0,7 bis 3,3 Grad wärmer als im Vergleich zur Periode 1981 bis 2010. Bis Mitte des Jahrhunderts steigen die Temperaturen allenfalls sogar um bis zu 6 Grad.

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