Müll, Lärm, Ausbeutung
So ruinieren wir die Ozeane

Am Strand liegen und das Wellenrauschen geniessen. Für viele ist das etwas vom Schönsten. Doch wir Menschen tun unglaublich viel, was das Meer und seine Bewohner zerstört: von Müll über Lärm bis zur Überfischung. Wissen über das Meer zum Weltwassertag.
Publiziert: 22.03.2023 um 14:23 Uhr
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Jedes Jahr gelangen rund neun Millionen Tonnen Kunststoffabfälle in die Ozeane, schreibt die Schweizer Meeresschutzorganisation Oceancare aus Wädenswil. Hier ein Fisch, der in einer Plastik-Bierverpackung gefangen ist.
Foto: DUKAS
Barbara Ehrensperger

Alle wollen sie nutzen, niemand will sich darum kümmern: So steht es aktuell um die Weltmeere.

Touristen möchten unberührte Sandstrände, Tiere hätten sie gerne unberührt von den Menschen. Wir möchten sauberen Strom von Offshore-Windparks, aber wie gut diese Anlagen dem Ökosystem im Meer tun, wissen wir noch nicht im Detail. Und die Metalle vom Tiefseeboden hätten alle gerne. Dank des quasi rechtsfreien Raumes, wird es sich wohl der stärkere nehmen – und das ist nicht die Natur.

Müll, der tötet

Jedes Jahr gelangen laut der Schweizer Meeresschutzorganisation Oceancare rund neun Millionen Tonnen Kunststoffabfälle in die Ozeane. Rund zwanzig Prozent des Mülls stammt von Schiffen, der Rest gelangt vom Festland über Abwasserkanäle und Flüsse, durch Windverwehung oder Eintrag über die Strände ins Meer.

Plastikabfall entsteht auch dort, wo man ihn nicht sofort vermutet: Kosmetikhersteller verstärken die Reinigungswirkung von Zahnpasten, Duschgels oder Peelingprodukten durch Beimengung kleinster Kunststoffkügelchen, dem sogenanntem Mikroplastik. Die winzigen Partikel passieren Kläranlagen ungehindert und gelangen über die Flüsse ins Meer.

Meerestiere, die grössere Plastikteile mit Nahrung verwechseln, verhungern – weil der Plastik ihren Verdauungstrakt verstopft. Junge Meerestiere können sich in herumtreibenden Kunststoffteilen verheddern und sich langsam erdrosseln, während sie wachsen. Schnüre und Plastikteile bleiben an Tieren hängen und verhindern, dass sie jagen können.

Laut Oceancare fährt der Trend der Vermüllung ungebremst fort: Bis zum Jahr 2050 soll das Gewicht des Plastikmülls, der im Meer treibt, jenes der Fische übersteigen, die darin leben.

Krach unter und über Wasser

Die meisten finden Meeresrauschen ein wunderbares Geräusch. Doch mit unserer Konsumwut und Energieverbrauch belasten wir die Weltmeere, mit Schiffsverkehr, Bau und Betrieb von Offshore-Windparks, Öl- und Gasplattformen oder seismischen Untersuchungen. Und auch Sprengung von Blindgängern aus dem Zweiten Weltkrieg sind ein ordentlicher Krach im Ozean. Menschengemachter Lärm überlagert in vielen Meeresgebieten die natürliche Geräuschkulisse.

Fischerei mit Beifang

Ein Beispiel aus Europa von Greenpeace: Spanische und portugiesische Fischereiflotten fischen im Nordatlantik mit Langleinen in den Lebensräumen von Junghaien. Der Rückgang der Haibestände bedeutet ein Problem für das Ökosystem der Ozeane. Das steht in einer neuen Greenpeace-Studie. Zusammengefasst: Der Mensch ist für den Hai viel gefährlicher als umgekehrt.

Die Langleinenfischerei im Nordatlantik zielt auf Schwertfisch, führt aber zu massivem Beifang von Haien. Die weltweite Haipopulation ging in den vergangenen 50 Jahren um 70 Prozent zurück.

Ausserdem macht die Haiprodukte-Industrie laut Greenpeace einen Jahresumsatz von über einer Milliarde Dollar. Hai findet sich in Suppen und Tierfutter bis hin zum Make-up. Europa ist ein wichtiger Akteur im weltweiten Handel mit Haien.

Bergbau in der Tiefsee

«Weltweit bereiten sich Firmen darauf vor, mit kommerziellem Tiefseebergbau in bisher unberührte Regionen der Ozeane vorzustossen», schreibt der WWF. Um die Nachfrage nach Metallen und Mineralien zu decken, sei das nötig, sagt die Industrie. Sie wollen nach Metallen und Mineralien wie Kobalt, Lithium und Nickel graben, in mindestens 200 Metern Tiefe des Meeres. Für die Herstellung von Batterien in elektronischen Geräten beispielsweise.

Quasi rechtsfeier Raum

Wem gehört das Meer? Die Zonen im internationalen Seerecht.
Foto: MEERESATLAS 2017 / UNCLOS / WBGU

Warum dürfen die einen fischen, die anderen die Bodenschätze abbauen und die nächsten die Meere verschmutzen, aber niemand kümmert es? Weil es kein einheitliches Gesetz zum Schutz der Meere gibt.

So wird zwar der Abbau der Bodenschätze auf hoher See über die Internationale Seebodenbehörde der UN geregelt, aber die Nutzung von Fischbeständen und die Schifffahrt wieder über andere Gremien. Diese Behörden arbeiten nicht zusammen und so lässt sich immer ein Gesetz finden, das eine Ausbeutung zulässt. Denn keine der Behörden stellt den Schutz über die Nutzung.

Gerade eben gingen in New York die Verhandlungen der UN-Staaten zum Schutz der Hohen See zu Ende. Seit 20 Jahren sind die UNO-Mitgliedsländer daran, ein Hochseeabkommen zu entwickeln, das die existierenden Gremien koordiniert und Schutzgebiete einrichtet. Aber wieder konnte keine Einigung erzielt werden und die Verhandlungen wurden vertagt. Wieder hat die Natur verloren.

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