«Zur Verarbeitung bestimmt» steht auf dem Aufkleber auf der Kiste mit Orangen, die der Pöstler vor meiner Haustüre abstellt. Darf ich die Früchte nun nicht mehr essen – oder was fehlt diesen Orangen, die ich bei der Fairtrade-Händlerin Gebana bestellt habe?
In der Kiste liegen 13 Kilogramm frische Orangen, die alle prima aussehen. Warum also «Zur Verarbeitung bestimmt»? Weil es sonst nicht alle dieser feinen Orangen bis zu mir nach Hause geschafft hätten.
Tipp der EU
Es gibt eine EU-Regulierung, die vorgibt, wie Zitrusfrüchte für den Verkauf an Endkonsumenten auszusehen haben: orange, intakt, frei von Druckstellen oder starken Narben, möglichst keine Grössenunterschiede innerhalb einer Kiste und mindestens 53 Millimeter Durchmesser. Kleinere oder einzigartige Orangen darf man nur zu Saft verarbeiten, nicht aber als ganze Früchte für den Verzehr exportieren.
2019 hat die Schweizer Fairtrade-Organisation Gebana sich entschieden, etwas dagegen zu unternehmen, und ersuchte eine Ausnahmegenehmigung bei der EU. Diese riet Gebana, die Orangen einfach mit dem Hinweis «Zur Verarbeitung bestimmt» zu kennzeichnen. Die Exportregeln würden dann nicht mehr gelten.
Dank dieses Hinweises haben es in der Saison 2020/21 grüne, vernarbte, zu kleine und zu grosse Orangen zum frisch essen in die Schweiz geschafft.
Ziel: 95 Prozent der Ernte verkaufen
Die für Gebana tätigen Bauernfamilien in Griechenland konnten dank der Aufkleber-Lösung 91,5 Prozent ihrer Ernte als Tafelorangen exportieren. In der – laut Gebana – hinsichtlich Qualität und Erntemenge pro Feld sehr ähnlichen Saison 2018/19 konnten die Familien nur rund 82 Prozent ihrer Ernte verkaufen.
Der relative Ernteverlust halbierte sich und die Bauernfamilien verdienten deutlich mehr als in den Jahren zuvor. Für die bevorstehende Saison 2021/22 möchte Gebana darum die Ausbeute auf 95 Prozent steigern.
Alle gleich im Geschmack
Die Vielfalt der Orangen in meiner Kiste ist mir gar nicht wirklich aufgefallen – da ich selten den Umfang einer Orange messe. Auch die vernarbten Orangen liessen sich problemlos schälen und geniessen. Was mir aber aufgefallen ist: Alle Orangen schmeckten tadellos.