Ein TV-Pionier feiert Geburtstag
25 Jahre Tele Züri

Vor 25 Jahren ging der Regionalfernsehsender Tele Züri erstmals auf Sendung. Der von Medienpionier Roger Schawinski gegründete Sender war in mehrfacher Hinsicht revolutionär und veränderte die Schweizer Fernsehlandschaft.
Publiziert: 03.10.2019 um 07:52 Uhr
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Aktualisiert: 03.10.2019 um 08:51 Uhr
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Tele Züri wird 25 Jahre alt: Am 3. Oktober 1994 ging der Sender live. (V.l.n.r.: Michael Gasser, Hanspeter Buergin, Roger Schawinski und Sandra Lehmann von Tele Züri, Oktober 1994)
Foto: keystone-sda.ch

Videojournalismus war damals neu - mit Nebeneffekten wie unscharfen Bildern und von unten gefilmten Nasenlöchern.

Innovatives Format für Journalismus

Als erster Sender in der Schweiz setzte Tele Züri auf ein stündlich wiederholtes, einstündiges Programm aus News und Talk und arbeitete kostengünstig mit Videojournalisten statt mit den damals üblichen dreiköpfigen TV-Equipen. Das Konzept wurde von den meisten Regionalsendern später kopiert und ist bis heute «State of the Art» bei Schweizer Regional-TV-Sendern.

Tele Züri ging am 3. Oktober 1994 erstmals auf Sendung. Videojournalismus war damals neu für die Schweiz. Es war für einmal nicht Roger Schawinskis eigene Erfindung, sondern er entdeckte das Konzept beim New Yorker Stadtsender NY1 und adaptierte es für Zürich. In Windeseile rekrutierte Schawinski 15 junge Leute und bildete sie in nur zwei Monaten zu Videojournalisten aus.

Flexibler Journalismus

Matthias Ackeret, Videojournalist der ersten Stunde und heutiger Verleger des Branchenmagazins «Persönlich», erinnert sich gegenüber Keystone-SDA: «Keiner von uns hatte vorher je eine Kamera in der Hand gehabt. Plötzlich hatte ich drei Berufe: Journalist, Kameramann und Tontechniker.» Natürlich habe man am Anfang Lehrgeld bezahlen müssen, sagt Ackeret: «Es gab unscharfe Bilder, unschöne Quadragen und Interviews von unten in die Nasenlöcher gefilmt.»

Anfänglich wurden die Videojournalisten noch belächelt, doch sie wurden schnell besser und zur ernsthaften Konkurrenz für die SRG. Oftmals waren sie schneller vor Ort und flexibler einsetzbar. Heutzutage arbeiten nicht nur praktische alle Regionalfernsehsender mit Videojournalisten, sondern auch beim Schweizer Fernsehen kommen sie immer häufiger zum Einsatz.

Wiederholschleife als Erfolgsfaktor

Ungewohnt war beim Start auch das Programmschema. Tele Züri bot kein Vollprogramm, sondern lediglich eine Stunde Programm, das stündlich wiederholt wurde. Die Kernelemente sind bis heute gleich geblieben: Eine tägliche Newssendung und eine halbstündige Talkshow. Alternativ ein Unterhaltungsformat wie «Lifestyle». Das Wiederholungsprinzip wurde zur eigentlichen DNA des Senders. «Die Stundenschlaufe war ein massgeblicher Erfolgsfaktor», sagt Markus Gilli, langjähriger Chefredaktor und Programmleiter des Senders, zu Keystone-SDA. «Planbarkeit ist für die Zuschauer ganz wichtig. Fernsehschauen hat viel mit Gewohnheiten zu tun.»

Wie viele Zuschauer hat Tele Züri?

Heute erreicht Tele Züri mit seinen Sendungen nach eigenen Angaben täglich fast 300'000 Zuschauerinnen und Zuschauer. Das Flaggschiff «Züri News» erreichte in der ersten Jahreshälfte 2019 durchschnittlich 137'000 Zuschauer. Der Marktanteil für die Erstausstrahlung um 18 Uhr beträgt im Grossraum Zürich 15,3 Prozent.

Was macht Tele Züri so speziell?

Tele Züri prägte die Schweizer Fernsehlandschaft sowohl inhaltlich als auch stilistisch. Die Newssendungen fokussieren bis heute vor allem auf die drei P: Polizei, Politik und Prominenz - wobei Blaulichtgeschichten einen besonders hohen Stellenwert haben.

Neu für die Schweiz waren beim Start nicht nur die Boulevardthemen, sondern auch die Tatsache, dass bei Tele Züri oft «der kleine Mann von der Strasse» zu Wort kam. Strassenumfragen und Zeugenaussagen wurden zu einem prägenden Stilmittel des Regionalfernsehjournalismus.

«Die SRG merkte schnell, da kommt etwas Frisches, Dynamisches, das auch etwas den Zeitgeist widerspiegelte», sagt der ehemalige VJ Matthias Ackeret. «Das beeinflusste auch die Themenwahl und die Art der Berichterstattung beim Schweizer Fernsehen.»

Wechselnde Besitzer

Tele Züri gehörte anfänglich zu je einem Drittel Ringier, Tamedia und Roger Schawinskis Belcom. 2001 verkaufte Schawinski den Sender zusammen mit Radio 24 für 92 Millionen Franken an Tamedia. 2011 reichte Tamedia den Sender für eine unbekannte Summe an Peter Wanners AZ Medien weiter.

Zusammen mit Tele M1 und Tele Bärn bildet Tele Züri seither eine Sendergruppe, die eng miteinander kooperiert. Mit dem Joint Venture von AZ Medien und der NZZ-Mediengruppe sind neu auch die NZZ-Sender TVO und Tele1 in dieser Gruppe. Hinzu kommen die nationalen Sender TV24, TV25 und S1, die ebenfalls aus den Studios von Tele Züri im Zürcher Steinfels-Areal produziert werden.

Die Konkurrenz zieht nach

Tele Züri und andere Lokalsender sind längst nicht mehr die einzigen Anbieter von regionalen Videobeiträgen. Die grossen Onlineportale wie auch die Agentur Keystone-SDA haben heute ihre eigenen Videoabteilungen. Diese Konkurrenz spürt auch Tele Züri. «Der Druck steigt von Tag zu Tag, früher waren wir die ersten, die um 18 Uhr über einen schweren Unfall berichteten», sagt Markus Gilli, «heute sind die Videobilder schon kurz nach dem Ereignis online zu sehen. Also müssen wir unseren Zuschauern am Abend mehr bieten können als die anderen». Auch bei Stellenausschreibungen spüre man zunehmend die Konkurrenz: «Ausgebildete Videojournalisten mit Erfahrung sind gesucht.»

Digital in die Zukunft

Um der Konkurrenz der Onlineportale Paroli zu bieten, baut auch Tele Züri zusammen mit den Partnersendern das Video-Onlineangebot laufend aus. Markus Gilli: «TV wird auch in den nächsten Jahren noch lange ein Abendmedium sein, aber sicher kein Tagesmedium. Wir müssen unsere Inhalte auch auf weiteren Kanälen verbreiten.»

Trotz des digitalen Wandels bleibt Gilli überzeugt: «Gerade in einer globalisierten Welt spielt die Region, in der man lebt, eine zentrale und zunehmend wichtigere Rolle.» Die Rolle von Tele Züri wird also bleiben, die Verbreitungswege werden sich in den nächsten 25 Jahren aber wohl ändern. (SDA)

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