Ein wichtiger Schritt der Grundlagenforschung war die Entdeckung von bis dahin unbekannter Strahlung durch den deutschen Physiker Wilhelm Conrad Röntgen. Der Forscher, der mit dem ersten Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde, wurde vor 175 Jahren geboren.
Der Sohn eines Tuchfabrikanten und Kaufmanns aus dem heutigen Remscheid studierte in Zürich Maschinenbau und erwarb 1869 den Doktortitel. Im selben Jahr wurde er Vorlesungs-Assistent bei dem Physiker August Kundt, der für Röntgens weitere wissenschaftliche Laufbahn von grosser Bedeutung war. Nach Lehrtätigkeiten an mehreren Universitäten wurde Röntgen 1888 Physikprofessor in Würzburg.
Dort machte er am 8. November 1895 die Entdeckung, die ihm weltweiten Ruhm einbringen sollte. Er beschäftigte sich unter anderem mit der sogenannten evakuierten Geissler'schen Röhre und verfolgte dabei das Ziel, die vom Gasdruck abhängigen Erscheinungen beim Stromdurchgang zu erforschen.
«Neue Art» von Strahlen entdeckt
Bei diesen Versuchen beobachtete Röntgen im verdunkelten Raum bei jeder Entladung das Aufleuchten eines speziell präparierten Papierschirms und erkannte, dass die Fluoreszenz vom Entladungsapparat ausgehen müsse. Er nannte die ihm nicht erklärbare Ursache eine «neue Art» von Strahlen, die «X-Strahlen».
Röntgen erforschte die Eigenschaften dieser Strahlung, ohne jemandem von seiner Entdeckung zu berichten. «Ich fand durch Zufall», berichtete er später, «dass die Strahlen durch schwarzes Papier drangen. Ich nahm Holz, Papierhefte, aber noch immer glaubte ich, das Opfer einer Täuschung zu sein. Dann nahm ich die Photographie zu Hilfe, und der Versuch gelang.» So entstanden die ersten Röntgenaufnahmen von Metallgegenständen, die in einem hölzernen Kasten verschlossen waren, und vom Skelett der Hand seiner Frau.
Wie funktionieren Röntgenstrahlen?
Technisch gesehen handelt es sich bei Röntgenstrahlen um elektromagnetische Strahlung mit Wellenlängen zwischen 0,1 und 10 Nanometer (nm). Die kurzwellige Röntgenstrahlung wird als «harte» Strahlung bezeichnet und entsteht bei der Beschleunigung von Elektronen in Magnetfeldern oder bei Anregung innerer Bahnelektronen bei bestimmten Atomen. Die langwelligere «weiche» Röntgenstrahlung tritt auf, wenn Elektronen in einem elektrischen Feld durch das Auftreffen auf Atomkerne abgebremst werden.
Schon am 28. Dezember 1895 reichte Röntgen seine Arbeit «Über eine neue Art von Strahlen» ein. 1901 - inzwischen war er Institutsdirektor an der Universität München geworden - wurde er für seine bahnbrechende Entdeckung der nach ihm benannten Röntgen-Strahlen mit dem ersten Physiknobelpreis ausgezeichnet.
Plötzlich ein Star - trotzdem bescheiden
Die Nachricht von Röntgens Entdeckung war eine Sensation, die sogleich in der Tagespresse verbreitet wurde. Das ungeheure Aufsehen zeigt sich daran, dass Röntgen auf Aufforderung des kaiserlichen Hofes schon am 13. Januar 1896 im Schloss in Berlin seine Entdeckung vor dem Kaiser und seiner Hofgesellschaft als Experiment vorführte.
Die Entdeckung Röntgens bekam grosse Bedeutung für die Physik, für die Mineralogie und für die Erforschung der Atomstruktur, der Lichtemission und des Aufbaus der Kristalle. Besonders in der Medizin besitzt die Röntgenstrahlung bis heute eine herausragende Bedeutung.
Wegen ihres hohen Durchdringungs-Vermögens erfährt sie vielseitige Anwendungen: in der Diagnostik zum Feststellen von Organveränderungen, in der Therapie bei Bestrahlungen von Geschwulsten, aber auch bei Material-Untersuchungen.
Röntgen selbst blieb trotz zahlreicher Ehrungen bescheiden. Er lehnte Berufungen an die Universität Berlin ebenso ab wie die vom bayerischen Prinzregenten angebotene Erhebung in den Adelsstand. (SDA)