BLICK-Kolumnist Claude Cueni über das Göttliche im Bordeaux
Der Wein, der Papst wurde

Ein guter Wein atmet Geschichte, heisst es. Im Bordeaux Château Pape-Clément steckt ganz viel davon. Papst, Folter und im Abgang ein bisschen Winston Churchill.
Publiziert: 18.05.2018 um 15:51 Uhr
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Aktualisiert: 26.10.2018 um 19:11 Uhr
Es heisst, ein guter Wein atmet Geschichte.
Foto: DimaSobko
Claude Cueni

1299 kaufte der französische Mönch Bertrand de Goth eines der ältesten Weingüter in Bordeaux und kelterte Wein. Bereits sechs Jahre später machte ihn sein Freund, der skrupellose König Philipp IV., zum Papst. Ihre Majestät hatte zuvor ihren Dauerrivalen, den italienischen Papst Bonifaz VIII., zum Allmächtigen geschickt.

Bruder Bertrand, der nun Papst Clemens V. geworden war, galt als intelligent, aber auch als hypochondrisch veranlagt, weil er dem Schutz des lieben Gottes eben doch nicht so richtig traute. Er vermachte die Rebberge seinen Mönchsbrüdern, die den Wein gleich umtauften.

In den Armen der Comtesse

Der neue Papst hatte bereits ein besseres Geschäft gewittert, er verkaufte Kardinalshüte dem Meistbietenden und verlegte seinen Sitz nach Avignon. Im Zuge des «klementinischen Jahrmarktes» beschenkte er seine adligen Verwandten mit allerlei Privilegien und genoss ein ausschweifendes Leben in den Armen der bildschönen Comtesse de Foix Talleyrand de Périgord. Sie soll kostspieliger gewesen sein als «das ganze Heilige Land».

Während Weintrinker den Namen Pape Clément eher mit einem Bordeaux assoziieren, erinnern sich Verschwörungstheoretiker an die Auflösung des Templerordens, die der König mit Hilfe des willensschwachen Papstes durchsetzte. Man warf den reichen Tempelrittern, die immer wieder den König vor dem Bankrott gerettet hatten, Homosexualität und Blasphemie vor, um sie enteignen zu können.

«Never give up»

Jacques de Molay, der letzte Grossmeister des Templerordens, gestand unter der Folter und wurde öffentlich verbrannt. Auf dem Scheiterhaufen widerrief er und verfluchte den Papst. Der trinkfreudige Diener Gottes folgte ihm ein paar Tage später ins Himmelreich.

Überlebt hat hingegen die Reblaus, die Mitte des 19. Jahrhunderts grosse Teile der französischen Weinanbaugebiete zerstörte. Während des Zweiten Weltkriegs beherzte der Agraringenieur Paul Montagne Winston Churchills Devise «never give up», kaufte das marode Weingut und produzierte nach etlichen Rückschlägen den heutigen Pape-Clément.

100 Prozent Papst

Robert Parker, der Papst der Weingläubigen, bewertete ihn in seiner Weinbibel auch schon mit dem Punktemaximum. Die Bestandteile: 60% Cabernet Sauvignon, 40% Merlot, 100% Papst.

Claude Cueni (62) ist ­Schriftsteller und lebt in Basel. Kürzlich ist sein neuer Roman «Der Mann, der Glück brachte» erschienen. Cueni schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK. 

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