Das mache die Taubenart zu einem der seltensten Tiere der Erde, teilte der britische Zoo Chester am Freitag mit.
Gemeinsam mit brasilianischen und US-Kollegen entnahmen die Forschenden demnach im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais mit Zustimmung der Behörden ein Ei und fütterten das Küken nach dem Schlüpfen aufwendig. «Die Bemühungen zahlten sich aus, und das Küken ist erst das dritte seiner Art, das jemals in menschlicher Obhut aufgezogen wurde», hiess es in der Mitteilung.
Blauaugentäubchen gelten nach Angaben des Zoos Chester als kaum erforschte Art. Mehr als 70 Jahre habe es keine bestätigten Aufzeichnungen gegeben, erst 2015 seien die Tiere wiederentdeckt worden. Lebensraum ist der Cerrado, wie die Feuchtsavannen im Südosten Brasiliens genannt werden. Die wichtigste Wasserquelle für die meisten Regionen des südamerikanischen Landes sei aber durch Viehweiden und Anbau von Feldfrüchten bedroht.
Der Kampf gegen das Aussterben
«Das Blauaugentäubchen ist eines der seltensten Tiere der Erde und es ist ein echtes Privileg für den Zoo Chester, an den Bemühungen zur Rettung einer so seltenen und wertvollen Art wie dieser beteiligt zu sein», sagte der Leiter der Vogelabteilung des Tierparks, Andrew Owen. «Tatsache ist, dass wir etwas unternehmen müssen. Sonst müssen wir tatenlos zusehen, wie diese wunderschönen Vögel aussterben. Wir weigern uns, dies kampflos geschehen zu lassen.»
2023 hatte das internationale Forscherteam erstmals zwei der Tauben – Bruder und Schwester – von Hand grossgezogen. Um die Rettungsbemühungen zu ergänzen, wurden den Angaben zufolge in diesem Jahr zwei Eier aus dem Nest eines zweiten Paares entnommen. Dafür habe eine Lizenz der zuständigen brasilianischen Behörde Instituto Chico Mendes de Conservacao da Biodiversidade vorgelegen. Ein Ei habe einen totgeborenen Embryo enthalten. «Aber glücklicherweise war das andere Ei befruchtet, und daraus schlüpfte ein gesundes Küken», teilte der Zoo weiter mit.
Das Team fütterte das Tier mit einer Diät, die der sogenannten Kropfmilch nachempfunden ist, die erwachsene Tauben für ihre Jungen aufstossen. Das Küken sei schnell gewachsen und solle nun gemeinsam mit den ersten beiden Küken den Kern einer Population in menschlicher Obhut bilden, mit deren Hilfe die Art notfalls in Gefangenschaft vor dem Aussterben geschützt werden könne.
Da es nur wenige Exemplare in freier Wildbahn gebe, könnten jedes Jahr nur wenige Eier entnommen werden, hiess es weiter. «Aber das Team hofft, seinen Erfolg zu wiederholen und nach und nach Brutpaare in sicheren Volieren zu etablieren, um Küken hervorzubringen, mit denen die Wildpopulation verstärkt und das Risiko des Aussterbens verringert werden kann.»