Das berichteten österreichische und spanische Forscher am Donnerstag im Fachjournal «Scientific Reports». Den Status als ranghöchste Person belegten demnach luxuriöse Grabbeigaben wie Bernstein, Strausseneier, Feuersteine, ein Bergkristalldolch und ein Elefantenstosszahn. «Aufgrund der spektakulären, von weit her stammenden Beigaben ging man bisher davon aus, dass es sich um einen Mann gehandelt hat», erklärte die Archäologin Katharina Rebay-Salisbury gegenüber der Österreichischen Nachrichtenagentur APA. In ersten Publikationen zu dem Fund sei immer von einem «Elfenbeinhändler» die Rede gewesen.
Übliche Analysen zum Geschlecht, etwa anhand der Becken- oder Kopfform, seien gerade in den kupfer- und bronzezeitlichen Gesellschaften (3200-2200 v. Chr.) nicht so einfach, weil die Geschlechtsunterschiede damals nicht so gross gewesen seien wie heute. Zudem sei eine genaue Untersuchung aufgrund der klimatischen Bedingungen im Mittelmeerraum oft schwierig. Das betrifft sowohl DNA-Analysen, als auch den schlechten Erhaltungszustand der Knochen.
Eine Analyse des Zahnschmelzes zeigte nun, dass das Individuum nicht männlich, sondern weiblich war. «Die ranghöchste Person in der iberischen Gesellschaft der Kupferzeit war also eine Frau, der 'Ivory Man' entpuppte sich als 'Ivory Lady'», so Rebay-Salisbury.
Für Rebay-Salisbury erzählen die Forschungsergebnisse nicht nur über das mögliche Leben der «Elfenbeinfrau», sondern auch darüber, wie Vorstellungen der Gegenwart die Interpretation der Vergangenheit prägen: «Häufig dominieren Bilder, wonach in der frühesten Epoche der Menschheitsgeschichte sämtliche Führungspositionen von Männern besetzt gewesen seien. Mit diesem Fund werden viele unserer Geschlechterstereotypen über Bord geworfen», so die Archäologin.
Die Ergebnisse würden dazu einladen, etablierte Interpretationen über die politische Rolle der Frauen am Beginn jener Zeit, in der Gesellschaften komplexer wurde, zu überdenken und traditionell vertretene Ansichten über die Vergangenheit in Frage zu stellen. (SDA)