Biologie
Wie der weibliche Organismus die Fortpflanzung kontrolliert

Der weibliche Organismus kontrolliert die Fortpflanzung auf mindestens zwei Arten: Bei der Partnerwahl und beim Überleben des Embryos. Das geht aus einer Studie über die Fruchtbarkeit von Stuten hervor.
Publiziert: 06.12.2017 um 17:50 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 20:12 Uhr
«Stimulus»-Hengst im Stallgang zusammen mit den zu besamenden Stuten in den Boxen.
Foto: Quelle: Agroscope

Wissenschaftler der Agroscope haben diese in Zusammenarbeit mit den Universitäten Bern, Lausanne und Hannover durchgeführt.

Zahlreiche Schwangerschaften enden mit einem Spontan-Abort, vor allem im Zeitraum zwischen der Befruchtung der Eizelle und dem Erkennen einer Schwangerschaft. Beim Menschen gehen Schätzungen davon aus, dass 20 bis 70 Prozent der befruchteten Eizellen während dieser Zeit frühzeitig sterben.

Genetische Probleme des frühen Embryos oder gesundheitliche Probleme der Mutter erklären viele dieser Verluste. Eine andere Theorie ist jedoch, dass der mütterliche Organismus Embryonen von bevorzugten Vätern eher annimmt, als andere.

Dominik Burger von der Universität Bern und des Forschungsinstituts Agroscope und Claus Wedekind von der Universität Lausanne wollten dieser Sache auf den Grund gehen. Sie konzentrierten sich auf die sogenannten MHC-Gene (Major Histocompatibility Complex) des Partners. Diese spielen eine wichtige Rolle im Immunsystem. Sie können aber auch Körpergerüche von Wirbeltieren und damit die Partnerwahl beeinflussen.

In verschiedenen experimentellen Studien an Menschen, Mäusen, Pferden und anderen Wirbeltieren zeigte sich, dass Körpergerüche von MHC-unähnlichen Typen den MHC-ähnlichen Typen gegenüber generell bevorzugt werden. Diese Geruchsvorlieben scheinen eine bunte Mischung von MHC-Genen in der Nachkommenschaft anzustreben.

Die Wissenschaftler haben diese Hypothese an 191 Stuten im Schweizer Nationalgestüt von Agroscope in Avenches VD getestet. «Wir nutzten für unser Experiment den Umstand aus, dass Stuten zur Besamung ins Nationalgestüt gebracht werden und diese dann neben einem der Hengste des Gestüts im gleichen Stall gehalten werden», wurde Studienleiter Burger vom Institut suisse de médecine équine ISME am Mittwoch im einem Agroscope-Communiqué zitiert.

Dieser «Stimulus»-Hengst war entweder MHC-unähnlich oder MHC-ähnlich für diese Stute. Die Besamung der Stute fand dann wie in der Pferdezucht üblich mit Sperma eines anderen Hengstes, gewählt durch den Besitzer der Stute, statt. Die Stute hatte also keinen sozialen Kontakt zum Vater ihres Embryos.

Wenn nun der Organismus der Stute davon ausging, dass der Stimulus-Hengst der Vater des Embryos ist, und wenn MHC-abhängige Gerüche tatsächlich die Fruchtbarkeit erhöhen, dann durften also bei Stuten, die einem MHC-unähnlichem Hengst ausgesetzt waren, höhere Trächtigkeitsraten erwartet werden.

Die Resultate der 191 Tests ergaben, dass MHC-abhängige soziale Reize zum Zeitpunkt der Ovulation tatsächlich die Trächtigkeit beeinflussen. Die Erfolgsrate bei Stuten, die einem MHC-unähnlichen Stimulus-Hengst ausgesetzt waren, war im Mittel etwa 20 Prozent höher als bei Stuten, die bei einem MHC-ähnlichen Hengst standen.

Die Wissenschaftler schliessen nun daraus, dass der weibliche Organismus auf mindestens zwei Ebenen eine signifikante Kontrolle über die Reproduktion ausübt: nämlich einerseits bei der Partnerwahl, und andererseits über eine spontanen Abort des sehr frühen Embryos, noch bevor eine Schwangerschaft überhaupt erkannt wird.

Nach Angaben von Burger und Wedekind dürfte die an Pferden getestete Hypothese der mütterlichen Kontrolle über die Reproduktion generell für Wirbeltiere mit interner Befruchtung gelten, «inklusive dem Menschen». Die Resultate wurden in der britischen Fachzeitschrift «Proceedings of the Royal Society B» veröffentlicht.

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