Muss man ein schlechtes Gewissen haben, weil Weihnachten in ein Konsum-Fest ausartet?
Weihnachten ist das Fest des Schenkens. Das ist theologisch und psychologisch auch in Ordnung: Am 24. Dezember feiern wir, dass Gott in der Gestalt eines Säuglings in Betlehem als Mensch auf die Erde gekommen ist. Zum Gedenken daran tauschen wir untereinander Geschenke aus. Nein, man braucht kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn Weihnachten bisweilen so materiell daherkommt.
Wenn man sich schon das Leben einfach machen will: Wäre es nicht das beste, sich gleich gar nichts zu schenken?
Das ist schon eine Option, aber jetzt ist es dafür zu spät. Der andere hat möglicherweise schon etwas für Sie besorgt, und jetzt überrumpeln Sie ihn mit der schenktechnischen Nulldiät. Kurz nach Weihnachten ist aber ein guter Zeitpunkt, fürs neue Jahr eine Änderung der Schenkbräuche zu vereinbaren. Das kann „gar nichts“ sein, oder auch „keine Sachen“, sondern lieber Events, Konzerte, Essenseinladungen usw.
Wie schenkt man Simplify-your-life-mässig?
Der Weihnachtsmann führt, wie wir aus Bilderbüchern wissen, ein dickes Buch, in dem er Wünsche und Geschenke genau notiert. Ein genialer Einfall zur Vereinfachung der Schenkerei! In so einem Heft «Wer wann was geschenkt bekam» können Sie das ganze Jahr über Geschenkwünsche und -ideen festhalten. Falls Sie das dieses Jahr nicht gemacht haben, fangen Sie im Neuen Jahr damit an. Es braucht auch nicht jeder ein ausgesuchtes Spezialpräsent zu bekommen. Dehnen Sie eine gute Geschenkidee auf mehrere Leute aus – einen schönen Kalender, ein witziges Buch. So können Sie allen Ihren Freunden Freude schenken.
Nach Weihnachten sitzen wir auf Bergen von Geschenkpapier, das teuer gekauft wurde und entsorgt werden will. Was kann man dagegen tun?
Machen Sie die Verpackung zum Teil des Geschenks. Wickeln Sie etwa die Flasche mit Olivenöl in ein Geschirrhandtuch ein. Für Familien eine nette Tradition sind selbst bemalte Weihnachtssäckchen, die jedes Jahr wieder zum Einsatz kommen. Jüngere Kinder produzieren oft Gemälde am laufenden Band. Schlagen Sie ihnen vor, das eine oder andere als Geschenkpapier für Onkel, Oma, Opa & Co. zu verwenden. Auch große Kalenderblätter oder veraltete Straßenkarten sind originelles Verpackungsmaterial.
Was halten Sie von Weihnachts-Rundmails, um sich den Umstand mit den Weihnachtskarten zu sparen?
Wir schreiben seit einigen Jahren unseren Verwandten und Freunden einen Rundbrief mit den wesentlichen Nachrichten über unsere Familie. Der wird kopiert und auf der letzten Seite ist Platz für ein, zwei persönliche Sätze. Das ist ein guter Kompromiss. Wir haben es auch einmal mit einer Rundmail versucht, aber das gute alte bedruckte Papier wird viel mehr wertgeschätzt.
Darf man beim Beschenken von Kindern über die Stränge schlagen?
Schwierig. Der Junge braucht ein neues Fahrrad, Mama will einen Tablet-PC – also kriegen sie es zu Weihnachten. Das Problem: Dadurch steigt der Preislevel der Gegenstände unter dem Christbaum in schwindelerregende Höhen. Besser: Trennen Sie Anschaffungen (die Sie ohnehin irgendwann gemacht hätten) und Geschenke. Reservieren Sie Weihnachten für Präsente, die symbolisch eine gute Verbindung ausdrücken. Dadurch nehmen Sie auch Druck von den Kindern, die möglicherweise viel Geld ansparen, um Ihnen etwas Unnötiges zu kaufen.
Was tut man, wenn einem jetzt vorm Ziel alles doch noch über den Kopf wächst?
Advent war nie eine stille Zeit. Es ist immer die Zeit der Vorbereitung und der gespannten Erwartung gewesen. Wenn Sie aber merken, dass Sie eine ungute Unruhe befällt, senden Sie an Familie, Freunde oder Kollegen ein SOS-Zeichen. Besprechen Sie mit ihnen Ihre To-do-Listen und streichen Sie Punkte erbarmungslos. Sie können sicher sein: Durch Reduzieren werden Sie den Geist von Weihnachten nicht verlieren, sondern finden.
Vermeiden Sie Dauerbelastung an den Festtagen. Sie müssen an Weihnachten nicht tagelang vollgefuttert zusammen sein. Jeder braucht auch einmal Stille für sich. Veranstalten Sie notfalls Aktionen, bei denen sich die Gruppe auflöst. Möglichkeiten sind Kinokarten oder der Besuch eines Museums, zu dem nicht alle mitkommen wollen. Rückzugsmöglichkeiten reduzieren die Gefahr der typischen weihnachtlichen Familienkräche.