Kaum schliessen die Badis, beginnt die Weihnachtszeit. Zu diesem Schluss könnte man jedenfalls kommen, wenn man sich bei Detailhändlern umschaut. Vielerorts kann man seit September Guetzli kaufen, die Schaufenster werden mit jedem Tag festlicher, und an gewissen Strassenecken riecht es schon bereits nach Zimt. Einigen Menschen ist das ein Dorn im Auge, andere pfeifen voller Vorfreude «Jingle Bells».
Auch in unserer Redaktion entbrannte kürzlich eine hitzige Debatte: Wann darf eigentlich das Weihnachtsgeschäft beginnen? Unten liest du unser Pro-Kontra – zwei Texte, zwei Meinungen. Und danach wollen wir wissen, wie du darüber denkst.
«Weihnachtsstimmung lässt sich nicht künstlich erzeugen»
«Ich dachte, ich sehe nicht richtig. Mitte September in einem Supermarkt: Ein Regal voller Weihnachtsgüetzi, Schokoladensternchen und Christstollen. ‹Die Festtage können kommen› steht oberhalb geschrieben. Es ist September, ein Vierteljahr vor Weihnachten, was soll das? Die Detailhändler beginnen gefühlt jedes Jahr früher, ihre Läden auf Weihnachten zu trimmen. Mich nervt das.
Im Herbst trauere ich dem Sommer nach, während ich meine dickeren Kleider hervorkrame. Ich hoffe auf einige sonnige Tage, die meinen Winterblues etwas verkürzen. Weihnachten ist für mich der Inbegriff von Winter. Und dieser ist in der Schweiz auch ohne Weihnachtsdeko lange genug.
Versteht mich nicht falsch, ich mag die Weihnachtszeit, wenn überall Lichterketten hängen, vielleicht etwas Schnee die graue Trostlosigkeit des Winters bedeckt. Ich mag Spitzbuben, Zimtsterne und besonders die Bretzeli meiner Grossmutter. Aber alles zu seiner Zeit, bitte. Niemand backt sich einen Geburtstagskuchen drei Monate zu früh. Weihnachtsstimmung lässt sich schlicht nicht künstlich erzeugen im Herbst.
Und an alle, die mir raten: Ignorier es doch einfach! – Was soll ich denn, mit geschlossenen Augen meine Einkäufe erledigen?»
von Karin Wenger, Redaktorin Community.
«Warum lässt du deinen Frust an den Brunsli aus?»
«In meiner Wohnung gibt es eine Ecke, in der das ganze Jahr über eine Lichterkette hängt, die eigentlich zur Weihnachtsdeko gehört. Zugegeben: Ich war einfach zu faul, sie im Keller zu verstauen. Irgendwann stellte ich aber fest, dass die Lämpchen eigentlich auch im Frühling, Sommer und Herbst schön aussehen. Glühwein trinke ich manchmal schon Ende August, und wenn ich Lust drauf habe, schau ich auch bei 35 Grad ‹Love Actually›.
Der Punkt ist: Weihnachten kann für mich nicht früh genug kommen. Und so stört es mich auch nicht, wenn bereits im Herbst Zimtsterne und Mailänderli angeboten werden. Im Gegenteil. Einige Miesepeter sehen darin fast schon den Untergang des Abendlandes und jedes auch nur halbwegs festlich geschmückte Schaufenster bekommt ihren ganzen Zorn zu spüren – ‹Im Oktober? Gaht's eigentlich no?›. Jedes Jahr der gleiche künstliche Aufschrei. Aber ist es das wirklich wert? Was bitteschön ist in deinem Leben schief gelaufen, dass du deinen persönlichen Frust jetzt auf diese armen Brunsli projizieren musst?
Konsumkritik in Ehren – und natürlich steht das Weihnachtsgeschäft stellvertretend für den entarteten Kapitalismus. Aber erstens: Bist du wirklich immer noch überrascht? Und zweitens: Gäbe es nicht grössere Missstände, die unsere Empörung verdienen? Soziale Ungleichheit, Ressourcenausbeutung, Klimakrise, Korruption – such dir etwas aus. Dein Haus steht in Flammen, und du beschwerst dich über ein paar Wunderkerzchen.
P.S.: Mit ‹Last Christmas› könnt ihr von mir aus doch noch etwas warten. Irgendwo hört der Spass auf.»
von Neil Werndli, Redaktor Community.
Was meinst du?
Was ist deine Meinung zum Thema? Stört es dich, wenn du in den Regalen schon jetzt Weihnachtsartikel siehst? Oder freust du dich vielleicht sogar darüber? Diskutier in den Kommentaren mit!