Weihnachten sieht überall auf der Welt ein bisschen anders aus. Bei uns kommt das Christchindli, an anderen Orten bringt der Santa Claus die Geschenke. Viele Schweizer essen an Heiligabend Fondue Chinoise, in manchen Ländern veranstaltet man ein Grillfest. Und während wir in der Adventszeit frösteln, feiern andere in T-Shirt und kurzen Hosen.
Wir wollten von BLICK-Leserinnen und Lesern, die im Ausland leben, wissen, wie sie Weihnachten verbringen. Hier liest du, was bei den Auswanderern an Heiligabend auf den Tisch kommt, welche neuen Bräuche sie übernommen haben und was für Schweizer Traditionen sie vermissen.
Isabelle Röthlin – Manitoba, Kanada
«Hier in Kanada feiert man Weihnachten sehr ähnlich wie in den USA. Es kommt also der Santa Claus mit seinem Schlitten und den Rentieren und man stellt ihm Milch und Cookies hin. Als wir vor 18 Jahren ausgewandert sind, waren meine Mädels noch klein, also musste ich natürlich mitspielen. Das ist aber gar nicht so einfach. Man darf ja nie vergessen, ein Stück von den Keksen abzubeissen und etwas von der Milch zu trinken. Auch die Rentiere haben Hunger, also mussten wir Karotten aufs Dach legen. Also gut – Leiter holen und klettern. Nur hatte ich nicht damit gerechnet, dass die Kleinen am nächsten Morgen nachschauen wollen, ob die Rentiere die Karotten gegessen hatten. Und ich klettere doch nicht mitten in der Nacht aufs Dach! Ich hab mich dann irgendwie rausgeredet.
Anfangs gab es bei uns immer Truthahn, wie es dort Tradition ist. Mittlerweile mögen wir Fondue und Raclette lieber. Vielen Kanadier ist der Käse aber zu stark und sie verstehen nicht, wie wir so viel davon essen können. Uns Schweizern liegt das offenbar im Blut. Und für die Freunde von dort mache ich dann eben ein paar Kartoffeln mehr.»
Michael Fuchs – Westkap, Südafrika
«Wir sind vor 25 Jahren ausgewandert. Hier in Südafrika ist es im Dezember Sommer und wir feiern Weihnachten jedes Jahr auf unserer Farm mit einem Braai, so nennt man in Südafrika den Grill. Dann kommen die Nachbarn vorbei und normalerweise auch Freunde und Familie aus der Schweiz. Um diese Zeit besuchen die uns natürlich besonders gern, weil es schön warm ist. Aber wegen Covid haben wir dieses Jahr keine internationalen Gäste.
Die Schweizer Traditionen vermisse ich nicht wirklich – am allerwenigsten den Schnee. Schliesslich bin ich ausgewandert, weil ich gehen wollte. Wenn ich doch mal Lust auf ein Fondue habe, findet man das hier auch. Und natürlich haben wir auch jedes Jahr einen Christbaum – er sieht einfach etwas anders aus. Hier basteln ihn die Strassenkünstler aus Drähten. Meine Frau hängt dann jeweils noch ein paar Kugeln dran, die sie von ihrer Urgrossmutter bekommen hat. Ohne Baum wäre es für sie keine Weihnachten. Und ich finde es auch schön, wenn noch gewisse Sachen an die Heimat erinnern. Man kann seine Wurzeln schliesslich nicht leugnen.»
Marianne Flückiger und Wolf Buehler – Arvidsjaur, Schweden
«Wir leben im tiefsten Lappland mit 43 Huskys und bieten Touristen Trips an. Normalerweise feiern wir Weihnachten mit den Gästen in der Wildnis. Dann machen wir über dem Lagerfeuer ein Käsefondue, während die Polarlichter am Himmel tanzen. Das ist einfach perfekt.
Traditionell feiert man in Lappland mit schwedischen Gerichten, also viel Fisch. Ausserdem trinken sie wie die Wahnsinnigen! Die Familie ist viel wichtiger als in der Schweiz. Dort hatten wir oft das Gefühl, dass es nur um die Geschenke geht, aber hier machen die Kinder noch richtig mit. Es gehört zum Beispiel dazu, dass man gemeinsam mit dem Schneemobil rausfährt und eine Tanne fällt. Man muss also noch richtig arbeiten für den Christbaum. Die Dekoration ist relativ kitschig. Fast schon wie in den USA. Alles leuchtet und blinkt – und weil es schon am frühen Nachmittag dunkel wird, kommt das natürlich noch besser zur Geltung.
Weihnachten in der Schweiz vermissen wir kein bisschen. Schon gar nicht den Einkaufsstress. Dabei hätte man das ganze Jahr Zeit, Geschenke zu besorgen, aber nein, man geht natürlich zwei Tage vorher. Klar, in den Grossstädten gibt es auch hier in Schweden Einkaufsstress, aber bei uns im Norden ist die Adventszeit viel entspannter und besinnlicher.»
Hansueli Meili – Yogyakarta, Indonesien
«Ich lebe seit 14 Jahren mit meiner Frau in Indonesien. Hier findet Weihnachten mitten in der Regenzeit statt. Weil aber nur etwa 5 Prozent der Bevölkerung christlich sind, feiert fast niemand. Dekoration gibt es nirgends – ausser bei uns. Ich höre auch immer Weihnachtsmusik aus meiner CD-Sammlung. Ausserdem haben wir ein kleines ‹Züristübli› mit einem Christbaum und veranstalten jeweils einen Brunch mit ein paar anderen Schweizern, die hier leben. Dieses Jahr müssen wir es wegen Corona halt im Freien und gestaffelt machen mit maximal drei bis vier Personen gleichzeitig.
Komisch angeschaut wurden wir wegen der Weihnachtsdeko noch nie. In unserer Nachbarschaft gibt es alle Glaubensrichtungen, also ist das überhaupt kein Problem. Teilweise vermisse ich Weihnachten in der Schweiz aber schon. Früher ging ich zum Beispiel immer an den Weihnachtsmarkt in Russikon. Und auch Kleinigkeiten wie heisse Maroni und Glühwein fehlen mir ein bisschen. Klar, ich könnte das auch selber machen – aber es fühlt sich halt nicht ganz gleich an.»
Yvonne Kirchebner – Brixental, Österreich
«Das Tirol ist eigentlich gar nicht so weit weg und trotzdem feiert man Weihnachten anders. Es hat einen höheren Stellenwert und wird mehr geschätzt. Eine uralte Tradition sind etwa die Anklöpfler. Sie gehen von Tür zu Tür und singen alte Hirtenlieder. Ich glaube, die spirituelle Komponente ist allgemein wichtiger: Bei den Bauern wird in den Häusern zum Beispiel mit Weihrauch geräuchert, um die bösen Geister zu vertreiben.
Fondue Chinoise kennt man hier nicht, nur das Fleischfondue, das in Öl zubereitet wird. Das schmeckt uns aber nicht. In anderen Familien isst man eine Würstlsuppe, also ein ganz einfaches Gericht, was ja eigentlich viel besser zu Weihnachten passt. Das gibts bei uns zu Mittag. Am Abend wollen die Kinder dann Fondue Chinoise. Das findet man hier aber nirgends, also müssen es die Grosseltern eben mitbringen.
Das einzige, was ich nicht besonders mag, sind die Weihnachtsguetzli. Die sind im Tirol riesig und irgendwie mit weniger Liebe gemacht. Ich backe deshalb noch nach einem alten Schweizer Rezept Zimtsterne und Mailänderli. Die Leute sind jeweils ganz überrascht, wie gut die sind, also muss ich jedes Jahr auch ein paar Packungen verschenken.»