Wir gehören zu jenen Familien, die sich irgendwann entschieden haben: Wir wichteln jetzt! Nach einem typischen Weihnachtsessen in der Familie fiel der Entschluss. Schwager, Schwägerin, Bruder, Schwester geben sich nicht mehr allesamt ein Päckli. Sondern sie schenken insgesamt eines. An eine zugeloste Person. Da beginnen die Ausnahmen bereits: Die Eltern wollen allen schenken und von allen beschenkt werden. Und die Kinder auch. Sie sind vom Wichteln ausgeschlossen. Tönt einfach, oder?
Nein, Wichteln ist kompliziert
Zunächst muss man die Termine im Griff haben. Tief im Herbst fiel uns ein: Wir müssten irgendwann auslosen. Aber man finde in einer Familie mit vier Geschwistern und zwei Angeheirateten den richtigen Termin. Eine Recherche zeigte: Es gibt Websites, mit denen das automatisch geht. Ehepaare wollen sich nicht gegenseitig beschenken? Einfach bei den entsprechenden Personen ein Häkchen setzen, Auslosung durchführen. Es hat problemlos geklappt. Es ist aber unromantisch.
Wann wichtelt man am besten?
Heiligabend: Alle haben ihre Geschenke dabei, aber jeder mit einer eigenen Strategie. Meine geht so: Ich habe den Namen des Beschenkten absichtlich mit Klebebuchstaben statt mit Handschrift vermerkt. So will ich vermeiden, dass ich einen Hinweis auf meine Person hinterlasse. Schliesslich soll gerätselt werden, wer der Wichtel ist. Was aber andere nicht bedacht haben. «Ach, das soll ein Geheimnis sein?», tönt es hier und dort. Wir bringen den Abend gut über die Bühne, das Wichteln klappt. Aber 2017 müssen wir noch an den Details feilen.
Eine genaue Planung ist alles
Zunächst finden wir wirklich einen Auslose-Termin, zwei Monate vor Weihnachten. Dann kommt aber die Kombinatorik ins Spiel. An meinem Beispiel: Ich möchte nicht meine Ehefrau bewichteln – wir beschenken uns direkt. Und ich möchte auch nicht die gleiche Person (meinen Schwager) beschenken wie im letzten Jahr. Abwechslung muss sein. Es gibt sechs Lose, drei sind ungünstig (Ehefrau, Schwager und ich selbst). Die Chance, dass ich ein gutes Los ziehe, ist bei nur 50 Prozent. Das gilt für fast alle. Wer ein bisschen Ahnung von Spieltheorie hat, merkt schnell: Wir werden oft ziehen müssen, bis alle einen passenden Namenszettel in der Hand haben. 20 Mal, 50 Mal, 100 Mal?
Also entscheiden wir uns: Es ist okay, die Ehefrau zu ziehen. Und es ist okay, die letztjährige Person zu ziehen. Dennoch braucht es eine Reihe von Anläufen. Vier Verwandte haben den Zettel mit dem Namen schon in der Hand. Als Fünfter komme ich an die Reihe – und ziehe mich selbst. Was nun? Wir müssen zwangsläufig wieder von vorne beginnen. Denn wenn ich mein Zettelchen zurücklege weiss ich genau: Die letzte Person wird mich ziehen und mein Wichtel sein. Spasslos. Im fünften Anlauf sind wir alle zufrieden.
Die wahre Probe kommt erst am Tag des Fests. Wir haben vor, dass alle ihr Geschenk in einem Raum deponieren. Neutral beschriftet. Dass dann ein Elternteil alle Päckli holt und unter den Baum stellt. Maximale Inszenierung, maximale Überraschung. Wenn alles klappt …