Nenn mich Christo!
Sie sind der Seelenverwandte von Christo (81). Der Verpackungskünstler hüllte Gebäude wie den Berliner Reichstag in Tücher und zurrte sie mit Seilen fest. Normalos würden sperrige Geschenke, zum Beispiel ein neues Dreirad fürs Kind, unverpackt unter den Weihnachtsbaum stellen. Nicht Sie! Wenn Sie mal am Werk sind, gibt es kein Halten mehr. Sie entwerfen Schnittmuster, mit denen sich selbst winzige Teile mit möglichst wenig Papierverlust umhüllen lassen. Was für ein befriedigendes Gefühl! Vergleichbar mit dem Vakuumieren von Lebensmitteln oder halbvollen Weinflaschen. Eines Ihrer Geschenke auszupacken, ist eine abendfüllende Aufgabe. Doch das ist nicht mehr Ihr Problem.
Mehr ist mehr
Ihre Geschenke erinnern an diesen einen Stuhl, der fast in jedem Zuhause steht. Auf dem sich Kleider, die man eigentlich mal anziehen wollte, zu einem fein ausbalancierten Haufen stapeln. Auf dem immer noch eine Socke mehr Platz hat. Nur sind es im Fall der Geschenke keine Textilien, sondern Weihnachtskugeln, Federn, Plastikblumen, Zweige, Glasperlen, Zinnfiguren, Lametta und so weiter. Sie hören erst auf mit der Schmückerei, wenn sich die Frage «Hat es noch Platz?» mit einem klaren Nein beantworten lässt. Was Sie eingepackt haben, wissen Sie nach Ihrer Dekorationsorgie gar nicht mehr so richtig. Ist für Sie auch absolut sekundär.
Hauptsache, Packpapier
Sie können uns noch so lange erzählen, wie Ihnen Mainstream-Weihnachtskitsch auf die Nerven geht – wir müssen Sie leider enttäuschen: Geschenke mit Packpapier einzupacken, ist NICHT meeega speziell, sondern einfach nur meeega bequem. Jede Weihnachten und an jedem Geburtstag müssen Sie nichts Weiteres tun, als die Maxirolle hervorzuholen. Packpapier hat durchaus etwas Sinnliches, wenn man mit den Fingern darüberfährt oder daran riecht. Doch Weihnachten ist gerade nicht der Moment für bodenständige Holzfäller-Ästhetik. Wer auch noch aus einer rauen Schnur ein Schleifchen bindet, lässt vermuten, dass er mit seiner Jugendzeit in der Studenten-WG innerlich nicht richtig abgeschlossen hat.
Unerreicht kreativ
Sie haben vor allem eines: zu viel Zeit. Die nutzen Sie, um Ihre unspektakulären Geschenke, zum Beispiel eine Dose Tee oder eine Seife, zu verpacken, als wären es die Überreste einer ägyptischen Halbgöttin. Heuer lautet Ihr Motto: Hygge. So heisst das dänische Konzept für Gemütlichkeit. Zur hyggeligen Welt gehören warme Decken, Zeit mit Freunden und etwas zum Naschen. Warum nicht mal ein Geschenk mit etwas Gestricktem umhüllen und mit einem Baum aus selbst gebackenen Weihnachtsguetsli schmücken, denken Sie sich. Beim Überreichen Ihres Kunstwerks platzen Sie fast vor Stolz und lassen selbst Ihre Konkurrenz mit der teuren Geschenkbox vom Juwelier alt aussehen. Sie hasst Sie dafür.
Zwei linke Hände
Sie sind höchstwahrscheinlich ein Mann, kicken einen Ball mit dem Fuss problemlos aus elf Metern Distanz ins Tor oder können zwei Stunden am Stück Programmiersprache schreiben, ohne sich zu vertippen. Doch: Das Einwickeln eines schönen Objekts in ein schönes Stück Papier – diese Tätigkeit sorgt bei Ihnen schon beim Darandenken für Schweissausbrüche. Zum Glück gibts Klebstreifen. Ihre Einpacktechnik erinnert ans Flicken eines aufgeplatzten Abfallsacks mit einem Klebeband. Doch Sie wissen: Ihr Umfeld rechnet Ihnen selbst minime kreative Bemühungen hoch an. Das macht Sie ein bisschen stolz.