Weihnachten 2020 steht vor der Tür. Die Werbewirtschaft ist gefordert: Welche Botschaft möchte man den Menschen in diesem Jahr mitgeben? Die Antwort fällt bei den bisher erschienenen Weihnachtswerbespots unterschiedlich aus.
Ikea gegen Food Waste
Das schwedische Möbelhaus Ikea widmet sich im Weihnachtsspot von Ikea Russland dem Thema Food Waste. Das Video zeigt einen Jungen, der vor riesigen Lebensmitteln flüchtet, die vom Himmel fallen. Er rennt nach Hause zu seiner Mutter, die gerade dabei ist, die Reste vom Weihnachtsessen in den Mülleimer zu kippen.
Die Botschaft der Kampagne ist klar: Schmeisst euer Essen nicht weg! Am Ende des Spots sagt eine Stimme: «Was würde wohl passieren, wenn die Natur alles zurückbringt, was du wegwirfst?»
Waitrose & John Lewis und Penny mit Nächstenliebe
Wie in jedem Jahr widmen sich diverse Werbespots an Weihnachten den Themen Nächstenliebe, Zusammenhalt und Mitgefühl. Sie kommunizieren die Botschaft, dass Weihnachten für alle ist und eine Gelegenheit für jede und jeden darstellt, etwas zurückzugeben.
Ein gutes Beispiel ist der Spot «Give A Little Love» von den britischen Lebensmittel- und Warenketten Waitrose und John Lewis. Das Besondere sind die verschiedenen Gestaltungstechniken, die im Film zutage treten – angefangen mit Illustration, über Knete und Ton bis hin zu Filz.
Damit statuiert die John Lewis Partnership selber ein gutes Exempel – sie engagierte acht verschiedene Künstler für den Spot. Zurzeit haben es schliesslich viele Kreative schwer, Arbeit zu finden. Ausserdem spendet das Unternehmen eifrig an die Wohltätigkeitsorganisationen Fareshare und Home-Start – und so auch das Publikum, wenn es den Song herunterlädt.
Die Weihnachtswerbung des deutschen Lebensmitteldiscounters Penny gräbt sich tief in die Herzen der Zuschauer. Darin spielt ein Junge Schlagzeug, bemalt Werbeplakate mit Farbe und baut einen Schneemann. Dabei wird er von verschiedenen Passanten kritisiert – und zwar mit der Phrase: «Stell dir vor, das würde jeder machen!» Und genau das tut der Junge, er stellt sich vor, dass jeder diese Dinge machen würde, und die Welt wird für ihn noch viel schöner.
Am Ende des Videos schenkt der Junge einem Obdachlosen Schokolade. Abschliessend sagt er zu seiner Mutter: «Stell dir vor, das würde jeder machen.» Penny fügt hinzu: «… dann ist Weihnachten für alle.» Der Erlös aus den sogenannten Schoko-Zipfelmännern wird von Penny an die Obdachlosenhilfe des Deutschen Roten Kreuzes gespendet.
Familienzeit bei Disney und Coca-Cola
Disney greift Weihnachten als Familienfest auf. Eine Grossmutter erinnert sich an ein Weihnachtsfest aus ihrer Kindheit, mit Sternen-Laternen auf der Strasse und einem Mickey Mouse aus Plüsch. Deswegen bastelt sie mit ihrer Enkelin jedes Jahr leuchtende Sterne, bis die Enkelin irgendwann erwachsen wird und die Tradition verlorengeht.
Die Grossmutter versinkt in tiefer Trauer, was die Enkelin bemerkt. Deswegen hängt sie als Weihnachtsüberraschung alle bisher gebastelten Sterne im Wohnzimmer auf, worüber die alte Dame sichtlich gerührt ist. Die Geschichte will ausdrücken, dass die Zeit mit der Familie das schönste Geschenk ist. Mit der Kampagne wird die Kinder-Wohltätigkeitsorganisation Make-A-Wish unterstützt.
Eine ähnliche Botschaft kommuniziert die diesjährige Coca-Cola-Werbung. Ein Mann macht sich auf den Weg zur Arbeit. Er soll für seine Tochter noch einen Brief für den Weihnachtsmann zur Post bringen – was er aber vergisst. Daher macht er sich auf eine abenteuerliche Reise zum Nordpol, um den Brief persönlich zu überreichen. Als er dort ankommt, hat der Weihnachtsmann allerdings geschlossen.
Schliesslich liest der Vater den Brief: Das Mädchen wünscht sich nur ihren Vater an Weihnachten an ihrer Seite. Die Botschaft: «An diesem Weihnachten gib etwas, was nur du geben kannst.»
Einige thematisieren die Corona-Pandemie
Die Corona-Pandemie findet ebenfalls Eingang in einige Weihnachtsspots. Die britische Supermarktkette Sainsbury’s greift mit einigem Wehmut das Thema Familientreffen auf. Videoausschnitte aus vergangenen Weihnachtsfesten einer Familie und ein Telefonat zwischen Tochter und Vater lassen Erinnerungen an die Familienzeit hochkommen.
«Essen ist zu Hause. Zu Hause ist Weihnachten», so Sainsbury's. Der Weihnachtsspot ist der erste von dreien, die Sainsbury's in diesem Jahr produziert hat.
Der deutsche Konzern Metro thematisiert in seinem Weihnachtsspot das Thema Lockdown. Eine Familie feiert gemeinsam zu Hause Weihnachten und erinnert sich dabei an die Strapazen der vergangenen Monate im gemeinsamen Homeoffice. Die Kampagne ruft aber vor allem zu einem auf: Bestellt doch euer Weihnachtsessen bei einem lokalen Restaurant, um die Gastronomie zu unterstützen!
In Amazons Werbespot mit dem Titel «The show must go on» wird gezeigt, wie ein Mädchen (gespielt von der französischen Balletttänzerin Taïs Vinolo) für eine Tanzaufführung einer Ballettschule trainiert. Das tut sie, aufgrund der Corona-Pandemie, zu Hause. Dann wird die Aufführung abgesagt, was das Mädchen schwer enttäuscht.
Ihre kleine Schwester hat grosses Mitleid und sorgt dafür, dass die Aufführung dennoch stattfinden kann – im Hof der Mehrfamilienhäuser. Sie lädt die Nachbarschaft dazu ein, die der Tänzerin schliesslich gebannt vom Fenster aus zusieht, wie sie draussen im Schnee ihren grossen Auftritt hat.
Coop und Migros sind kreativ
Einen fantasievollen Weg geht in diesem Jahr Coop. Der Werbespot erzählt die Geschichte von zwei Kindern, die eine Freundschaft zum Schneemonster Nevi aufbauen, welches einsam und traurig ist. Die beiden Kinder schenken dem Wesen eine Stoffpuppe, über die sich Nevi sehr freut. Das Schneemonster schüttelt sein Fell, und es beginnt zu schneien. Auch hier lautet die Botschaft: «Seid füreinander da.»
Die Migros versucht es mit vielen, kleinen Geschichten, die das Alltagsleben rund um Weihnachten abdecken sollen. Tatsächlich erinnern einige der Szenen an eigene Erfahrungen mit der Weihnachtszeit und haben einen gewissen Wiedererkennungswert.
So geht es beispielsweise um das stetige Vergessen von Müllsäcken beim Einkauf, die Sauerei, die Kinder beim Backen veranstalten, um den Streit, wann Weihnachtsdekoration aufgehängt werden soll, aber auch um den Einkauf mit Maske in Zeiten von Corona. Für die Spots werden immer dieselben, fiktiven Bewohner eines Mehrfamilienhauses in der Nähe einer Migros-Filiale abgelichtet. Sie sollen die Bevölkerung in der Schweiz repräsentieren.
Humor bei Very und Tesco
Wie einige Szenen der Migros-Werbungen schon zeigen – auch Humor ist ein wichtiger Bestandteil vieler diesjähriger Weihnachtsspots. Der britische Online-Händler Very greift die kleinen und nebensächlichen Eigenheiten oder gar Marotten des Weihnachtsfestes in seinem Werbespot auf – und stellt sie in Kontrast zu den beschönigenden Klischees.
Es sind ebensolche Szenen wie übertriebene Weihnachtsbeleuchtung, zu hohe Weihnachtsbäume für die Wohnzimmerdecke, nervige Weihnachtslieder oder neugierige Geschenkediebe, die Weihnachtsskeptiker belächeln oder mit einem Kopfschütteln beäugen. Very nimmts mit Humor – ganz nach dem Motto: «Auch diese ‹very› Momente gehören zu Weihnachten!»
Der kontroverse Werbespot der britischen Supermarktkette Tesco ist sicherlich scherzhaft gemeint. Darin erzählen diverse Protagonisten von ihren kleineren Vergehen, die sie in diesem Jahr in Bezug auf die Corona-Pandemie begangen haben.
So berichten einige Personen, dass sie Toilettenpapier gehamstert haben, und ein Mädchen gibt zu, die Frisur ihrer Schwester verunstaltet zu haben. Sie alle befürchten, auf der sogenannten «naughty list» zu stehen, einer hypothetischen Liste des Weihnachtsmanns, auf der alle unartigen Kinder stehen, und daher keine Geschenke zu erhalten.
Tesco kann sie aber beruhigen: «In diesem Jahr gibt es keine ‹naughty list›, und die Menschen sollten sich deswegen etwas gönnen. Sehr passend wird das Video vom Popsong «Oops!... I Did It Again» von Britney Spears (39) begleitet. (zbc)