Was die Schweizer alles glauben
Die Wahrheit übers Lügen

Wie halten es die Menschen in der Schweiz eigentlich mit der Wahrheit? Eine neue Umfrage zeigt, was Schweizer alles glauben – und warum.
Publiziert: 05.10.2018 um 02:34 Uhr
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Aktualisiert: 13.03.2019 um 15:55 Uhr
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9/11 war eine absichtliche Sprengung der Amerikaner – das glauben 23 Prozent der Schweizer felsenfest.
Foto: Getty Images
Christiane Binder

Die Forschungsstelle Sotomo hat im Auftrag des Stapferhaus fast 9000 erwachsene Schweizer über ihr Verhältnis zu Lug und Trug befragt. Theoretisch zeigten sich die Befragten dabei als wahre Wahrheitsengel. Eine Welt ohne Lüge ist für 57 Prozent das Ideal. 60 Prozent sind überzeugt, dass es die eine, echte Wahrheit gibt. Glauben und Religion haben dabei aber nur für fünf Prozent einen Wahrheitsgehalt.

Mehr als die Hälfte vertraut auf die Wahrheit der Naturgesetze. Dass die Erde eine Scheibe sei – das glauben laut Studie 2018 wirklich nur noch ein paar Versprengte. Dagegen scheinen die Fakten über den Klimawandel klar. Nur neun Prozent meinen, er sei nicht menschengemacht. 

Die Mondlandung nur inszeniert?

Die Wahrheiten sind aber so verschieden wie die Menschen. Stichwort: Verschwörungstheorien. Sie blühen. Satte 23 Prozent halten für wahr, dass der Einsturz der Türme bei 9/11 durch eine gezielte Sprengung erfolgte. Vor allem für Jüngere ist diese These plausibel – laut Studie für fast 40 Prozent der 18- bis 35-Jährigen. Bei den über 55-Jährigen leben bloss zwölf Prozent in diesem Wahn. Elf Prozent halten es andererseits für wahr, dass die Mondlandung eine Inszenierung gewesen sei.

Im Privatleben pflegen die Schweizer einen pragmatischen Umgang mit der Wahrheit. Lügen tun sie zwar hin und wieder, aber ungern, vor allem gegenüber dem Partner und den eigenen Kindern. Die wenigsten Skrupel haben die Flunkerer Unbekannten gegenüber – und gegenüber den Eltern, vor allem dem Vater. Vielleicht, weil der besonders unangenehm wird, wenn man eine Schuld beichtet?

Ein Volk von Schwindlern

Doch wenn die Lüge einen Vorteil bringt, dann wird die Wahrheit trotz moralischer Bedenken fleissig zurechtgebogen. Fast alle Befragten, neun von zehn, sehen sich immer wieder zu Notlügen «gezwungen». Stark verbreitet ist das Schummeln bei privaten Einladungen und Verpflichtungen. Man will nicht an Omas 90. Geburtstag? Schiebt man Halsweh vor. Man hat keinen Bock auf Arbeit? Sagt man halt, man müsse zum Arzt.

Männern fällt das Lügen etwas leichter als Frauen, und die Herren sagen häufiger die Unwahrheit gegenüber Behörden – vielleicht beim Steueramt? – sowie beim Thema häusliche Treue. Insgesamt 56 Prozent der Schweizer und Schweizerinnen tischen ihren Partnern über amouröse Verfehlungen nicht die ganze Wahrheit auf («ist doch nur ein harmloser Kollege»). Wobei zu sagen ist, dass 44 Prozent es auch gar nicht so genau wissen wollen und lieber nach dem Motto leben: «Was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss.» 

Was der Chef von mir denkt, will ich nicht wissen

Überhaupt ist die echte, wahre Wahrheit in vielen Bereichen gar nicht gefragt. Was der Chef wirklich von ihnen hält, wollen nur 50 Prozent wissen. Auch die Meinung des sozialen Umfelds über die eigene Person wissen 40 Prozent lieber nicht so genau – interessant in Zeiten grassierender Selbstdarstellung in den sozialen Medien.

Die Wahrheit über die Befindlichkeit der Arbeitskollegen ist den meisten erst recht schnurzegal. Gerade mal 25 Prozent interessiert die Wahrheit über den Gemütszustand der anderen Leute im Büro, und die Frage: «Wie gehts dir?» ist meistenteils eine Floskel. Die nackte Wahrheit wollen die Schweizer nur über ihren Gesundheitszustand wissen. Fast 80 Prozent fordern, dass der Arzt ihnen nichts vormacht – auch wenn die Diagnose verheerend ist.

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