Von «Fight Club» bis «30 Rock»
Ein Herz für Ikea

Ingvar Kamprad († 91) ist tot. Die Möbel seiner Firma stehen in Haushalten auf der ganzen Welt. Und schafften es bis nach Hollywood.
Publiziert: 04.02.2018 um 21:21 Uhr
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Aktualisiert: 03.11.2018 um 12:58 Uhr
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In einer Folge der Serie «30 Rock» kommt es zwischen einem Pärchen, gespielt von James Marsden und Tina Fey, zu einem Streit am Valentinstag wegen einem herzförmigen Salzstreuer, den er kaufen will, sie nicht.
Jonas Dreyfus

Er war der Gegenentwurf eines Prominenten, galt als öffentlichkeitsscheu und kokettierte in Interviews damit, ausschliesslich auf dem Flohmarkt einzukaufen. Jetzt ist Ingvar Kamprad tot.

Der Gründer des schwedischen Möbelhauses, der lange Zeit in der Schweiz wohnte, starb am 27. Januar mit 91 Jahren nach kurzer Krankheit in seinem Heimatland.Mit formschönen Produkten für wenig Geld hatte sich der verschrobene Mann mit der altmodischen Brille in die Top Ten der reichsten Menschen der Welt verdient. Kamprad verfolgte mit seiner Firma den Traum, Design zu demokratisieren. Sprich: für alle zugänglich zu machen. Dennoch ist eine Ikea-Einrichtung oft Symbol dafür, wer man sein möchte, und nicht unbedingt, wer man ist. Ein dankbares Thema für Hollywood.

Beim Knutschen erwischt in der Möbelausstellung

So stellt sich das frisch verliebte Pärchen aus der romantischen Komödie «(500) Days of Summer» beim Besuch eines Ikea-Shops vor, wie es wäre, ein eingespieltes Ehepaar zu sein.

Er, Tom, lässt sich von ihr, Summer, in einer Ausstellungsküche ­bekochen, auf einem der Sofas schauen die beiden Fernsehen und landen am Schluss auf einem Bett – wo eine erschreckte chinesische Grossfamilie schliesslich dem Spiel ein Ende setzt. Die Wohnwelten, in denen sich Summer und Tom vergnügen, erinnern sowieso schon an die perfekten Vorstadt-Kulissen von TV-Se­rien wie «Desperate Housewives».

Warum also nicht gleich dort eine Serie drehen, sagte sich der US-Regisseur Dave Seger, und tat das ungefragt und unbemerkt in ­einem Shop in Los Angeles. Das Ergebnis heisst «Ikea Heights» und beinhaltet sieben Folgen. Besucher der Wohnwelten fungieren ungewollt als Statisten und werden ­einmal sogar von einem fiktiven Detektiv befragt, der einen Mord aufklären muss.

«Weisst du, auf was wir uns da einlassen?», fragt Tina Fey ihren ­Serienpartner James Marsden in einer Folge von «30 Rock», bevor das Paar am Valentinstag gemeinsam eines der Möbelhäuser betritt. Das Drama beginnt mit einem roten Plastiksalzstreuer, den er kaufen möchte, sie aber nicht. Und endet damit, dass eine Liebesbeziehung in sich zusammenfällt – genau wie das Ikea-Regal, das die blinde Mitbewohnerin von Superheld Deadpool aus dem gleichnamigen Blockbuster von 2016 versucht zusammenzubauen.

Dass diese Tätigkeit auch bei Sehenden Tobsuchtsanfälle auslösen kann, weiss jeder. Ikea war deshalb laut Berichten einverstanden, dass die Schauspieler in derselben Szene zahlreiche Produkte-Namen nennen, solange es keine erfundenen waren.

Nicht erfreut dürfte die PR-Abteilung ob «Fight Club» gewesen sein, wo Edward Norton auf dem WC sitzend einen Möbelkatalog namens «Fürni» durchblättert und über sein erbärmliches Dasein als Teil ­einer konsumgeilen Gesellschaft sinniert. Die Kamera schwenkt durch seine Wohnung, wo bei jedem Möbel Preis und Name aufpoppen, darunter ein Kaffeetischchen «J. Fruktbar» in Form eines Yin-und-Yang-Zeichens.

Oder bei den «Simpsons»: Die Comic-Familie isst im Selbstbedienungsrestaurant eines blau-gelb bemalten Einrichtungsgeschäfts Namens Shøp eine Portion Fleischbällchen, die verdächtig nach schwedischen Köttbullar aussehen. Nicht nur das Essen scheint billig zu sein: Mutter Marge bemerkt, dass das Besteck aus zusammengesteckten Legosteinen besteht. Shøp ist wohl eine Anspielung auf Stør. Den Laden gabs in den USA wirklich. Bis Ikea die Kette erfolgreich wegen Copyrightverletzung verklagte und schliesslich übernahm.

Luxusmarken wollen genauso cool sein

Selbst Modedesigner sind fasziniert davon, wie Ingvar Kamprads Firma den Massengeschmack trifft. Rap-Star und Unternehmer Kanye West spricht seit Jahren davon, mit Ikea zusammenarbeiten zu wollen. Dieses Jahr bringt das Möbelhaus mit Virgil Abloh, Chefdesigner der Modemarke Off-White, eine Kollektion auf den Markt. In die typischen Ikea-Teppiche sind Sprüche wie «Keep Off» (Betreten verboten) eingewoben.

Demna Gvasalia von Balenciaga hat jüngst eine Lederversion von «Frakta» entworfen – dem blauen Einkaufssack für einen Franken, in den Kunden ihren Krimskrams werfen. Beim dem Luxuslabel kostet er 2147-mal mehr als beim Discounter. Kamprad und Gvasalia wären so schnell keine Freunde ­geworden. 

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