Von der Liebessuche auf dem Ü50-Markt
Opernfan sucht Elfe mit perlendem Lachen

Die Partnersuche der Nicht-mehr-ganz-Jungen hat ihre Tücken. Man fühlt sich jung wie einst im Mai, ist aber in Flirt-Dingen völlig aus der Übung.
Publiziert: 15.09.2018 um 18:14 Uhr
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Aktualisiert: 15.09.2018 um 18:20 Uhr
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Der Single-Markt ist hart für Nicht-mehr-Junge.
Foto: JEAN-GUY PYTHON
Christiane Binder

Reife Menschen beim Dating – für 25-Jährige ist das zum Totlachen. Scharwenzelnde Alte, die sich hinter dicken Brillengläsern schöne Augen machen. Ha, ha!

Wer jung ist, darf gemein sein. Denn das ist es. Auch die Generation Ü50 hat das Recht auf die «grosse Liebe», die einschlägige Partnerportale versprechen. Leider war das letzte Mal, als sie bei einem Rendezvous schmachteten, in Deutschland noch Helmut Kohl am Ruder. Sie rank und schlank, herzige Grübchen, er mit allen Haaren auf dem Kopf. Das junge Ego ist so präsent, als sei es gestern gewesen. Bloss ist der Rest nicht mehr das, was er war.

Er monologisiert, sie probiert Intervallfasten aus

So stellt sich der 57-jährige «weltgewandte Opernfreund», der eine «kultivierte Partnerin» sucht, eine aparte Elfe mit perlendem Lachen vor. Sie denkt an einen Robert Redford mit geschmeidigen Manieren. Per Parship hat man sich vorsortieren lassen, eigentlich kann nichts schiefgehen.

Und dann das Kennenlern-Dinner. Er sieht aus, wie Männer mit 57 üblicherweise aussehen, über der Hose wölbt sich eine Wampe. Sie hat einen grauen Kurzhaarschnitt und kichert etwas viel für ihr Alter. Er monologisiert über seine Lieblingskompositionen und jammert über seine Ex, die ihm das Leben sauer macht. Sie, das entpuppt sich jetzt, liest gern Utta Danella und probiert vergeblich Intervallfasten. Beide machen insgeheim Checklisten. Aussehen Note 3, Intelligenz Note 3,5, gemeinsame Interessen. Könnte man es nicht versuchen? Alles ist besser, als allein am Katzentisch zu hocken!

Spricht man mit gereiften Parship-Kunden, blickt man in Abgründe. Dabei wollen alle nur jemanden, mit dem sie Ausflüge machen können, am Sonntag gemeinsam Spiegeleier braten, abends zusammen vorm Fernseher hängen. Müsste eigentlich gar nicht so schwer sein. Ist es aber offenbar. Hoffnungsselig trifft man sich – und dann wars wieder nichts. Meist sind die Gründe so harmlos wie trivial. Er, 67, datet eine «tipptopp» aussehende Frau. Die wär was, denkt er. Bis sie ihm ein SMS schickt, die vor Schreibfehlern strotzt. «Das geht doch nicht», empört er sich. Sie, 53, trifft einen netten Mann, der aber seine Ferien am liebsten im Zelt verbringt. Sie steht auf Fünf-Sterne-Wellness. Die Sache verläuft im Sand.

Reiche Männer wollen lieber eine Studentin

Eine andere träumt von einem solventen  Gefährten, der mit ihr tolle Reisen macht. Nach zig Treffen lernt sie, dass es zwar genug reiche Männer um die 60 gibt, diese aber das Modell «Ostblock» präferieren: Er hält sich eine Studentin aus Lettland und kauft ihr Hermès-Handtaschen. Eine 56-Jährige mit mütterlichen Ambitionen («Ich finde zwei Gläser Rotwein echt viel») mag er sich nicht mehr antun. Fehlen noch die Fünfzigerinnen, die erstmalig das Apartment ihrer Liebe in spe betreten. «Der hatte Fussballbettwäsche!», regt sie sich auf. Dass Männer, die nach jahrelanger Ehe ausziehen, in Geschmacksfragen hilflos sind wie Welpen – das hatte sie glatt vergessen. 

Der Single-Markt ist hart für Nicht-mehr-Junge. Rundum ist alles vergeben oder jenseits von Gut und Böse. Nach dem Kurs «Malen wie Cézanne» stürzt jeder nach Hause, zwanglose Events für reifere Jahrgänge gibts nicht mehr – es sei denn, sie ziehen Hardrock-Festivals à la Wacken in Betracht. Und sowieso gehen reife Singles ungern unter Leute. Muss ja keiner sehen, dass man keinen hat.

Aber nicht selten scheitern sie auch an sich selbst. Total aus der Übung, flirten sie, als wären sie in ihrer Jugendblüte. Männer breiten episch aus, wie mutig sie ihre Harley durch die Kurven zwingen. Sieht einer aus wie der junge David Gilmour, dann geht das ja. Ein Typ Woody Allen sollte sein Opfer lieber zum Lachen  bringen. Frauen vergessen, dass der Augenaufschlag nicht mehr so zieht und das Verschicken anklagender E-Mails («Ich dachte, du schreibst mal») nun kontraproduktiv wirkt. In ihrem spätromantischen Überschwang ist ihnen die oberste Dating-Regel entfallen: Ruft er nicht selber an, vergiss es. 

Da ist dann das Internet immer noch ein Anker. Ein Jahrmarkt der Hoffnungen. Man will ja nicht mehr als an Sonntagen zu zweit Spiegeleier braten.

Auch Rentner suchen die Liebe per Mausklick

Immer mehr Senioren suchen ihr Liebesglück im Internet. Das Online-Portal Date50.ch hat fast 10'000 registrierte Nutzer – über 150 Mitglieder sind 85 Jahre oder älter. Auch bei der Online-Partneragentur Parship sind rund ein Viertel der Nutzer älter als 50 Jahre.

«Liebe per Mausklick ist längst auch bei älteren Semestern angekommen», sagt Pro-Senectute-Schweiz-Sprecherin Bucher. Sie warnt aber: «Bei Dating-Plattformen sollte man dem Thema Sicherheit Beachtung schenken, da sich hier viele Liebesbetrüger tummeln, die es auf das Geld von alleinstehenden Seniorinnen abgesehen haben.»

Nicht aus der Mode kommen trotz moderner Möglichkeiten die klassischen Kennenlern-Events. Ein Evergreen dabei: Tanz-Treffs. So führt allein Pro Senectute Bern pro Jahr über 100 solcher Tanznachmittage für Senioren durch. Im kommenden Jahr geht man aber auch in Bern mit der Zeit: Erstmals findet dann ein Speed-Dating für Rentner statt.

Immer mehr Senioren suchen ihr Liebesglück im Internet. Das Online-Portal Date50.ch hat fast 10'000 registrierte Nutzer – über 150 Mitglieder sind 85 Jahre oder älter. Auch bei der Online-Partneragentur Parship sind rund ein Viertel der Nutzer älter als 50 Jahre.

«Liebe per Mausklick ist längst auch bei älteren Semestern angekommen», sagt Pro-Senectute-Schweiz-Sprecherin Bucher. Sie warnt aber: «Bei Dating-Plattformen sollte man dem Thema Sicherheit Beachtung schenken, da sich hier viele Liebesbetrüger tummeln, die es auf das Geld von alleinstehenden Seniorinnen abgesehen haben.»

Nicht aus der Mode kommen trotz moderner Möglichkeiten die klassischen Kennenlern-Events. Ein Evergreen dabei: Tanz-Treffs. So führt allein Pro Senectute Bern pro Jahr über 100 solcher Tanznachmittage für Senioren durch. Im kommenden Jahr geht man aber auch in Bern mit der Zeit: Erstmals findet dann ein Speed-Dating für Rentner statt.

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