Das Wasser in den Tessiner Flüssen und Bächen sei klar und frisch – sein ganzer Stolz, «denn bei uns sind praktisch alle an die Abwasserentsorgung angeschlossen», sagt Tiziano Putelli (42). Doch an jenem Septembervormittag im Jahr 2012 erlitt der Gewässerschutzbeauftragte des Kantons Tessin einen Schock: «Um elf Uhr kam die Mitteilung, dass im Vedeggio, der durch Mezzovico fliesst, tote Fische treiben.»
Tiziano Putelli, wie sein Vater ein begeisterter Fischer, steckt das Entsetzen von damals noch heute in den Knochen: «Normalerweise lässt sich der Umfang einer solchen Katastrophe nicht auf Anhieb ermessen.» Aber diesmal war es anders: «Überall lagen tote Fische.» Einige Forellen hatten versucht, sich noch ins Trockene zu retten. Sie lagen auf den Steinen, nicht in einzelnen Wasserlachen. «Da war mir klar: Die Lage ist ernst!»
Die Expertenanalyse ergab eine schwerwiegende Vergiftung mit Ätznatron, das in Verbindung mit Wasser einen extrem hohen Laugenwert ereicht, zurückzuführen auf einen unsorgfältig gemachten Maschinentest. Hunderte von Litern der ätzenden und gewässergefährdenden Substanz waren in den Vedeggio geflossen. Auf einem Kilometer Länge hatte sie sämtliche Bachforellen getötet, etwa 1000 Exemplare, schätzt Putelli. «Ich sah einen Kadaver unter Steinbrocken, ein 70 Zentimeter grosses Zuchttier.» Denkt er daran, tut ihm noch heute «die Seele weh». Denn es dauert Jahre, bis solche Prachtexemplare wieder gezüchtet und nachgewachsen sind.
Nach einem derartigen Desaster braucht es vier bis fünf Jahre, um den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Solche Fälle, sagt Putelli, «ziehen nicht nur die Tierwelt, sondern die gesamte Biosphäre in Mitleidenschaft. Es ist ein Frevel an der Natur.» Der Fischer wird richtig wütend: «So etwas darf nie mehr passieren!»