Deshalb verhindert die Kastration viel Leid bei Katzen
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Katzen-Überbevölkerung:Deshalb verhindert die Kastration viel Leid bei Katzen

Tierärztin Iris Reichler plädiert für Pflicht
«Kastriert eure Katzen!»

Wer sich im Sommer ein Büsi angeschafft hat, sollte es jetzt kastrieren lassen. Die Tierärztin Iris Reichler (61) plädiert gar für eine Kastrationspflicht, weil es zu viele Streuner in der Schweiz gibt. Selber hat sie bereits die fünfte Katze aus zweiter Hand.
Publiziert: 01.02.2022 um 11:15 Uhr
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Aktualisiert: 03.02.2022 um 06:38 Uhr
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Die Veterinärin Iris Reicher vom Uni-Tierspital Zürich empfiehlt, Katzen so früh wie möglich zu kastrieren.
Foto: Siggi Bucher
Katja Richard

Er wäre längst im Katzenhimmel: Mikesch wurde von einem Auto angefahren und landete mit einem Oberschenkelbruch im Tierspital der Uni Zürich. Zwar konnten die Besitzer dank Chip ausfindig gemacht werden, aber die Behandlungskosten für den zehnjährigen Kater, der ohnehin schon Herzprobleme hatte, waren ihnen zu hoch – 2500 Franken. «Natürlich ist das viel Geld, und ich kann verstehen, dass sich das nicht jeder leisten kann», sagt Tierärztin Iris Reichler (61). Trotzdem: «Damit muss man rechnen, wenn man sich ein Haustier anschafft.»

Euthanasie, also Einschläfern, das ist für die Tierärztin immer die letzte Möglichkeit. Vor allem, wenn eine solche Entscheidung aus finanziellen Gründen fällt. Zwar bietet das Tierspital Ratenzahlungen an, das hilft in den meisten Fällen, aber gelegentlich springt das Team auch privat ein: «Wir versuchen, einen guten Platz zu finden, meist über Familie und Freunde», so Reichler. Manche Tiere landen auch bei ihr, so wie Mikesch. Der betagte Kater ist inzwischen 13 Jahre alt, er braucht täglich Herzmedikamente, ansonsten geniesst er seinen Lebensabend im Haushalt der Tierärztin.

Es gibt schon genug Katzen

Die Professorin ist Leiterin der Abteilung Kleintierfortpflanzung, beruflich hat sie viel mit Hunde- und Katzenwelpen zu tun. «Natürlich sind die sehr süss, aber es gibt schon so genug Tiere, die einen Platz brauchen, ganz besonders Katzen.» In der Pandemie wurden nicht nur vermehrt Hunde angeschafft, sondern auch ganz viele Büsi. Diese konnten in der ersten Corona-Phase nicht kastriert werden, weil Tierarztpraxen nur Notfälle aufnahmen. «Das wurde zum Glück rasch korrigiert», so Reichler. Bei Freilauf können Katzen dreimal im Jahr werfen, daraus gibt es rasch sehr viel Nachwuchs. «Deshalb sollten junge Katzen vor dem Freigang kastriert werden.»

Oft ist Nachwuchs auch erwünscht, besonders in Familien wollen Kinder wenigstens einmal erleben, wie die Katzenbabys zur Welt kommen und aufwachsen. Aber: «Selbst wenn man einen Platz für die Kleinen findet, rate ich strikt davon ab», so Reichler. Nicht nur weil es zu Komplikationen bei Geburt und Aufzucht kommen kann – «in solchen Fällen können sehr schnell hohe Behandlungskosten entstehen». Sondern auch, weil es in der Schweiz viel zu viele besitzerlose Katzen gibt. «Damit ist grosses Tierleid verbunden, da die Katzen weder geimpft noch entwurmt sind. Sie erkranken häufiger, haben aber niemanden, der sich um sie kümmert», sagt Reichler. Laut Schätzungen von Tierschützern gibt es weit über 100'000 streunende Katzen. Insgesamt leben etwa 1,8 Millionen Katzen in der Schweiz, gechippt sind 671'000 Tiere.

Pflicht zur Kastration

Die Tierärztin befürwortet nicht nur eine Registrationspflicht für Katzen, sondern erwägt selbst eine Kastrationspflicht. Denn: «Mit jedem kleinen Büsi, das zur Welt kommt, fehlt wieder ein Platz für eine Katze, die dringend ein Daheim braucht. Und die Population steigt weiter unkontrolliert an.»

Wer sich diesen Sommer eine junge Katze zugelegt hat, dem rät die Tierärztin: «Kastriert eure Katzen rechtzeitig!» Nämlich vor der ersten Rolligkeit, die bereits im Januar oder Februar beginnt. Unkastrierte Katzen werden alle zwei bis sechs Wochen rollig, wenn sie nicht gedeckt werden. «Das erhöht das Erkrankungsrisiko der Geschlechtsorgane und der Brustdrüsen. Zudem ist es ein Stress für die Katze», sagt Reichler.

Auch wer glaubt, seinem Kater etwas Gutes zu tun, wenn dieser seinem natürlichen Trieb freien Lauf lassen kann, täuscht sich: Auf der Suche nach Weibchen spazieren die Stubentiger tagelang in ihrem Revier umher und sind vor Liebe manchmal blind. Reichler: «Beim Herumstreunen erhöht sich das Risiko von Unfällen, hinzu kommen Kämpfe mit anderen Katern.»

Katzen aus zweiter Hand

Eine Sorge, die Mikesch nicht plagt. Inzwischen hat er sich auch an seine beiden vierbeinigen Mitbewohner gewöhnt, zwei Französische Laufhunde, auch sie stammen aus dem Tierschutz: «Abgesehen von meinem ersten Hund habe ich noch nie ein Tier gekauft», so Reichler.

Mikesch ist bereits die fünfte Katze, die Reichler bei sich aufgenommen hat. Die erste hatte Gelenkprobleme, die zweite Tumore, dann landete eine Katze mit Unterkieferfraktur und kurz darauf ein tauber Kater mit Herzproblemen und ausgekugeltem Oberschenkel bei ihr. «Diese letzten beiden waren Findeltiere, ich konnte sie selbst operieren und habe sie dann behalten, sie lebten noch über zehn Jahre bei uns.» Die Tierärztin hat eine Schwäche für ältere Tiere: «Sie haben ihren eigenen Charakter und passen auch besser in unseren Haushalt.»

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