Streit um Mikroplastik
Wie gefährlich sind die kleinen Kügelchen?

Streit um Peelings, Shampoos, Duschgels: Mikroplastik soll als reinigender Zusatz verboten werden, fordert Greenpeace. Die Behörden sehen weniger Risiken.
Publiziert: 13.09.2016 um 11:04 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 17:00 Uhr
Stehen unter Verdacht, enthalten aber nur selten Mikroplastik: Peelings und Co.
Foto: Getty Images

Es gibt kaum noch ein Produkt, das nicht unter Verdacht steht, dem Menschen oder der Umwelt zu schaden. Umweltschützer sagen, dass dies auch für Peelings, Duschgels, Shampoos und Zahnpasta zutrifft.

Was ist Mikroplastik?

Streitpunkt: Die kleinsten Kügelchen aus Kunststoff, Mikroplastik genannt, die wegen ihrer abschmirgelnden und damit mechanisch reinigenden Wirkung vielen Kosmetika zugesetzt sind. Zwar sind sie erlaubt und bislang ohne nachweisbares Risiko für die Nutzer – ökologisch aber bedenklich wie alle Kunststoffe.

Greenpeace fordert deshalb ein gesetzliches Verbot von Mikroplastik und veröffentlichte ­gerade eine eigene Bewertung von 30 grossen Kosmetikfirmen, inwieweit sie die Kunststoff­kügelchen durch andere Stoffe ersetzt haben oder es zumindest planen. Sieger ist: Beiersdorf mit Marken wie Nivea, Eucerin und La Prairie.

«Naturkosmetik zeigt, dass sich Mikroplastik sehr gut ersetzen lässt», sagt Yves Zenger (46) von Greenpeace Schweiz und verweist auf Alternativen: «Gemahlene Nuss- oder Kokosschalen, Trauben- oder Aprikosenkerne, Mandelkleie oder mineralische Stoffe wie Salzkristalle, Tonerde, Kreide, Kalk oder Silikate.»

Die Hersteller benötigen allerdings enorme Mengen in gleich bleibender Qualität, müssen auch auf ­Allergierisiken und Stabilität in der Lagerung achten. «Kosmetische Mittel enthalten nur in sehr sel­tenen Fällen Kunststoffpartikel», sagt Dr. Bernard Cloëtta (60) vom Schweizerischen Kosmetik- und Waschmittelverband. Viele Unternehmen, etwa Coop für seine ­Eigenmarken, nutzen sie gar nicht.

Gewässertests zeigten 2013 erstmals, dass sich Mikroplastik auch in Schweizer Seen und Flüssen findet: Wie alle Kunststoffe verrottet er erst nach Hunderten von Jahren, lässt sich wegen seiner geringen Teilchengrösse kaum herausfiltern, ohne Mikroorganismen mit zu entfernen, und reichert sich, so Greenpeace, mit Schadstoffen an.

Gefahr von Mikroplastik

Zur Wahrheit gehört aber auch: Der grösste Teil des gefundenen Mikroplastik kommt nicht von Kosmetika, sondern von Industrieprodukten (z. B. für die Maschinenreinigung), von Fasern aus gewaschener Kunstfaserkleidung, Abrieb von Reifen und Schuhen, zerfallenem Plastikmüll wie Flaschen und Plastik­säcken, sogar aus Zigarettenfiltern.

«Über 90 Prozent des Mikroplastiks werden in den Abwasseranlagen herausgefiltert», sagt Daniel Rensch (45) vom Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich. Auch hier ist eine gesetzliche Überwachung nicht vorgeschrieben, das Amt nahm testweise eigene Untersuchungen vor. Der Bericht ergab: «Mikroplastik konnte zwar in Oberflächengewässern, jedoch nicht im Grund- und Trinkwasser nachgewiesen werden.» Denn Plastik treibt immer nach oben. Auch das Bundesamt für Umwelt sieht im Mikroplastik aktuell «kein vordringliches Problem für die Wasserqualität», anders als etwa Reste von Schädlingsbekämpfungsmitteln.

So bleibt die Sorge vor Risiken, die bisher keiner beweisen konnte: Die Kügelchen könnten, mit anderen Giften angereichert, über Fische und Vögel den Weg zurück zu uns finden und schädlich sein.

Das kann man gegen Mikroplastik tun

Soweit Verbraucher nicht zu Naturkosmetik greifen, stehen sie vor ­einem Problem: Sie müssten auf den Packungsbeschriftungen erkennen, dass sich hinter Bezeichnungen wie Ethylenvinylacetat­Copolymer ein Kunststoff verbirgt, und dazu wissen, ob er fest (Kügelchen), flüssig oder gel­förmig beigemischt ist. In der Praxis helfen eher Produktlisten, die Umweltaktivisten erstellt haben.

Die Industrie forscht derweil an Alternativen. Beiersdorf nutzt nun Kügelchen aus Cellulose, Siliciumdioxid (ähnlich Quarzsand) und Rizinuswachs – je nach benötigter Grösse und Farbe der Partikel.

Wer also wirklich etwas gegen Mikroplastik in Gewässern tun will, setzt bei den Hauptursachen an und kauft möglichst wenig Kunststoffe, etwa bei Verpackungen und Kleidung. Nie sollte Plastik in der Natur enden, daher weggewehte Plastiksäcke, leere Flaschen einsammeln und fachgerecht entsorgen.

Und bei Kosmetika? Auf Hersteller mit verständlichen Zutatenlisten achten oder direkt Produkte mit Naturstoffen nutzen.

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Das müssen Sie über Mikroplastik wissen

Was ist Mikroplastik?

Als Mikroplastik werden Plastikteilchen mit einer Grösse kleiner als fünf Millimeter bezeichnet. Es wird gerne als Zusatz in Kosmetikprodukten verwendet, entsteht aber vor allem ungewollt durch Zerkleinerung, Abrieb oder Zersetzung grösserer Plastikteile in der Umwelt.

Zwar sind sie erlaubt und bislang – ökologisch aber bedenklich wie alle Kunststoffe. Die gesundheitlichen Folgen kleinster Plastikpartikel für den menschlichen Körper sind bisher auch noch wenig geklärt. Jedoch sind Forscher des Umweltbundesamt (UBA) und MedUni Wien bei der Suche nach Mikroplastik im Stuhl bei allen Probanden fündig geworden.

Schätzungen zufolge gelangen zwei bis fünf Prozent davon ins Meer, wo der Abfall zerkleinert von Meerestieren aufgenommen wird und über die Nahrungskette in den Menschen gelangen kann. Darüber hinaus ist es sehr wahrscheinlich, dass Lebensmittel während der Verarbeitung oder durch die Verpackung mit Kunststoffen - und dadurch auch mit Mikroplastik - in Kontakt kommen.

Vielfältig eingesetzt

Mikroplastik kann bis zu zehn Prozent eines Produkts ausmachen: Als mechanisches Reinigungsmittel, fürs Volumen oder als Bindemittel.

Verpackung lesen

Mikroplastik steht als Inhaltsstoff auf der Packung. Zum Beispiel: Polyamid, Polyethylen, Polypropylen, Polyester, Polyethylenterephthalat oder Polyurethan.

Produktlisten

Es gibt Apps und Produktlisten, denen Sie entnehmen können, wo Mikroplastik beigemischt ist. Kostenlose Downloads z. B. unter www.beatthemicrobead.org

Hersteller-Vergleich

Die besten Hersteller im Vergleich von Greenpeace:

  • Beiersdorf
  • Colgate-­Palmo-live
  • Limited Brands
  • Henkel

Die schlechtesten:

  • Edgewell Personal Care,
  • Revlon, Amway
  • Estée Lauder

Was ist Mikroplastik?

Als Mikroplastik werden Plastikteilchen mit einer Grösse kleiner als fünf Millimeter bezeichnet. Es wird gerne als Zusatz in Kosmetikprodukten verwendet, entsteht aber vor allem ungewollt durch Zerkleinerung, Abrieb oder Zersetzung grösserer Plastikteile in der Umwelt.

Zwar sind sie erlaubt und bislang – ökologisch aber bedenklich wie alle Kunststoffe. Die gesundheitlichen Folgen kleinster Plastikpartikel für den menschlichen Körper sind bisher auch noch wenig geklärt. Jedoch sind Forscher des Umweltbundesamt (UBA) und MedUni Wien bei der Suche nach Mikroplastik im Stuhl bei allen Probanden fündig geworden.

Schätzungen zufolge gelangen zwei bis fünf Prozent davon ins Meer, wo der Abfall zerkleinert von Meerestieren aufgenommen wird und über die Nahrungskette in den Menschen gelangen kann. Darüber hinaus ist es sehr wahrscheinlich, dass Lebensmittel während der Verarbeitung oder durch die Verpackung mit Kunststoffen - und dadurch auch mit Mikroplastik - in Kontakt kommen.

Vielfältig eingesetzt

Mikroplastik kann bis zu zehn Prozent eines Produkts ausmachen: Als mechanisches Reinigungsmittel, fürs Volumen oder als Bindemittel.

Verpackung lesen

Mikroplastik steht als Inhaltsstoff auf der Packung. Zum Beispiel: Polyamid, Polyethylen, Polypropylen, Polyester, Polyethylenterephthalat oder Polyurethan.

Produktlisten

Es gibt Apps und Produktlisten, denen Sie entnehmen können, wo Mikroplastik beigemischt ist. Kostenlose Downloads z. B. unter www.beatthemicrobead.org

Hersteller-Vergleich

Die besten Hersteller im Vergleich von Greenpeace:

  • Beiersdorf
  • Colgate-­Palmo-live
  • Limited Brands
  • Henkel

Die schlechtesten:

  • Edgewell Personal Care,
  • Revlon, Amway
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