So beeinflusst uns der Trabant
Bei Vollmond muss die Polizei ausrücken

Die Basler und Zürcher Polizei sagt: Ja, wir haben bei Vollmond mehr zu tun. Die Wissenschaft sagt, es gäbe keinen Beweis, dass der Mond uns verrückt mache.
Publiziert: 17.07.2019 um 23:21 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:07 Uhr
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In Vollmondnächten sollen sich auch Infizierte …
Foto: Shutterstock
Silvia Tschui

Werden bei Vollmond die Menschen wirklich verrückt? Die Polizei in den zwei grössten Deutschschweizer Städten ist sich einig. «Bei der Zürcher Stadtpolizei», sagt Mediensprecherin Judith Hödl, «haben unsere Mitarbeiter der Notrufzentrale tatsächlich den Eindruck, dass in Vollmondnächten mehr Anrufe eintreffen und auch mehr Einsätze getätigt werden. Insbesondere Anrufe bereits ‹bekannter› Menschen, die oft auch aus schierem Gesprächsbedarf bei der Nr. 117 anrufen, häufen sich in diesen Nächten.» Eine genauere Statistik würde die Zürcher Stadtpolizei aber nicht führen.

Auch die Kantonspolizei Basel-Stadt – und zwar Abteilungen der Sicherheitspolizei, der Einsatzzentrale wie auch der Verkehrspolizei – bestätigen eindeutig einen Einfluss von Voll- und auch Leermondphasen, insbesondere auf psychisch sensible oder beeinträchtigte Personen. 

Die These hat eine lange Tradition: Schon in den 1990er-Jahren erschienen unter anderen im «Spiegel» Artikel darüber, dass die Ludwigshafener Polizei rund um Vollmond- wie auch um Leermondnächte ihr Personal aufstockte. Dies, weil eine Statistik zeigte, dass in diesen Nächten mehr Einsätze vonnöten seien – statt durchschnittlich 188 sollen es in diesen Nächten jeweils rund 50 mehr gewesen sein.

Wissenschaftler streiten, ob da wirklich was mit dem Mond ist

«Humbug!», haben seither diverse Wissenschaftler geantwortet. Wenn sie auf den Einfluss des Mondes auf den Menschen zu sprechen kommen, ist dieser zumindest für Physiker lachhaft, wie in diversen Büchern und Internetforen nachzulesen ist. Der Mond, so der Tenor, bewege zwar die Gezeiten und führe zu Ebbe und Flut. Dies sei aber ein riesiger Wasserkörper – und daraus könne man keinen Einfluss auf den Menschen ablesen, selbst wenn auch der menschliche Körper grösstenteils aus Wasser besteht.

Der Grund: Der Mond ist so weit entfernt, dass der Gravitationseinfluss auf die relativ kleine Wassermasse des menschlichen Körpers sehr gering ist. Berechnungen zeigen: Eine Fliege, die an uns vorbeifliegt, hat, was die Gravitation betrifft, einen grösseren Einfluss auf unseren Körper als der Mond. 

Neuste Studien zum Thema Schlaf sind widersprüchlich: Forscher der Universität Basel stellten im Jahr 2013 fest, dass Menschen während des Vollmonds tatsächlich 20 Minuten weniger schliefen und zudem in diesen Nächten andere Hormonspiegel aufwiesen als in Nicht-Vollmondnächten. Eine grösser angelegte Münchner Studie aus dem Jahr 2017 kommt hingegen zum Schluss, es sei überhaupt kein Einfluss festzustellen.

Dass einzelne Menschen auf den Vollmond aber tatsächlich eher seltsam reagieren, könnte man auch am Eingang des Vollmond-Mythos in die Kultur und Sprache feststellen. Im englischen Sprachraum etwa bezeichnet ein «Lunatic» (vom französischen «lune», also Mond) einen Irren. Und in diversen Büchern und Filmen ist es ebenfalls der Vollmond, der eine Verwandlung vom Menschen zum Monster, etwa zum Werwolf, auslöst – und das geht wieder einig mit der Erfahrung unserer Polizei.

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