Seine erste Taucherglocke baute er aus einem Benzinfass: Dem Mathematiklehrer Hannes Keller aus Winterthur ZH war keine Idee zu verrückt. Den Versuch setzte er gleich selber um. Als 25-Jähriger liess er sich 1959 im Zürichsee 122 Meter in die Tiefe ziehen, um zu beweisen, dass man mit seinem neuen Gasgemisch nicht dem gefährlichen Tiefenrausch verfällt. Am 1. Dezember ist Keller in Zürich mit 88 Jahren verstorben. Er war ein Universalgenie.
«Tiefseetaucher, Computerpionier, Pianist, Erfinder, Entdecker, Philosoph, Wissenschaftler, Lebenskünstler, Mensch». Mit diesen Worten verabschiedet die Familie in der Todesanzeige einen unerschöpflichen Erfindergeist. Weltberühmt wurde Keller 1962 als erster Mensch, der in 300 Meter Tiefe tauchte. Beim spektakulären Tauchgang vor der Küste Kaliforniens kam es zur Tragödie, Keller wurde in der Tiefe bewusstlos. Er konnte gerettet werden, zwei Taucher kamen ums Leben.
Er revolutionierte den Tauchsport
Dennoch war die Mission Atlantis nicht umsonst, ein Jahr später kaufte die Firma Shell die Berechnungen Kellers. Dank seiner Formeln aus Helium, Stick- und Sauerstoff können Berufstaucher bis heute sicher in grossen Tiefen arbeiten. Einer, der ihn damals begleitete, ist Peter Stirnemann (85): «Er war einer mit wahnsinnigen Ideen, kaum hatte er eine aufgeschrieben, kam die nächste.» So verrückt seine Experimente waren, so verantwortungsbewusst sei er dabei gewesen: «Alles wurde akribisch durchdacht und geplant.» Auch für Streiche war das Duo zu haben: Sie waren es, die im Sommer 1976 «Nessie» aus dem Urnersee aufsteigen liessen. Das zehn Meter lange «Seeungeheuer» wurde damals zum spektakulärsten Gag von Fernsehmann Kurt Felix (1941–2012).
In den 1970er-Jahren wurde Keller zum Pionier für Computer, zuerst als Händler, dann entwickelte er die Software Witchpen, eines der ersten Rechtschreibeprogramme. Dafür liess er Hunderte von Hausfrauen den Duden abschreiben – und verkaufte die Idee für gutes Geld in die USA.
Pianist und Politik
Auch in der Politik hinterliess er seine Spuren. In den 1990er-Jahren wurde er mit seiner Solidaritätspartei zum Gegenspieler Blochers: Keller plädierte damals für ein staatliches Grundeinkommen – eine Idee, die bis heute existiert. Mit seinem Erfindergeist war er aber nicht nur der Technik zugetan: Keller war begeisterter Pianist und setzte sich bis ins hohe Alter an seinen Flügel. Allerdings war er sich nie ganz sicher, ob das Publikum nur an seine Konzerte kam, weil er, wie er selbst von sich sagte, «ein bunter Hund war, der auch noch etwas Klavier spielen konnte».