Schulhausplatz Löhningen SH am Donnerstagmorgen: Auf dem Boden sitzen ein paar Mädchen, setzen mit flinken Fingern Kastanien, Blätter und Steinchen zu einem Mandala. Im Baumhaus knobeln währenddessen zwei Buben an ihren Englischaufgaben. Und eine Lehrerin fragt auf dem Schulhausplatz in ihre Klasse: «Where ist the swing?» – wo ist die Schaukel? Die Kinder zeigen in verschiedene Richtungen, alle lachen.
Löhninger Schüler gehen «ab in die Natur»
Die ganze Woche konnten die Kinder der Primarschule Löhningen Unterricht mal anders erleben – nämlich draussen. Sie waren im Wald, haben mit Dingen, die sie draussen fanden, gezeichnet, unter freiem Himmel Englisch und Mathe gepaukt. «Dadurch, dass alle Klassen draussen waren, konnten die Kinder auch mal untereinander schauen, wer gerade was lernt – das ist sonst in den geschlossenen Schulzimmern unmöglich», sagt Schulleiterin Claudio Cantoni. Initiiert wurde das Projekt durch den WWF. Unter dem Motto «Ab in die Natur» war die Naturschutzorganisation vergangene Woche in rund tausend Schweizer Schulklassen zu Gast und unterstützte die Lehrer mit Aufgabenblättern, Spielen und Bleistiften für alle Kinder. «Mit dem Projekt sollen Schülerinnen und Schüler mehr Kontakt zur Natur haben», sagt WWF-Projektleiterin Dina Walser.
Diese Idee hat Schulleiterin Claudio Cantoni angesprochen. Sie passe gut in das Konzept ihrer Naturparkschule, man wolle mit den Kindern sowieso mehr nach draussen gehen, sagt sie. Deshalb habe man auf den Projekt-Flyer vom WWF reagiert, der vor einiger Zeit ins Schulhaus geflattert kam.
Kritischer Einfluss von Organisationen auf Schule?
Die Zusammenarbeit von WWF und Schulen dürfte aber nicht allen passen. Diese Woche wurde in bürgerlichen Kreisen Kritik breit, dass Organisationen und linke Parteien ihre Finger im Schulsystem hätten. Konkret ging es bei der Klage um das Lehrbuch «Gesellschaften im Wandel» des Zürcher Lehrmittelverlages. Es enthalte linke Propaganda und solle aus dem Lehrplan gestrichen werden, forderte die SVP des Kantons Zürich Anfang Woche.
Staub aufgewirbelt hatte bereits Ende August ein Artikel in der NZZ, der dem Lehrmittel Einseitigkeit vorwarf. Es stelle Meinungen von Gewerkschaften und linksliberalen Organisationen als Fakten dar und biete Gegenansichten keinen Platz. So werde die Globalisierung etwa als ausschliesslich negativ beschrieben, die Arbeit der Gewerkschaft Unia in ein positives Licht gerückt, ohne sie zu hinterfragen und zu stark mit Infomaterial von Hilfsorganisationen gearbeitet.
WWF gibt zwei Prozent des Budgets für Bildung aus
Ob auch das Projekt des WWFs als beeinflussend angesehen werden kann? Tatsache ist: Der WWF gibt etwa zwei Prozent seines Budgets für den Bereich Bildung aus, arbeitet mit Hochschulen und anderen Ausbildungsstätten zusammen und bietet gratis Schulmaterial für Lehrerinnen und Lehrer an. «Ganzheitliches Denken, Verantwortung übernehmen sowie der respektvolle Umgang mit anderen und der Umwelt sind wichtige Kompetenzen für den Naturschutz und die Gesellschaft. Diese möchten der WWF altersgerecht vom Kindergarten bis an die Hochschulen fördern», sagt Dina Walser zum Engagement des WWFs in hiesigen Bildungsstätten.
Eines ist sicher: Den Kindern in Löhningen haben die Schultage unter freiem Himmel gefallen. Am Schluss legen sie alle zusammen mit den gesammelten Kastanien, Blättern und Steinchen neben ihre Mandalas noch ein weiteres, grosses Bild auf den Teerboden: einen Panda. Es ist der WWF-Panda.