Gebrauchtes Spielzeug schont potenziell Umwelt und Portemonnaie, stammt aber vielleicht aus einer Zeit, in der der Umgang mit bestimmten Schadstoffen noch laxer war. Sollten Eltern beim Geschenke-Kauf für Weihnachten also lieber auf neu statt alt setzen?
Kürzlich berichteten schwedische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachblatt «Journal of Hazardous Materials Advances» von einer Untersuchung 157 gebrauchter und neuer Spielwaren aus Plastik. Demnach enthielten 84 Prozent der Secondhand-Spielzeuge gesundheitsschädliche Chemikalien, darunter Phthalat-Weichmacher und kurzkettige Chlorparaffine.
«Die Konzentrationen der giftigen Stoffe waren bei den älteren Artikeln deutlich höher», sagt Studienleiterin Bethanie Carney Almroth. «Bei vielen der alten Bälle wurden beispielsweise Konzentrationen von Phthalaten festgestellt, die 400 Mal über dem gesetzlichen Grenzwert liegen.»
Mit heute verbotenen Weichmachern belastet
Tatsächlich sei gerade bei älteren Spielwaren aus weichem Kunststoff Vorsicht angebracht, sagt die Chemikerin Kerstin Effers von der Verbraucherzentrale NRW. «Aus einem einfachen Grund: Das Verbot bestimmter hormonell schädigender Phthalate in Spielzeug trat in der EU erst 2005 in Kraft.»
Immer wieder habe es bei der Anfragen von Eltern gegeben, die wissen wollten, ob sie ihre alten Puppen weitergeben könnten. «Auf unsere Nachfrage bestätigten uns Hersteller, dass sie damals die heute verbotenen Weichmacher eingesetzt hätten, weil es eben noch erlaubt und das Wissen über deren Risiko noch nicht so weit war.»
Doch auch bei älteren harten Kunststoffen bestehen Risiken, wie das Beispiel Lego-Steine zeigt: So ergab eine Studie britischer Forscher, deren Ergebnisse 2018 im Fachblatt «Environmental Science and Technology» veröffentlicht wurden, dass insbesondere gelbe und rote Klötzchen, die zwischen 1960 und 1981 produziert wurden, einen Cadmiumanteil enthielten, der weit über den heute gültigen EU-Grenzwerten liegt.
Auch neue Spielzeuge überschreiten häufig Grenzwerte
Neue Spielwaren seien nicht zwangsläufig frei von Schadstoffen, sagt Effers. Tatsächlich überschritten in der schwedischen Studie knapp 30 Prozent der getesteten neueren Spielzeuge die Grenzwerte der EU-Richtlinien. Und für viele neu oder als Ersatz zugefügte Stoffe ist letztlich einfach noch nicht klar, ob und wie gefährlich sie vielleicht sind.
Wichtig sei es, sowohl neues als auch Secondhand-Spielzeug mit allen Sinnen zu prüfen, sagt Effers. Dazu gehöre, abzutasten, ob es scharfe Kanten oder Teile gibt, die sich lösen und verschluckt werden könnten. Ebenso sollte auf auffällige oder unangenehme Gerüche geachtet werden.
«Daneben gibt es Mängel, die nicht unbedingt ein Sicherheitsrisiko darstellen, die aber zeigen, dass keine Qualitätskontrolle stattgefunden hat», zählt die Chemikerin weiter auf. «Wenn die Bedruckung schief ist und die Nähte krumm sind, also offensichtliche Fehler durchgehen, wird bestimmt keine Sorgfalt in das Chemikalien-Management gesteckt worden sein.»
Alternative sind Markenhersteller und soziale Werkstätten
Derart schlecht verarbeitetes Spielzeug wird online oft von Händlern mit Sitz ausserhalb der EU angeboten. Von einem Kauf rät Effers dringend ab. Auch bei Spielzeug, auf dem nur ein Importeur als Adresse angegeben sei, sei Vorsicht geboten. Eine Alternative stellten kleinere Markenhersteller und soziale Werkstätten dar, die transparent offenlegten, woraus sie ihre Puppen, Bären und Stofftiere fertigen.
Darüber hinaus bieten verschiedene Siegel eine Entscheidungshilfe, von denen es im Spielzeug-Bereich allerdings nur wenige gibt. Eines davon ist das GS-Zeichen für «Geprüfte Sicherheit». Bei Stoff-Spielwaren könnten sich Verbraucher zudem an guten Textillabeln wie dem GOTS («Global Organic Textile Standard») orientieren, sagt Effers.
Grenzwerte für Freisetzung von Aluminium und Formaldehyd
Aussagelos in Bezug auf die Sicherheit eines Spielzeugs sei hingegen das CE-Zeichen: «Das ist nur eine Selbsterklärung des Herstellers, die europäischen Gesetze einzuhalten, was dieser aber nicht durch unabhängige Drittprüfungen nachweisen muss.» Wichtig bei all den Zeichen ist zudem das Datum der Zertifizierung: So wurden bestimmte Phthalat-Weichmacher eben erst 2005 in der EU in Spielzeug beschränkt.
Seit Mai 2021 gelten zudem verschärfte Grenzwerte für die Freisetzung von Aluminium und Formaldehyd und ab Dezember dieses Jahres für die Freisetzung des krebserzeugenden Farbbausteins Anilin. Am Ende bleibe es ein Dilemma, so Effers: «Einerseits empfehlen wir, Dinge lange zu nutzen, um Ressourcen zu sparen und nicht so viel Müll zu produzieren. Andererseits kann das gerade bei Spielwaren heikel sein.» (dpa)