Eine Kundin studiert einen Katalog des Reisekonzerns Kuoni
Foto: Keystone

So entschlüsseln Sie die Geheimsprache der Reisekataloge
Das bedeutet «lebhafter Ort» wirklich

Katalogisch - Deutsch; Deutsch - Katalogisch: Wer die Geheimsprache der Reisekataloge versteht, wird in den Ferien auf weniger Überraschungen stossen.
Publiziert: 08.08.2018 um 15:09 Uhr
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Aktualisiert: 17.05.2019 um 11:56 Uhr
Tatsächlich «lebhaft» und mit «kurzem Transfer zum Flughafen»: Maho Beach auf der Karibikinsel St. Martin.
Foto: Travelshots.com

Die Verfasser von Ferienkatalogen sind Meister im positiven Denken. Oder zumindest darin, mit ihren Formulierungen zu erreichen, dass wir uns das Urlaubsziel als kleines Paradies vorstellen. Das ist oft nicht gerechtfertigt. Denn: Meerseite ist nicht Meerblick, ein ­Direktflug ist kein Nonstop-Flug. Nicht einmal auf die Bilder ist Verlass: Die sonnenverbrannten Touristen sind weggezaubert, Zimmer und Pool wirken dank Weitwinkelobjektiv viel grösser, der Himmel ist immer blau.

Allerdings ist alles, was im Katalog in Wort oder Bild angegeben ist, Vertragsbestandteil und für beide Seiten bindend. Deshalb sollte man die entsprechende Katalogseite oder den Internetausdruck aufbewahren.
 

Hier ist das grosse ABC der Reisekataloge

  • Aufstrebende Gegend: Frisch erschlossenes Gebiet, vielleicht baulich schon fertiggestellt, vielleicht aber eine Baustelle mit Baggern und halbfertiger Wasserzufuhr.
  • Beheizbarer Swimmingpool: Nicht zu verwechseln mit dem beheizten Swimmingpool. Der beheizbare ist vielleicht beheizt – vielleicht aber auch nicht.
  • Direkt am Meer: Nicht gleichbedeutend mit «direkt am Strand». Das Hotel liegt möglicherweise an einer Klippe, einer Steilküste oder direkt am Hafen.
  • Direktflug: Ist nicht unbedingt ein Nonstop-Flug. Zwischenlandungen sind möglich, allerdings kann man im Flugzeug sitzen bleiben und muss nicht umsteigen.
  • Familiär: Das Hotel ist nicht sehr mondän, vermutlich auch nicht ganz neu, und vielleicht spielen ein paar Hunde im Treppenhaus. Übersetzung: heimelig.
  • Fitnessraum: Im Vergleich zum ­Fitnesscenter deutlich kleiner, schlechter eingerichtet.
  • Französischer Balkon: Balkon ohne Steh­fläche, nicht begeh- und schon gar nicht besitz-bar.
  • Internationale Küche: Spaghetti Bolognese und Schnitzel, nicht nur für die Kleinen. Vermutlich werden viele Halbfertigprodukte verwendet.
  • Junges Publikum: Hier ist viel los – toll für Junge, die mit wenig Schlaf auskommen. Nicht so toll für alle anderen. Die Disco hört man eventuell weitherum.
  • Kurzer Transfer zum Flughafen: Der Ferienort liegt in Flughafennähe, vielleicht sogar in der Anflugschneise. Für einen Kurzaufenthalt ein Vorteil, sonst eher ein Nachteil.
  • Kurzer Weg zum Strand: Wie kurz? Und mit welchem Verkehrsmittel gerechnet? Hier sollte entweder eine klare Streckenangabe stehen oder aber eine Zeitangabe in Fusswegminuten.
  • Lanai Room: Klingt sehr edel, ist es auch. Bloss: Lanai ist eine hawaiische Ananasplantagen-Insel. Ein Lanai Room bietet meist schöne Sicht auf tropisches Grün, aber kaum aufs Meer.
  • Landesüblich: Nicht an mitteleuropäischen Standards zu messen.
  • Lebhafter Ort: Hier gibts viel Lärm. Siehe auch: Zentrale Lage.
  • MB: Diese Abkürzung steht nicht etwa für Meerblick, sondern fürs englische «main building» (das Zimmer befindet sich im Haupthaus).
  • Meernähe: Nähe ist relativ. Vielleicht ist das Hotel durch eine Autobahn vom Meer getrennt. Siehe auch: Direkt am Meer.
  • Mietwagen-Empfehlung: Will heissen, dass der Ferienort am Ende der Welt liegt, ohne Anschluss an den öffentlichen Verkehr.
  • Neu: Auf ein Hotel bezogen: Hier sind die Palmen noch Setzlinge, spenden weder Schatten noch Sichtschutz zu Nachbars Balkon.
  • Öffentlicher Strand: Ein öffentlicher Strand wird (im Gegensatz zu einem privaten Hotelstrand) möglicherweise nicht gereinigt. In manchen Ländern teilt man ihn auch mit Tieren, etwa streunenden Hunden.
  • Örtliche Reiseleitung: Keine veranstalter­eigene Reiseleitung. Wenn alles gutgeht, ist das kein Problem oder sogar ein Vorteil, weil die Guides ortskundig sind. Bei Beanstandungen oder Krankheitsfällen aber unter Umständen heikel, wenn es Kommunikationsprobleme gibt.
  • Ruhige Lage: Es ist nichts los in der näheren Umgebung, das zur Unterhaltung beitragen könnte.
  • Run of the House: Diese Zimmer-Kategorie ist keine. Man bekommt diejenige Kategorie, die beim Einchecken gerade frei ist. Allerdings kann man das nicht kontrollieren – meist bekommt man das billigste der gerade freien Zimmer.
  • Rustikal eingerichtetes Zimmer: Möchten Sie Ihre Ferien im Brockenhaus verbringen?
  • Strandnah: Das Hotel liegt in Strandnähe, aber eben nicht direkt am Strand.
  • Touristisch erschlossen: Eine touristisch erschlossene Gegend hat den Vorteil, dass man sicher immer eine offene Beiz oder Bar findet. Die Nachteile: McDonald's statt griechischer Taverne und Touri-Rambazamba à gogo.
  • Unaufdringlicher Service: Hier ist das Zahlenverhältnis zwischen Angestellten und Gästen besonders unausgewogen. In wirklich guten Häusern arbeiten annähernd so viele Leute, wie Gäste logieren. In anderen Hotels kommen auf 500 Gäste vielleicht 10 An­gestellte. Man merkt den Unterschied im Preis – und im Service.
  • Zentrale Klimaanlage: Klimaanlage und die Heizung sind zentral geregelt und nur während bestimmter Zeiten eingeschaltet. Angenehmer ist eine individuell regulierbare Klimaanlage oder Heizung.
  • Zentrale Lage: Vermutlich wenig Idylle, dafür umso mehr Verkehr. Siehe auch: Lebhafter Ort.
  • Zimmer auf der Meerseite: Das Zimmer ist zum Meer hin gebaut, nur geht das Fenster möglicherweise zum Innenhof.
  • Zimmer mit Meersicht: Vielleicht muss man den Hals verrenken – denn unter diesen Begriff fallen auch Zimmer, von deren Fenster aus das Meer in einem spitzen Winkel liegt. Besser: direkter oder unein­geschränkter Meerblick.
  • Zweckmässig eingerichtetes Zimmer: Hier gibts wirklich nur das Allernotwendigste: ein Bett, ein Lämpchen vielleicht.
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