Koffer weg – was nun?
So gehst du vor, wenn dein Gepäck verloren geht

Endlich gelandet – aber was ist mit dem Gepäck? Wenn es beschädigt ist, verspätet oder gar nicht ankommt, hat man Ansprüche gegenüber der Airline.
Publiziert: 01.07.2023 um 20:05 Uhr
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Aktualisiert: 03.07.2023 um 12:44 Uhr
Wenn das Gepäck unterwegs verloren geht, hat man als Passagier ein Recht auf Entschädigung.
Foto: Getty Images – Illustration: Fabian Widmer
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Julia Gubler
Beobachter

Simone Keller aus Chur hatte einen schönen Plan: drei Wochen Kitesurfen in Panama. Ihr Board kam zwar am Flughafen an – doch es war unterwegs zerbrochen. Immerhin war ihr Koffer unversehrt geblieben. Was nun? Das sind die Rechte von Reisenden in Sachen Gepäck.

Das Gepäck ist beschädigt

Hier kommt es darauf an, in welchen Ländern man startet und landet. Wenn das zum Beispiel EU-Länder, die USA, Australien, Ägypten oder Indonesien sind, gilt das Montrealer Übereinkommen. Dann haftet grundsätzlich die Airline. Wenn ein Start- oder Zielland das Abkommen nicht unterzeichnet hat, wie etwa die Türkei, die Bahamas, Tunesien oder Thailand, gilt es nicht.

Die Airline muss maximal 1288 sogenannte Sonderziehungsrechte gemäss Übereinkommen bezahlen. Das sind nach aktuellem Kurs etwa 1542 Franken. Und: Man muss den Schaden innerhalb von sieben Tagen bei der Fluggesellschaft melden. Je länger man wartet, desto schwieriger ist der Beweis, dass der Schaden während des Flugs passiert ist. Am besten kontrolliert man das Gepäck sofort am Flughafen und geht bei Schäden zum Lost-and-Found-Büro. Dort lässt man sich einen sogenannten Property Irregularity Report ausstellen. Man sollte das Flughafenpersonal belagern, bis man das Papier hat – denn ohne diesen Report zahlen Airlines meist gar nichts.

Nur der Zeitwert wird entschädigt

In Panama gilt das Übereinkommen, und Simone Keller hat der Air Europa den Schaden rechtzeitig gemeldet und Fotos mitgeschickt – aber nur via Kontaktformular. Deshalb antwortete die Airline, dass sie das am Flughafen hätte melden müssen. Doch für langes Hin und Her blieb keine Zeit – ohne Board kein Kitesurfen. Wohl oder übel musste sie sich vor Ort ein neues kaufen – für 600 US-Dollar.

Anspruch auf die ganzen 600 Dollar hat sie nicht: Die Airline muss maximal den Zeitwert des kaputten Kiteboards bezahlen. Dabei wird berücksichtigt, wie alt es bereits war – Air Europa darf einen entsprechenden Wertabzug machen. Da das Board erst zwei Jahre alt war, ist seine Lebensdauer noch nicht beendet, sie kann zehn Jahre oder mehr betragen.

Das Gepäck kommt verspätet

Wenn das Gepäckband leer geräumt ist und der Koffer nicht dabei war, zeigt man am Schalter den Gepäckkleber, den man beim Check-in bekommen hat. Er klebt meist noch irgendwo am Reise- oder am Boardingpass. Den sollte man immer gut aufbewahren, bis man den Koffer wieder in den Händen hat.

Wenn der Koffer sich verspätet, muss die Airline notwendige Einkäufe vergüten, wie zum Beispiel Unterwäsche, Pyjama oder Zahnbürste. Man sollte deshalb die Quittungen sorgfältig aufbewahren und innerhalb von 21 Tagen eine Schadensmeldung bei der Fluggesellschaft machen. Eine gute Idee ist auch, immer im Handgepäck mitzunehmen, was wertvoll und unentbehrlich ist – wie Medikamente, Schmuck, Zahnbürste, Unterwäsche und ein paar Wechselkleider.

Das Gepäck ist verloren

Meist taucht der Koffer innerhalb von 24 Stunden wieder auf. Falls er 21 Tage nach der Verlustmeldung noch nicht da ist, gilt er als verschollen. Dann hat die Airline nicht nur die nötigen Einkäufe in den ersten 24 Stunden, sondern auch den Zeitwert des Koffers und des Inhalts zu zahlen. Dazu muss man ein Formular ausfüllen und auflisten, was im Koffer war. Es ist ratsam, den Inhalt vor der Abreise zu fotografieren – vor allem, wenn man einen Armani-Anzug oder wertvollen Schmuck dabeihat. Quittungen für die teuren Sachen sind ebenfalls hilfreich. Und wer es ganz genau nimmt, kann eine detaillierte Packliste machen.

Achtung: Die Entschädigung ist auf 1288 Sonderziehungsrechte (etwa 1542 Franken) begrenzt, wenn das Gepäck zu spät oder verloren ist. Wenn man wertvolle Kleider, Laptops oder teuren Schmuck dabeihat, kann sich eine Reisegepäckversicherung lohnen. Am besten prüft man, ob die Hausratversicherung schon einen solchen Zusatz hat.

Die Airline zahlt nicht

Am besten stellt man seine Ansprüche gegen die Airline per Onlineformular auf deren Website und hängt alle Belege an – inklusive Property Irregularity Report. Wie bei Simone Keller kommt es aber immer wieder vor, dass die Fluggesellschaft nicht zahlen will oder gar nicht erst reagiert – viele Airlines sind generell schlecht erreichbar. Und oft haben sie ihren Sitz im Ausland, dann ist eine Klage ohne Rechtsschutzversicherung meist zu aufwendig. Falls vorhanden, meldet man sich dann bei der Reisegepäckversicherung oder der Rechtsschutzversicherung.

Wer keine Versicherung hat, kann es kostenlos über die deutsche Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr versuchen, wenn die Fluggesellschaft in deren Mitgliederliste aufgeführt ist. Wenn man eine Pauschalreise bei einem Schweizer Reisebüro gebucht hat, kann man dieses oder den Ombudsmann der Schweizer Reisebranche um Hilfe bitten. Er hat jedoch nur beschränkte Möglichkeiten, zwischen Passagieren und Airlines zu vermitteln. Manchmal lohnt es sich auch, hartnäckig zu bleiben und immer wieder bei der Airline nachzuhaken.

Leider nicht so bei Simone Keller: Air Europa zahlt nichts. Die Begründung: Sie habe keinen schriftlichen Property Irregularity Report eingereicht und das Board am Flughafen anstandslos entgegengenommen. Damit habe sie gemäss Beförderungsbedingungen akzeptiert, dass das Gepäck einwandfrei sei. Das stimmt so nicht ganz: Das Übereinkommen schreibt keinen Property Irregularity Report vor, und man hat sieben Tage Zeit, um einen Schaden zu melden. Keller kann aber nicht restlos beweisen, dass das Board tatsächlich auf dem Flug beschädigt wurde und nicht zum Beispiel auf der Fahrt ins Kitecamp. Auch auf Nachhaken des «Beobachters» schweigt die Airline. Die Bündnerin hat mittlerweile aufgegeben und sich vorgenommen, ihr Hab und Gut immer gleich zu kontrollieren und eine Versicherung abzuschliessen.

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