Wenn die Bodylotion im Hotel aussergewöhnlich gut riecht oder der Bademantel besonders weich ist, würde man die Produkte am liebsten mit nach Hause nehmen. Aber eigentlich ist alles, was sich im Hotelzimmer befindet, Eigentum des Betriebs. Was bedeutet das für die Gäste?
Annette Rupp, Fachspezialistin Rechtsberatung beim Dachverband Hotelleriesuisse, sagt: «Rein rechtlich gesehen könnte das Hotel für jeden mitgenommenen Gegenstand Strafanzeige erstatten, da es sich dabei um einen Diebstahl handelt.» Sei es bei einem Handtuch, einer Seife oder einem Kugelschreiber. Jeder Gast gehe bei einer Übernachtung im Hotel einen Gastaufnahmevertrag ein. «Das bedeutet, dass man sämtliche Gegenstände im Hotelzimmer benützen, aber nicht mitnehmen darf», sagt Rupp.
Wo Hotels ein Auge zudrücken
In der Praxis sind die Hotels nicht ganz so streng. «Bei Verbrauchsprodukten wie kleinen Shampoos, Seifen oder Badefinken zeigen sich die meisten Betriebe kulant», sagt Rupp. Das bestätigt Constanze Grossmann (32), PR-Direktorin von «The Tschuggen Collection», zu der Luxushotels in Ascona TI, St. Moritz GR und Arosa GR gehören: «Artikel, die wir nicht ein zweites Mal verwenden können, dürfen die Gäste mitnehmen», sagt sie. Dazu gehören neben Badefinken auch Haarkämme.
Aus Nachhaltigkeitsgründen stellen Hotels ihren Gästen zunehmend grosse Shampoo- oder Seifenspender zur Verfügung. Diese sind nicht zum Mitnehmen gedacht, können aber oftmals an der Rezeption gekauft werden.
Nespresso-Tassen oder Bademäntel sind besonders beliebt
Aus Hotels verschwinden jedoch auch weitaus wertvollere Gegenstände als bloss Badefinken oder Seifen. Thorsten Fink (49), Direktor des 3-Sterne-Hotels Waldstätterhof in Luzern, sagt: «Bei uns nehmen die Gäste regelmässig Handtücher mit.» Noch dreistere Gäste hat er während seiner Zeit als Geschäftsführer von mehreren Schweizer-Luxushotels erlebt. «Es wurden Kaffeemaschinen, Kopfkissen oder Kleiderbügel gestohlen.»
Besonders beliebt seien Bademäntel mit dem Logo des Hotels, Nespresso-Tassen samt Untertassen und Löffel, grosse Shampoo- und Duschgel-Flaschen sowie Spa-Taschen gewesen. «Die Schäden durch diese vermeintlichen Bagatellen sind immens», sagt Fink. Pro Saison seien teils 200 Bademäntel im Wert von knapp 50 Franken weggekommen – was ein Verlust von rund 10'000 Franken bedeutet. Laut dem Hotelier ist es schwierig, den Diebstahl im Nachhinein nachzuweisen. «Bei verschwundenen Bademänteln sagen die Gäste oft, dass sie sie im Spa liegengelassen hätten.»
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Wann eine Rechnung ins Haus flattert
Sofern klar ist, dass ein Gegenstand aus dem Hotelzimmer entwendet wurde, können die Betriebe den Gästen eine Rechnung mit dem entsprechenden Betrag schicken. Laut Rupp dürfen die Hotels auch die Kreditkarte der Gäste belasten. «Das geht aber nur, wenn sie den Diebstahl nachweisen können, was schwierig ist.»
Das werde häufig bei Produkten aus der Mini-Bar gemacht, die der Gast konsumiert, aber nicht angegeben hat. Auf dem Tisch präsentierte Wasserflaschen gelten üblicherweise als Willkommensgeschenk und sind gratis.