BLICK: Herr Muff, worüber beklagen sich die Schweizer Touristen am häufigsten?
Franco Muff: Ein Drittel der Beschwerden, die mich erreichen, haben mit Fliegen zu tun: Änderungen des Flugplans und gestrichene Flüge. Baulärm am Ferienort ist auch ein häufiges Thema – und schlechtes Essen. Auch Probleme an der Grenze werden bei mir reklamiert, wenn einem wegen fehlender oder ungültiger Reisedokumente die Einreise verweigert wird.
Was können Sie da tun?
Nichts. Für die richtigen und gültigen Ausweise muss jeder Reisende selber sorgen.
Wie hoch ist die Quote der berechtigten Reklamationen?
Zu mir kommen ja nur Streitfälle, die ein Reiseveranstalter nicht mit dem Touristen final regeln konnte. Für mehr als die Hälfte der Beschwerden finden wir dann doch noch eine Lösung. Aber wir können nur helfen, wenn alle mitmachen und einig werden, der Reisende und das Reisebüro.
Was gibt es dann?
Bargeld, einen Reisegutschein oder einen Preisnachlass. Manchmal auch eine Kombination von allem. Leider fehlt den Reisebüros und den Kunden manchmal die Kreativität für andere Lösungen. Etwa mit einer Einladung zum Essen am Wohnort oder ein Paar Flaschen Wein. Aber die meisten Leute, die reklamieren, wollen ohnehin Cash. Und meistens viel mehr, als sie bekommen.
Existiert ein Tarif?
Nein, nicht in der Schweiz. Wir nehmen die Frankfurter Tabelle als Richtschnur. Wie viel Geld oder Preisreduktion man bekommt, hängt sehr von den Umständen ab. Wegen Baulärm etwa kann das von 5 bis 50 Prozent gehen.
Und falls es keine Einigung gibt, kann man vor Gericht ziehen?
Klar, aber das lohnt sich in den wenigsten Fällen. Meist ist die Streitsumme zu gering.
Welche häufigen Reklamationen sind von vornherein aussichtslos?
Gesundheitsprobleme wie Durchfall im Sommer an einer heissen Destination. Das ist einfach Pech und hat in der Regel nichts mit der Qualität des Essens oder der Sauberkeit zu tun. Viele Leute vertragen halt das Essen in Ägypten, Tunesien oder Marokko nicht, die Gewürze und die Öle. Völlig aussichtslos sind auch Beschwerden, wenn man sich beim Buchen eines Flugs im Datum vertan hat und nicht mehr umbuchen kann. Wer online selber bucht, muss sich halt Zeit nehmen und sich einen Moment lang konzentrieren. Und generell unsinnig sind Beschwerden wegen des Wetters – im Süden ists halt heiss im Sommer, und im Norden muss man immer mit Regen rechnen.
Und wenn das Foto im Prospekt gar nicht mit der Realität übereinstimmt?
Das geht gar nicht, man darf auf den Prospektfotos nichts beschönigen. Wenn etwas versprochen, aber nicht eingehalten wird, muss es eine Entschädigung geben. Das kommt allerdings kaum mehr vor, die Reiseveranstalter sind mit den Fotos viel vorsichtiger geworden.
Wie tolerant sind Schweizer in den Ferien?
Sie sind in den letzten Jahren überraschenderweise nicht nörgeliger geworden. Die Zahl unserer Fälle ist seit etwa vier Jahren konstant geblieben. Wenn man ins ferne Ausland fährt, muss man auch mal fünfe gerade sein lassen.
Wer ist am nörgeligsten?
Sehr viele Beschwerden kommen von Leuten über fünfzig. Wahrscheinlich sinkt die Akzeptanz für Unbill mit dem Alter. Vom Leben allzu sehr gestresste Leute neigen auch eher zum Reklamieren.
Worüber kann man sich ärgern, sich aber nicht beim Ombudsmann beklagen?
Über die Unfreundlichkeit am Ferienort. Da kann ich gar nichts machen.
Was raten Sie, wenn etwas in den Ferien schiefläuft?
Am besten reklamiert man gleich vor Ort oder kontaktiert das Reisebüro in der Schweiz, damit die Ferien noch ein Erfolg werden.
Wie muss man bei einer Beschwerde beim Ombudsmann vorgehen?
Am besten unser Online-Formular ausfüllen. Lange E-Mails oder Briefe sind nicht nötig. Wir brauchen auch nicht stundenlange Filme oder Berge von Fotos. Weniger ist auch bei uns mehr.