Wie funktioniert eigentlich die CO2-Kompensation?
Die Idee der CO2-Kompensation ist, das durch sein Verhalten entstandene Klimagas Kohlendioxid in gleichem Umfang mittels Umweltprojekten einzusparen. Dazu wird beispielsweise der persönliche CO2-Ausstoss einer Flugreise berechnet und die Kosten veranschlagt, die gleiche Menge im Rahmen einer Ausgleichsmassnahme einzusparen. In den letzten Jahren wurden dafür mehrere Organisationen gegründet, auf deren Websites man seinen Ausstoss berechnen und gleich für Umweltprojekte spenden kann. Marktführerin ist die Initiative myclimate.org, die im Jahr 2006 aus der Idee einiger ETH-Studenten entstanden und mittlerweile weltweit tätig ist. Bei myclimate kann man nicht nur den CO2-Ausstoss einer Ferienreise (Flug, Auto, Kreuzfahrt), sondern auch seinen gesamten biologischen Fussabdruck und die Emissionen eines Haushalts oder der Firma berechnen und kompensieren.
Mittlerweile bieten alle grossen Reiseveranstalter die Möglichkeit, beim Buchen der Reise gleich seinen Beitrag für den Klimaschutz zu leisten. Beispielsweise arbeitet die Schweizer Hotelplan-Gruppe mit myclimate zusammen.
Wie viel kostet eine Kompensation?
Jeder Anbieter benutzt einen eigenen Algorithmus, um den Kohlendioxid-Ausstoss und die Kosten für die Kompensation zu berechnen. Daher unterscheiden sich die Preise je nach Anbieter teilweise stark.
Laut der Berechnung von myclimate verursacht ein Flug von Zürich nach Bangkok und zurück drei Tonnen CO2, die mit 71 Euro zu Buche schlagen. Der deutsche Anbieter Atmosfair weist 6,2 Tonnen CO2 aus und verlangt für die Kompensationen 144 Euro. Dies, weil Atmosfair auch die Auswirkungen von Kondensationsstreifen auf das Klima und weitere Emissionen einberechnet.
Gemeinsam ist den Berechnungen, dass sie nur einen angenommenen Mittelwert darstellen und den realen Ausstoss nicht erfassen. Dieser ist beispielsweise bei einer Flugreise davon abhängig, ob Umwege oder Warteschleifen geflogen werden müssen. Ebenso sind der eingesetzte Flugzeugtyp und dessen Auslastungen für den persönlichen CO2-Verbrauch massgebend.
Welche Projekte werden unterstützt?
Generell gibt es zwei Arten von Projekten. Zum einen versucht man beispielsweise durch Aufforstungen und Renaturierungen bestehendes CO2 aus der Luft zu binden. Zum anderen werden Massnahmen unterstützt, die den Ausstoss von Klimagasen reduzieren. Dies kann der Ausbau von Solarenergie sein oder die Entwicklung von effizienteren Kochern für Menschen in Drittweltländern. Zudem werden Fortbildungsprogramme unterstützt, welche Menschen zum klimafreundlichen Handeln anregen sollen.
Ein Grossteil der Projekte wird in Entwicklungsländern realisiert. Zum einen sind Massnahmen in Afrika oder Südamerika kostengünstiger umzusetzen. Zum anderen gibt es in solchen Ländern kaum staatliche Klimaprojekte, sodass es einfacher ist, neue Massnahmen in Gang zu bringen.
Gibt es Kritik an den Kompensationen?
Die CO2-Kompensation wird von Kritikern als moderner Ablasshandel bezeichnet. Nach dem Motto: Meine Sünden kann ich mit einer Zahlung wieder ausgleichen. Kritik kommt sogar vom Papst, welcher die Ausgleichszahlungen als scheinheilig bezeichnet. «Die Flugzeuge verschmutzen die Atmosphäre, aber mit einem Bruchteil der Summe des Ticketpreises werden dann Bäume gepflanzt, um den angerichteten Schaden zu kompensieren», sagte der Papst. «Das ist Heuchelei.» Manche Wissenschaftler zweifeln zudem daran, dass die Projekte den gewünschten Effekt bringen.
Kann man nun ein reines Gewissen haben?
Jeder Schritt zur Vermeidung von CO2 ist ein Schritt in die richtige Richtung. In diesem Sinne sind Kompensationszahlungen ein Mittel, um die klimaschädigende Wirkung von Fliegen, Autofahren und Co. abzumildern. Allerdings reicht die Kompensation des Kohlendioxid-Ausstosses nicht, um das Klimaziel von einer Erwärmung von maximal 1,5 Grad zu erreichen. Dazu müssten die Industrienationen ihren CO2-Ausstoss in allen Bereichen drastisch senken. Die meisten CO2-Emissionen stammen nach wie vor aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Das beinhaltet auch eine Änderung des Reiseverhaltens. Eines ist klar: Die Möglichkeit der Ausgleichszahlungen darf kein Freifahrtschein sein, noch öfter ins Flugzeug zu steigen. Myclimate leitet Ausgleichszahlungen z.B. an Projekte für Wasseraufbereitungsanlagen und Kochstellen (r.) mit Solarzellen in Afrika weiter.