On the road mit Christian Bauer
Wenn der Anstand verloren geht

Es ist leicht, sich im Ausland mit einer Handvoll Dollar als Bonze zu fühlen. Reisejournalist Christian Bauer erlebt, dass Vielen dabei der Anstand abhanden kommt.
Publiziert: 16.04.2018 um 11:22 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 04:25 Uhr
Ein Handvoll Dollar reichen in armen Feriendestinationen schon, um sich wie ein Bonze zu fühlen. Leider bekommt das nicht jedem Reisenden gut ...
Foto: Shutterstock
Christian Bauer
Christian BauerReise-Journalist

Luxushotel: ein Meeting im Weinkeller. In meiner Hand halte ich eine unscheinbare Flasche Rotwein. Ihr Wert: 22 000 Franken, ein Kleinwagen. Wer sich den Tropfen leistet, will zeigen, wer der Alpha-Rüde ist.

«Bei diesem Wein geht es nicht um den Genuss, sondern ums Angeben», sagt selbst der Sommelier. Seit seiner Erfindung ist Geld DAS Mittel, um das Ego aufzupolieren – auch beim Reisen. Allerdings genügt in den meisten Destinationen eine Handvoll Dollar, um sich wie Krösus zu fühlen. Leider geht das oft mit einem Verlust des Anstands einher.

Ego für 7 Franken polieren

Szenenwechsel: Eine Hafenkneipe auf den ärmlichen Kapverden. Neben mir zwei Schweizer Pärchen (die Nationalität ist allerdings austauschbar). Man bestellt Fisch und Weisswein. Die junge Serviertochter bringt die Flasche und füllt die Gläser auf. Erste Irritation: Wird hier nicht zuerst probiert?

Man nimmt den ersten Schluck: «Der schmeckt ja fürchterlich!» Der Stimmführer befiehlt dem Mädel, neuen Wein zu bringen. Warum man eine neue Flasche wolle, diese sei ja nicht leer, fragt sie. Man wolle keine neue, man wolle Ersatz. Diesen da werde man nicht bezahlen. Das Mädel ist verstört. Andere Gäste hätten den Wein immer gerne getrunken. Ausserdem: Zwei Flaschen Wein herausgeben und nur eine kassieren, das gehe von ihrem Lohn ab. Das könne sie nicht.

Die Eidgenossen proben den Aufstand. Man habe schliesslich bezahlt und habe ein Recht auf eine neue Flasche. Unter Tränen bringt die Serviertochter einen zweiten Wein. Zufriedene Gesichter am Nachbartisch. Ego poliert – für 7 Franken. Im Wein offenbart sich der wahre Charakter.

So benehmen sich die Horror-Touristen

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Zwei US-amerikanische Touristen an der Bullen-Statue im New Yorker Finanzdistrikt in der Nähe der Wall Street. (Archivbild)
Viele Touristen sind rücksichtslos.
KEYSTONE/AP/KATHY WILLENS

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Zur Person

Im zarten Alter von drei Jahren bestieg Christian Bauer zum ersten Mal ein Flugzeug Richtung Afrika. Erst sieben Jahre später kehrte er wieder in die Heimat zurück. Seitdem faszinieren ihn fremde Kulturen und Länder. Mittlerweile ist aus seiner Reisebegeisterung ein Beruf geworden.

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