Foto: Christian Bauer

Unterwegs auf der Route 66
Roadtrip auf der Strasse der Träume

Die Route 66: Sinnbild für Freiheit, Abenteuer und Vintage-Charme. Ein Roadtrip zurück in die Zeit des Rock’n’Roll. Und zum Motel-Zimmer von Elvis Presley.
Publiziert: 03.11.2017 um 16:48 Uhr
|
Aktualisiert: 04.07.2019 um 15:09 Uhr
Hier kann man seine Träume von Freiheit und Abenteuer noch ausleben: die Route 66.
Foto: Getty Images
Christian Bauer

Wie ein Entsafter quetscht die Hitze den letzten Rest Flüssigkeit aus der Kehle. Ein Höllen-Wind weht Gestrüpp über die Pampa von Arizona. 117 Grad Fahrenheit prangen auf dem Thermometer: 47 gemäss Celsius. Einmal werden wir 53 Grad messen.

Seit Stunden fahren wir schnurstracks geradeaus, und es wird Zeit für einen kalten Drink. In der Ferne entdecken wir ein Motel mit einem Café. Doch anstatt Erfrischung zu finden, faucht uns eine Schlange an, die in den Schatten der Veranda geflüchtet ist. Die Tür ist verrammelt. Das Motel  trägt den passenden Namen «Frontier» – Grenzland.

Die Route 66 ist Sinnbild für Freiheit

Unterwegs sind wir von Albuquerque, New Mexico, durch die grossen Wüsten der USA bis nach Santa Monica, Kalifornien, auf der berühmtesten Strasse des Universums: der Route 66 – Sinnbild von Freiheit, Abenteuer und des amerikanischen Traums vom glücklichen Leben. Und von Oldtimer-Romantik.

Geboren wurde die «US 66» am 11. November 1926, als man bestehende Landstrassen zum ersten Highway der Nation zusammenstückelte: von Chicago durch drei Zeitzonen ins 3940 Kilometer entfernte Santa Monica am Pazifik. Schnell wurde die Ost-West- Verbindung zu einer der wichtigsten Strassen der Vereinigten Staaten. In den 50er- und 60er-Jahren, als die «Mother Road», die Mutter aller Strassen, in Songs, Büchern und TV-Serien Eingang fand, zementierte sich dann endgültig der Status als Legende – und seit jenen Zeiten hat sich im ländlichen Amerika teilweise wenig verändert.

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Das Sands Motel in Grants, New Mexico, ist heute Pilgerziel für Elvis' Fans. Der King hat hier einst geschlafen.
Foto: Christian Bauer

Wir cruisen vorbei an ausgebleichten Werbetafeln für Rasierschaum, den heute niemand mehr kennt, Autofriedhöfen voller Oldtimer und an perfekt konservierten Roadside-Dinern aus der Zeit von Rock ’n’ Roll und Petticoats. Im stylischen Galaxy Diner in Flagstaff, Arizona, dudelt sogar noch die Original-Jukebox vor sich hin. Ebenso kultig wie die 60er-Jahre- Neonschilder, die immer noch flimmern und Reisende anlocken.

Einige der Motels haben die Wirren der Jahrzehnte überlebt. Das Übernachten hier ist ein Muss – auch wenn sich manches Haus über eine Renovierung freuen würde. Der Charme ist so «old school», dass wir vor Entzücken manchmal ausflippen. So wie im Hill Top Motel im Örtchen Kingman, in dem das 60er-Jahre-Telefon noch immer im Zimmer steht – funktionstüchtig. Oder wie vor dem Zimmer Nummer 123 im Sands Motel in Grants, New Mexico. Einst schlief hier der King persönlich: Elvis Presley. Hammer!

Dass so viele Relikte überlebt haben, ist ein Wunder, denn unser Roadtrip ist auch eine Reise der Wehmut. Mit dem Bau der «Interstates », der Autobahnen, wurde 1986 die einspurige Route 66 offiziell eingemottet. Mit ihr starben Tankstellen, Diners und Roadside-Attraktionen, die noch heute im Wüstenwind vor sich hin rotten: Sehnsuchtsorte für Nostalgiker.

Die Route 66 erlebt neuen Boom

Doch seit einigen Jahren erlebt die Route 66 einen Boom, werden zerfallene Motels renoviert und aufgegebene Tankstellen in Cafés umgebaut. Zu Verdanken ist das Revival dem Route-66-Veteran Angelo Delgadillo. Wir treffen den 90-Jährigen, der genau so alt ist wie die Strasse selbst, auf der Veranda seines Hauses im 500-Seelen-Dorf Seligman, etwa auf halber Strecke zwischen Albuquerque und Los Angeles.

«Unser Dorf starb genau am 22. September 1978 um 14.30 Uhr», erzählt der ehemalige Coiffeur bewegt. «Mit der Eröffnung der Interstate kamen keine Kunden mehr ins Dorf. Es gab keine Arbeit mehr. Viele Anwohner sind weggegangen. Aber für mich war das nicht möglich.» Der Staat kümmerte sich kaum um die vergessenen Route-66-Gemeinden. Der Zerfall war vorprogrammiert.

Retter der heutigen Route 66: Angelo Delgadillo kämpfte für die Anerkennung der historischen Route 66 als «State Historic Route».
Foto: Christian Bauer

Damit wollte sich Delgadillo nicht abfinden: Mit Gleichgesinnten kämpfte er jahrelang für die Auszeichnung der Route 66 als «State Historic Route», als Denkmal. Zehn Jahre brauchte der Bundesstaat Arizona, um die Kult-Strasse unter Schutz zu stellen und zu fördern. Die anderen Bundesstaaten folgten. Heute ist die Route 66 ein Pilgerort für Nostalgiker. «Ich danke euch, dass ihr extra aus der Schweiz zu uns kommt. Nur so können wir überleben», freut sich Delgadillo.

Nach durstigen zwei Wochen taucht Los Angeles als grüner Streifen in der Wüste auf. Für die letzten 100 Kilometer bis Santa Monica brauchen wir drei Stunden. Los Angeles und seine Vororte begrüssen uns mit Stau und immergleichen Shopping Malls. Stadt der Sehnsüchte? Nicht für uns: Wir träumen uns zurück in die Nester irgendwo in der Weite von Arizona.

So entdecken Sie Route 66

Hinkommen

Es empfiehlt sich, zum Zielpunkt nach Los Angeles zu fliegen. Hin- und Rückflüge sind meist günstiger als Gabelflüge. Direkt von Zürich nach L.A. fliegt die Swiss. Von Los Angeles empfiehlt sich dann ein Inlandsflug. www.swiss.com

Einreise

Schweizer Bürger benötigen einen gültigen Reisepass und müssen vor der Einreise die elektronische Einreisegenehmigung ESTA vorweisen. Diese muss online mindestens 72 Stunden vor dem Flug eingeholt werden. Sie kostet 14 US-Dollar und muss mit Kreditkarte bezahlt werden. Tipp: Nehmen Sie im Flughafen Los Angeles die Einreise-Automaten. Das erspart lästige Fragen durch die Grenzbeamten. https://esta.cbp.dhs.gov/esta

Reisezeit

Der Südwesten der USA ist eine Ganzjahres-Destination. Im Sommer kann es sehr heiss werden. Tipp: Reisen Sie im Frühling oder Herbst.

Automiete

Eine Automiete ist unkompliziert und günstig. Benötigt werden eine Kreditkarte und ein Schweizer Führerschein. Fahrer müssen mindestens 21 Jahre alt sein. Die günstigsten Angebote gibt es bei einer Onlinebuchung.

On the road

Das Autofahren ist stressfrei, da die Autofahrer rücksichtsvoll sind. Allerdings gilt das nicht für Los Angeles, das die Ausnahme zur Regel darstellt. Unbedingt auf Tempo und Regeln achten: Strafen sind teuer.

Route

Für die beschriebene Route von Albuquerque nach Los Angeles haben wir uns zwei Wochen Zeit gelassen, da es rechts und links der Route 66 viel zu entdecken gibt. Wer es eilig hat, kann die Strecke auch in sieben Tagen abreisen.

Unterkünfte

Es ist nicht nötig, im ländlichen Amerika die Unterkünfte schon vor der Reise zu buchen. Legen Sie ihr Tagesziel spontan fest. Auf dem Land gibt es saubere Motelzimmer für zwei Personen ab 60 US Dollar, in Los Angeles muss man mit 125 US Dollar und mehr rechnen. Hotels sind generell teurer.

Informationsmaterial

Der umfassendste Reiseführer mit Insidertipps ist der «EZ 66 Guide for Travelers» von Jerry McClanahan, den es in Europa nur auf Amazon gibt. Tipp: Bestellen Sie nicht direkt in den USA (Portokosten). www.national66.org

Hinkommen

Es empfiehlt sich, zum Zielpunkt nach Los Angeles zu fliegen. Hin- und Rückflüge sind meist günstiger als Gabelflüge. Direkt von Zürich nach L.A. fliegt die Swiss. Von Los Angeles empfiehlt sich dann ein Inlandsflug. www.swiss.com

Einreise

Schweizer Bürger benötigen einen gültigen Reisepass und müssen vor der Einreise die elektronische Einreisegenehmigung ESTA vorweisen. Diese muss online mindestens 72 Stunden vor dem Flug eingeholt werden. Sie kostet 14 US-Dollar und muss mit Kreditkarte bezahlt werden. Tipp: Nehmen Sie im Flughafen Los Angeles die Einreise-Automaten. Das erspart lästige Fragen durch die Grenzbeamten. https://esta.cbp.dhs.gov/esta

Reisezeit

Der Südwesten der USA ist eine Ganzjahres-Destination. Im Sommer kann es sehr heiss werden. Tipp: Reisen Sie im Frühling oder Herbst.

Automiete

Eine Automiete ist unkompliziert und günstig. Benötigt werden eine Kreditkarte und ein Schweizer Führerschein. Fahrer müssen mindestens 21 Jahre alt sein. Die günstigsten Angebote gibt es bei einer Onlinebuchung.

On the road

Das Autofahren ist stressfrei, da die Autofahrer rücksichtsvoll sind. Allerdings gilt das nicht für Los Angeles, das die Ausnahme zur Regel darstellt. Unbedingt auf Tempo und Regeln achten: Strafen sind teuer.

Route

Für die beschriebene Route von Albuquerque nach Los Angeles haben wir uns zwei Wochen Zeit gelassen, da es rechts und links der Route 66 viel zu entdecken gibt. Wer es eilig hat, kann die Strecke auch in sieben Tagen abreisen.

Unterkünfte

Es ist nicht nötig, im ländlichen Amerika die Unterkünfte schon vor der Reise zu buchen. Legen Sie ihr Tagesziel spontan fest. Auf dem Land gibt es saubere Motelzimmer für zwei Personen ab 60 US Dollar, in Los Angeles muss man mit 125 US Dollar und mehr rechnen. Hotels sind generell teurer.

Informationsmaterial

Der umfassendste Reiseführer mit Insidertipps ist der «EZ 66 Guide for Travelers» von Jerry McClanahan, den es in Europa nur auf Amazon gibt. Tipp: Bestellen Sie nicht direkt in den USA (Portokosten). www.national66.org

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