Es sieht ein bisschen aus wie auf dem Mond, da ist nichts als dunkles Gestein. Warum bloss ist Island eine Traumdestination? Das frage ich mich, während unser Bus in Richtung Süden durch die Öde fährt. Schon beim Einsteigen am Flughafen warnte unsere Reiseführerin, als sie auf eine magere Gruppe Bäume deutete: «Schaut gut hin, das sind vorläufig die letzten, die ihr zu sehen bekommen werdet.»
Die karge und so komplett andere Schönheit der Vulkaninsel aus Feuer und Eis muss man sich verdienen. Zur Begrüssung wird man von den Elementen erst mal so richtig durchgepustet: Da ist der Wind, der einem wie ein eiskalter Föhn ins Gesicht bläst, der Regen kommt wie eine waagrechte Dusche entgegen. Mir geht das Herz zum ersten Mal auf, als ich über das dicke Fell eines Islandpferds streichle. Und wenn sich dann noch die Wolken lichten und sich ein Regenbogen über die gigantische Naturkulisse aus dunklem Lavagestein und leuchtend grünem Moos legt, zeigt sich der Zauber Islands. Sechs Gründe, warum sich die Reise ins Land der Elfen und Trolle lohnt.
Lava im Flow
Island ist ein heisses Pflaster: 130 Vulkane gibt es auf der Insel, etwa 30 davon sind aktiv. Denn die Insel liegt genau auf der Kluft zwischen der eurasischen und nordamerikanischen Kontinentalplatte, die driftet jährlich zwei Zentimeter auseinander. Zu spüren ist davon nichts, bis einer der Vulkane ausbricht. So aktuell der Fagradalsfjall, der genau über der Plattengrenze verläuft. Es ist der dritte Ausbruch innert dreier Jahre in der Nähe der Hauptstadt Reykjavík. Die glutrote Lava fliesst nach einem Kratereinbruch wie eine Flutwelle über einen Hunderte Meter langen Erdspalt auf die moosbedeckte Landschaft. Vor Wanderungen und den Gefahren in der Umgebung der Lava wird von den Behörden eindringlich gewarnt. Wer ganz aus der Nähe erleben will, wie sich 1100 °C heisses, glutrotes Gestein anfühlt und ausschaut, kann das in der Live-Lavashow im Süden der Insel in Vík tun. Während die Lava in den Zuschauerraum fliesst, kann man dazu gemütlich ein Bier trinken und sich dabei aufwärmen.
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Packende Wellen
Nie dem Meer den Rücken zudrehen, sonst könnten die Wellen zupacken! Am berühmten schwarzen Sandstrand an der Südküste ist es im Sommer auch abends um 23 Uhr noch hell, dennoch lauert die Gefahr. Ein Warnschild macht auf die Sneaker Waves (besonders grosse Küstenwellen) aufmerksam, trotzdem erwischt es immer wieder Touristen, die sich zu nahe ans Wasser wagen. Der Atlantik fällt hier so steil ab, dass es keine Rettung mehr gibt. Noch kann dieser wilde Ort voller dramatischer Schönheit ohne Einschränkungen besichtigt werden. Der dunkle Strand diente schon mehrfach als Filmkulisse – so auch für «Games of Thrones». Wie so oft in Island gibt es für die Entstehung der eindrücklichen Landschaft eine mystische Geschichte. So seien die Reynisdrangar-Spitzen, die aus dem Atlantik ragen, aus dem Kampf von zwei Trollen entstanden – bei Tageslicht verwandelten sie sich zu Stein.
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Grosse Fische
Die isolierte Lage macht Island zu einem Land der Extreme, das prägt auch die Essgewohnheiten. Fisch gibt es mehr als genug, anderes muss importiert werden. Inzwischen wachsen Tomaten, Gurken und Salat aber auch in Gewächshäusern, die klimaneutral mit Geothermie betrieben werden. Das macht erfinderisch, sogar Brot wird 24 Stunden im warmen Vulkanboden gebacken. Auf Slow Food und lokale Küche setzt auch Gísli Matt, er gehört zu den kreativen Köpfen der jungen Kochelite in Island. Er stammt ursprünglich von Vestmannaeyjar, einer kleinen Vulkaninsel südwestlich von Island mit gut 4300 Einwohnern. Dort betreibt er seit 2012 mit seinen Eltern und einer Schwester das Restaurant Slippurinn, was so viel wie Bootsrampe bedeutet. Angst vor grossen Fischen sollte man allerdings nicht haben – Höhepunkt des Gourmet-Menüs ist ein caramelisierter Kabeljau-Kopf, dafür sind dann auch die Bäggli besonders gross.
slippurinn.com
Pferde zum Streicheln
Sie sind kleine, robuste Kraftmaschinen mit geschmeidigem Gang: Islandpferde – bitte niemals Pony nennen! Sie locken vor allem weibliche Reisende nach Island, und manche von ihnen bleiben sogar für immer. So Luka Dreiner aus Köln (D), die sich nicht nur in die Pferde, sondern auch in einen Isländer verliebt hat. Zusammen mit Andrés Magnússon führt sie im Norden die Pferdefarm Helluland. Wer einmal über das dichte Fell eines Islandpferds streichelt, versteht, warum man sein Herz an die Tiere verlieren kann. Sie sind nicht nur kuschlig, manche zeigen sich so zutraulich wie ein Büsi. Selbst als Anfänger fühlt man sich auf dem breiten Rücken der Tiere beim Ausritt sicher. Sie zeigen keine Nervosität und trotzen auch dem härtesten Wind mit stoischer Ruhe. Das Besondere an den Islandpferden: Sie beherrschen bis zu zwei Gangarten mehr als viele ihrer langbeinigen Artgenossen. Der Tölt ist ein geschmeidiger Gang, bei dem immer mindestens zwei Hufe am Boden sind. Damit geht es für Reiter und Pferd auch im unwegsamen Gelände über Stock und Stein.
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Wal in Sicht
Nur 100 Kilometer vom Polarkreis liegt quasi die Hauptstadt des Nordens Akureyri. Es ist der Ausgangspunkt, um Buckelwale im längsten Fjord der Insel zu beobachten. Die Chance, einen der mächtigen Meeressäuger zu erblicken, liegt laut den Veranstaltern bei 90 Prozent. Besonders nahe kann man den Walen auf einem RIB-Boot kommen. Also einem Schlauchboot, das so umgebaut ist, dass man angeschnallt auf Stehsitzen übers Wasser flitzt – ein bisschen wie auf einer Chilbi-Bahn. Allerdings lassen die Wale bei unserem Ausflug auf sich warten, erst nach einer Stunde erspähen wir einen, als er zum Luftholen einen eleganten Bogen über der Wasseroberfläche zieht, bis nur noch die Schwanzflosse zu sichten ist. Wer nicht nur Wale, sondern auch das schönste Fischerdorf der Nordküste sehen will, fährt eine Stunde weiter bis Húsavík, der «Whale-Watching-Hauptstadt Europas». Dabei lohnt sich auch der Besuch im Walzentrum, wo ein riesiges Blauwal-Skelett ausgestellt ist.
whalewatchingakureyri.is
Heisse Quellen
Isländer sind hartgesotten, sie spazieren in Sandalen rum, wenn uns die Zehen abfrieren. Trotzdem: Warme Sommerabende, an denen man in einem leichten Kleid draussen sitzen kann, gibt es nicht – die Temperatur steigt nie über 20 Grad. Auch hier kommt den Bewohnern die vulkanische Aktivität zu Hilfe, das Grundwasser wird erhitzt und steigt als natürliche heisse Quelle an die Oberfläche. Geysire spritzen teils siedend heisses Wasser in die Luft. Baden kann man in überall in den Thermalpools. Dazu gehört die Forest Lagoon, das Besondere daran: Das Spa ist mitten in einem Wald angelegt. Eine Seltenheit in Island, dessen Fläche nur zu zwei Prozent bewaldet ist. Vom Infinity-Pool aus blickt man auf Akureyri und den Fjord. Anders als in Spas bei uns herrscht hier nicht etwa meditative Stille. Im Gegenteil, an beiden Enden des Pools ist eine Bar, es gibt Tischli für die Drinks, und abends spielt eine Band. Dazu wird im 40 Grad warmen Wasser mitgeschunkelt und mitgesungen.
forestlagoon.is
Edelweiss fliegt dreimal wöchentlich nach Reykjavík/Keflavík und neu noch bis Ende August nonstop in den Norden nach Akureyri. Die Reise wurde unterstützt von Visit South Iceland, Visit North Iceland und Edelweiss.