Nach einstündiger Wanderung erreichen wir das Waldkloster Kyant Ni hoch über dem Inle Lake. Ein Summen gemurmelter Gebete hängt in der Luft. Dann ertönt ein Gong und von überall her strömen rotgekleidete, kahlgeschorene Mönche über den Innenhof zum hölzernen Esssaal. Aus einem grossen Kupferkessel schöpft ein Novize Reis in Opferschalen. Es fällt kein Wort, nur Vogelgezwitscher und Grillengezirpe sind zu hören.
Schweigend nehmen knapp 60 Mönche und Novizen ihr Mittagessen ein. Die Situation hat etwas Magisches, wunderbar Friedvolles. Etwa 90 Prozent der Burmesen sind Buddhisten und jeder buddhistische Junge sollte zur Lebensschulung mindestens ein paar Monate in einem Kloster verbringen, erklärt man uns. Manch einer bleibt ein Leben lang.
So wie Mönch Sanda Joti, dessen Name «Licht des Mondes» bedeutet. Er führt uns nach dem Essen zum Meditationszentrum am höchsten Punkt des Klosters. Die Sicht von hier auf den lang gestreckten Inle Lake ist traumhaft. Bougainvillea-Sträucher und feuerrot blühende Bäume umranken den weiss gestrichenen Tempel. Der ideale Platz, um in die Geheimnisse der Meditation eingeweiht zu werden.
Nach der Einführung durch Lehrer Sanda setzen wir uns im Lotussitz vor eine Buddhastatue, sollen uns treiben lassen, eins werden mit dem Hier und Jetzt, jedes Gefühl für Raum und Zeit vergessen. So wäre es zumindest gedacht. Mein Hirn aber spielt mir einen Streich, hüpft von einem Gedanken zum anderen. Nach einer Viertelstunde schmerzt der Rücken. Die Konzentration fällt mir schwer. Da wartet wohl noch viel Arbeit auf mich.
Die erhoffte innere Ruhe kommt – ganz unerwartet – einige Tage später. Gerade habe ich zum Gebimmel von zahllosen Tempelglöckchen die oberste Plattform der Shwesandaw Pagode in Bagan erklommen, erwische das letzte Licht des Sonnenuntergangs und werde gänzlich sprachlos ob der Aussicht, die sich mir bietet. Tempel soweit das Auge reicht.
Über 2000 meist ziegelrote Tempelanlagen liegen mir in der sandigen Ebene zu Füssen. Die meisten stammen aus dem 11. bis 13. Jahrhundert, sind erstaunlich gut erhalten. Im Hintergrund erstreckt sich eine majestätische Hügelkette. Als dann ein Ochsenkarren durch die Szenerie fährt und eine kleine Staubwolke hinter sich aufwirbelt, ist das Bild perfekt. Die meditative Stimmung stellt sich von alleine ein und ich versinke dankbar in einen Moment vollständiger Ruhe.