Matschige Fussabdrücke bestimmen in Kanada die Grenze zwischen Begeisterung und Euphorie – und sorgen für schlotternde Knie. Die Tatze eines Grizzlybären prangt vor mir auf dem Wanderweg, handtellergross und kaum eine halbe Stunde alt. Ich bin elektrisiert: Insgeheim hoffe ich auf die Begegnung mit dem König der kanadischen Wildnis.
Aber so nah? Lieber nicht. Ausser mir ist keine Menschenseele unterwegs; etwa zwei Wanderstunden sind es bis zum Auto und weitere 40 Minuten Fahrt bis zum Handyempfang – keine gute Voraussetzung, den Helden zu spielen. Also rufe ich in den Wald und künde mein Kommen an. Bären trollen sich ins Unterholz, wenn sie vorgewarnt werden – behauptet die Theorie.
Kanadas Westen in ein Besuchermagnet
Unterwegs bin ich in den Trophy Mountains im Wells Gray Provincial Park im Osten der Provinz British Columbia: eine Wildnis in der Grösse des Kantons Wallis, die herrlich abseits der Touristenmassen liegt. British Columbia ist der grösste Publikumsmagnet Kanadas. 5,5 Millionen Touristen kamen im letzen Jahr, davon 30 000 aus der Schweiz. Die Gründe liegen auf der Hand. Die Multi- kulti-Stadt Vancouver, die wilde Pazifikküste, die Weinbaugebiete im Okanagan Valley und die Rocky Mountains bieten viel Abwechslung und Abenteuer.
Und doch fühlt sich Kanada in der Hauptreisezeit zuweilen überfüllt an. Denn die meisten Touristen haken die gleichen Ziele ab: das Olympia-Skiresort Whistler, das Surfstädtchen Tofino und den Banff und Jasper Nationalpark, kurz hinter der Grenze zur Provinz Alberta. Doch es gibt Alternativen. British Columbia ist 23-mal grösser als die Schweiz – bei der Hälfte der Einwohner. Da bleibt viel Platz für Wildnis. Sehr viel.
Der Wells Gray Park ist ein Schmuckstück ohne Touristenmassen
15 Prozent der Landfläche sind von insgesamt 1029 Naturparks geschützt; jeder davon ein Schmuckstück Der Wells Gray Park ist so ein Beispiel. Nur ein Bruchteil der 5400 Quadratkilometer sind erschlossen, der Rest sind unberührte Wälder bis zum Horizont. Zwar fehlen hier die Superlativen der touristischen Hotspots, ein Stop für ein paar Tage lohnt jedoch vielleicht gerade deswegen. Der Tourismus kommt hier nämlich herrlich unaufgeregt und «handgemacht » rüber – kein Luxushotel und keine Funpark weit und breit.
Und im Städtchen Clearwater, dem Gateway zum Park, weht noch der Flair des harten kanadischen Baumfällerlebens, das ähnlich wie das Sennentum in der Schweiz stark das Selbstverständnis prägt. 40-Tönner mit Mammutstämmen stehen vor den Roadside-Dinern, in den Tankstellen stapeln sich Heftchen über Motorsägen, und in den Bars bechern Raubeine, die kein Bär erschrecken kann.
Und Abenteuer erlebt man schon beim kleinsten Spaziergang: Die häufigen Schwarzbären trifft man manchmal sogar auf dem Weg vom Pub zum Auto. In meinen zwei Wochen in der Region werde ich insgesamt 14 der herzigen Fellknäule sehen. «Hier gibts genauso viele Bären wie Füchse», erzählt man sich. Zudem sieht man Elche, Hirsche und Weisskopfseeadler – so viele, dass man irgendwann das Zählen aufgibt.
In British Columbia leben etwa 150 000 Schwarzbären und 15 000 Grizzlybären. Beide Arten vermeiden den Kontakt mit Menschen. Kommt es zu einem Unfall, liegt das an falschem menschlichem Verhalten. Folgendes sollte man beachten:
- Immer ein Bärenspray am Gürtel tragen. Der starke Pfefferspray vertreibt die Tiere.
- Seien Sie beim Wandern laut, Bären gehen dem Menschen aus dem Weg.
- Wandern Sie in kleinen Gruppen (und nicht alleine, wie der Autor dieses Textes).
- Treffen Sie auf einen Bären, bleiben Sie ruhig und holen den Spray aus der Halterung.
- Hat er Sie nicht gesehen, beobachten Sie kurz und gehen dann leise zurück.
- Hat er Sie wahrgenommen, bleiben Sie stehen, machen Sie sich gross und sprechen ruhig auf das Tier ein. Keine hektischen Bewegungen, keine Schreie. Niemals wegrennen! Gehen Sie langsam rückwärts. Er soll merken, dass Sie keine Gefahr sind.
- Kommt der Bär aggressiv auf Sie zu, bleiben Sie unbedingt stehen (!!), vermeiden Sie Augenkontakt, halten Sie den Spray vor sich (erst einsetzen, wenn das Tier auf etwa 7 Meter herangekommen ist). Bleibt der Bär stehen, gehen Sie zurück.
- Greift der Bär an, legen Sie sich breitbeinig auf den Bauch, Arme über Kopf und Genick, stellen Sie sich tot. Der Bär verliert schnell das Interesse und geht – sie stehen nicht auf seinem Speisezettel!
Erkundigen Sie sich vor Ort nochmals über die Verhaltensregeln und lassen Sie sich den Gebrauch des Sprays zeigen.
Wichtig: Es gibt keinen Grund, «Angst» vor der unbändigen kanadischen Natur zu haben! Geniessen die tollen Erlebnisse!
In British Columbia leben etwa 150 000 Schwarzbären und 15 000 Grizzlybären. Beide Arten vermeiden den Kontakt mit Menschen. Kommt es zu einem Unfall, liegt das an falschem menschlichem Verhalten. Folgendes sollte man beachten:
- Immer ein Bärenspray am Gürtel tragen. Der starke Pfefferspray vertreibt die Tiere.
- Seien Sie beim Wandern laut, Bären gehen dem Menschen aus dem Weg.
- Wandern Sie in kleinen Gruppen (und nicht alleine, wie der Autor dieses Textes).
- Treffen Sie auf einen Bären, bleiben Sie ruhig und holen den Spray aus der Halterung.
- Hat er Sie nicht gesehen, beobachten Sie kurz und gehen dann leise zurück.
- Hat er Sie wahrgenommen, bleiben Sie stehen, machen Sie sich gross und sprechen ruhig auf das Tier ein. Keine hektischen Bewegungen, keine Schreie. Niemals wegrennen! Gehen Sie langsam rückwärts. Er soll merken, dass Sie keine Gefahr sind.
- Kommt der Bär aggressiv auf Sie zu, bleiben Sie unbedingt stehen (!!), vermeiden Sie Augenkontakt, halten Sie den Spray vor sich (erst einsetzen, wenn das Tier auf etwa 7 Meter herangekommen ist). Bleibt der Bär stehen, gehen Sie zurück.
- Greift der Bär an, legen Sie sich breitbeinig auf den Bauch, Arme über Kopf und Genick, stellen Sie sich tot. Der Bär verliert schnell das Interesse und geht – sie stehen nicht auf seinem Speisezettel!
Erkundigen Sie sich vor Ort nochmals über die Verhaltensregeln und lassen Sie sich den Gebrauch des Sprays zeigen.
Wichtig: Es gibt keinen Grund, «Angst» vor der unbändigen kanadischen Natur zu haben! Geniessen die tollen Erlebnisse!
Grizzlys streifen durch die Landschaft
An den Bergflanken streifen Vielfrasse und die seltenen Grizzlys durchs Gebüsch. Und dann gibt es da noch den Wolf, mit dem ich abends Gassi gehe. Auf der Rinderranch, auf der ich mir ein Blockhäuschen gemietet habe, sorgt der schneeweisse (und zahme) Wolf für Recht und Ordnung. «Manchmal sitzen bei mir drei Bären in den Apfelbäumen, und ein Wolfsrudel pirscht über die Weiden, da brauche ich einen eindrücklichen Wachhund», so Lars, der Farmer.
Was in der Schweiz Angstschübe und Proteste auslösen würde, ist hier Alltag. «Man muss einfach wissen, wie man mit den Wildtieren zusammenlebt. Dann ist das kein Problem.» Aus geplanten drei Tagen wird schlussendlich eine Woche. Ich wandere zu den Wasserfällen, für die der Park berühmt ist, versuche mich im Fliegenfischen und reite auf einem Westernpferd durch die Landschaft – ein Gefühl wie zu Zeiten, als Pioniere auf der Suche nach Gold und Glück das wilde Land eroberten.
Und ich marschiere zu den Blumenwiesen in alpinem Gelände (manche Berge kratzen knapp an 3000 Meter) – angespornt durch die irrwitzige Hoffnung, auf Grizzlybären zu treffen, die sich jetzt Anfang Juli an den Blumen sattfressen. Mehr als den Tatzenabdruck bekomme ich allerdings nicht zu Gesicht – wahrscheinlich besser so, mutterseelenallein in der Wildnis.
Informationen
Hinkommen: Edelweiss Air fliegt in der Touristensaison vom Mai bis September von Zürich direkt nach Vancouver. www.flyedelweiss.com
Reinkommen: Vor der Einreise müssen Schweizer und EU-Bürger eine elektronische Einreisegenehmigung einholen. Die Beantragung des ETA geht schnell und kostet 7 kanadische Dollar. Es wird zudem ein Reisepass benötigt. www.canada.ca
Rumkommen: Ohne Mietwagen geht nichts in Kanada. Miete Sie das Auto vor der Reise online (oder im Reisebüro). Das ist um einiges günstiger als direkt vor Ort. Eine Vollkasko ohne Selbstbehalt lohnt den Aufpreis: Bei den vielen Naturstrassen kommt es leicht zu Schäden am Blech oder der Windschutzscheibe.
Reisezeit: Die Saison in British Columbia geht von Mai bis September.
Informationen: www.hellobc.com
Erlebnisse im Wells Gray Park
Westernreiten: Die Österreicherin Ursula Johnson bieten mit ihrem Mann verschiedene Ausflüge auf Westernpferde an. Diese reichen von ein paar Stunden bis zu dreitägigen Übernachtungstracks. Für das Reiten sind keine Vorkenntnisse nötig. www.westernriding-bc.com.
Mehrtageswanderungen: Der Wells Gray Park ist einer der wenigen Orte, wo man im Westen Kanadas geführt von Hütte zu Hütte wandern kann. Die Hütten gehören zu «Wells Gray Adventures», die 3 bis 5-tägige Wanderungen anbieten. www.skihike.com
Fliegenfischen: Der passionierte Angler Elia bietet Schnupperkurse im Fliegenfischen für einen halben oder ganzen Tag an. www.littlefort.com
Übernachten: In und um den Park gibt es einige Campingplätze und Zimmer auf Ranches. Auf der Nakiska Ranch kann man Doppelzimmer und Holzhütten mieten (und einen Wolf streicheln), auf Wunsch mit Halbpension. www.nakiskaranch.com