Es ist genau 6.19 Uhr und am Horizont verfärben sich die Wolken dunkelorange. Ein Raunen geht durch die frierende Menge, die in Bettüberwürfen und Regenjacken auf dem Gipfel des Haleakalā stehen und auf den Sonnenaufgang warten. Alle hier sind mitten in der Nacht aufgestanden, um zu sehen, was Mark Twain irgendwann einmal als das «erhabenste Schauspiel, das ich je gesehen habe» bezeichnet haben soll. Mein Herz nimmt tatsächlich kurz einen Gump, als ich im windgeschützten Visitor’s Center zwischen zwei Japanerinnen einen Sonnenstrahl erspähen kann.
Während das Spektakel sein Gesicht in ein warmes Morgenrot taucht, stempelt mein eben noch schlotternder Sohn fröhlich vor sich hin. Er hat ein Blöckli entdeckt, gedacht als Souvenir, auf das man das aktuelle Datum stempeln kann. Während draussen majestätisch die Sonne aufgeht, werkelt er sich durch den kompletten Block. So what, der Kleine soll ja auch etwas von unserem Ausflug haben (am Abend kommt das Fazit: das sei cool gewesen, das mit dem Stempeln da auf dem Berg).
Derweil halte ich mein Töchterli wie ein Footballspieler sein Ei vor dem Touchdown, nur das mein Ei sich wehrt und windet und wie meistens nur eins will: zum Papi. Der ist draussen und macht Fotos - ich kann meinen Twain-Moment also noch nachholen.
Was das Label «cool» erhält ist tagesabhängig und kann nicht artikuliert werden. Manchmal sind die grossen Hits nicht jene, die wir als solche vermutet und geplant haben: Eine überlebensgrosse Minnie Mouse veranlasste beispielsweise unser sonst so xenophobes Töchterli dazu, vor Freude quietschend von meinem Schoss zu hüpfen und mit Gusto in die schwarze Minnienase zu beissen. Der Sohn hingegen, ein bisschen starstruck und überfordert von soviel Prominenz, wollte lieber seinen Nuggi als ein Foto mit der Maus.
Jeder Tag ist ein neuer Kompromiss, ein individuelles Abenteuer mit variablem Spassfaktor für uns alle - aber ein bisschen muss sein. Und genau so soll eine Reise sein. Wir reisen nicht für die Kinder, sondern mit ihnen, als Familie.
Die bisherigen Top 3 der Kinder, die auch uns Spass gemacht haben:
- Der Zebrahai und die Quallen im Waikiki Aquarium.
- Strand - irgendwo. Mit kleinen Wellen, die keine Angst machen. Zum Beispiel im Mokapu Beach Park auf Maui.
- Ein Spielplatz - irgendwo. Zum Beispiel den im Swanzy Beach Park auf Oahu, vis-à-vis gelegen von einem feinen BBQ-Grill.
Andrea Jansen twittert und instagramt als @jansenreistrum.