Istanbul – ein Name, der nach Abenteuer klingt, nach Geheimnissen und orientalischen Sinnesfreuden. Zwölf Millionen Besucher pilgern jedes Jahr an den Bosporus, jene schmale Furche zwischen Europa und Asien. Und allesamt erliegen sie den wollüstigen Geschichten aus den Harems der Sultane, den unsagbaren Schönheiten der osmanischen Moscheen und dem psychedelischen Chaos des Grossen Basars.
Die traditionellen Top-Spots in Istanbul
Die traditionellen Top-Spots wie die Blaue Moschee oder der Basar sind natürlich ein Must für all jene, die zum ersten Mal in der 13-Millionen-Metropole sind. Doch es gibt neben dem touristisch-osmanischen auch ein anderes Istanbul – und das findet sich zwischen Fähranlegern, Werkstätten und leer stehenden Häusern.
Karaköy - In-Viertel der Stadt
«Geh nach Karaköy!», raunen Designer, Architekten und Simitverkäufer auf meine Frage, was man in Istanbul unbedingt sehen muss. Halbmondförmig unterhalb des Galata-Turms am Bosporus liegt das neue Trendviertel. Ich mache mich auf den Weg, noch mit den Eindrücken der osmanischen Pracht im Gepäck.
Doch was mich hier erwartet, ist eine andere Welt, ein knisternder Mix aus Verfall und Auferstehung. Aus dem einst verruchten Quartier für malochende Hafenarbeiter mit seinen schmutzigen Werkstätten und Bordellen ist ein Ort der Hippen und Schönen geworden, die den altgedienten Vergnügungsorten Beyoğlu und Cihangir überdrüssig geworden sind.
Das Face- und Imagelifting verdankt der Istanbuler Stadtteil der inspirierenden Power junger Kreativer, welche verlassene Handwerksbetriebe in gestylte Cafés verwandeln. Wo einst Hämmer dröhnten, erklingen heute jazzige Saxophon- und Chill-out-Töne und verpassen dem Quartier seinen ganz eigenen Herzschlag.
Dennoch: Karaköy ist noch nicht zu Tode designt, besitzt nach wie vor einen rauen Arbeitercharme. Zwischen den Cafés und abbruchreifen Häusern wird Bootszubehör verkauft, während selbständige Handwerker ihrem Gewerbe nachgehen. «An manchen Stellen ist Istanbul völlig runtergekommen», sagt Architekt Erdoğan Altındiş. «Das fördert kreatives Potenzial. Hier kann man sich vom westlichen Ordnungswahn befreien.» Stimmt, der Cocktail aus Trend und Trödel ist herrlich erfrischend.
Zum Beispiel im Café Karabatak unweit des Bosporus: Zwischen grobem Industriechic und urbaner Loungekultur nippt man hier Iced Americano und schnabuliert leichten Ruccola-Salat. Die unverputzten Wände sind aufgepeppt mit farbenfrohen Details und eleganten Holzmöbeln. Vor der Theke steht ein gelber Traktor – Spielereien kreativer Köpfe. Personal und Kundschaft sind jung, teilweise extravagant und definitiv chic.
Ausgehen in Istanbul
Wer in Istanbul ausgeht, zeigt sich in seinen besten und hipsten Klamotten. Stundenlang verbringen die Istanbuler in den neuen Cafés ihre Freizeit. Keyif nennen sie das, genüssliches Relaxen mit guten Freunden bei Caffè Latte und Co. Traditionellerweise wäre Çay, der süsse Schwarztee, das klassische Keyif-Getränk. Doch der neue Hype der jungen Hipster ist Kaffee in allen erdenklichen Variationen. Nicht türkischer Kaffee, diese schlammig-schwarze Masse, welche die Kehle wie Hustensaft herunterrinnt, sondern Kaffeekreationen à la Starbucks.
«Das Motto heisst: je exotischer, desto besser», sagt Designerin Özlem Tuna, die im neuen Designviertel Inspiration für ihre Kollektionen findet.
Nebst den unzähligen Cafés haben sich im neuen Trendquartier auch Gourmetrestaurants mit Blick auf den Bosporus und rhythmus-heisse Clubs angesiedelt. Nachts wummert es in Karaköy wie in St-Tropez oder Ibiza. House-Beats wehen durch die labyrinthischen Gassen und mischen sich mit dem allgegenwärtigen Kreischen der Möwen.
Der neuste Star unter den Bar-Club-Hybriden ist Gaspar: hohe Wände, elegantes Loungedesign und Cocktails, die kaum besser sein könnten. Die Tanzfläche ist klein. Doch das macht angesichts des milden Istanbuler Klimas nichts: Hier feiert man drinnen wie draussen. Auf Strassen, deren alte Patina von Graffitikünstlern mit Spraydosen aufgepeppt wurde, Openair-Kunst findet sich allenthalben.
Zeitgenössische Kunst in der antiken Stadt
Überhaupt hat die 3000-jährige Stadt mit ihrem Überfluss an Geschichte ein Faible für zeitgenössische Kunst entdeckt. So gibt es in Karaköy gleich zwei der sehenswertesten Art-Spaces der Stadt. Im mondänen Gebäude der früheren Ottoman Bank zeigt die Kulturinstitution Salt Galata die Werke aufstrebender Künstler. Und das in einer ehemaligen Lagerhalle gelegene Museum für zeitgenössische Kunst, das Istanbul Modern, ist nicht nur Museum, sondern dient auch als Begegnungszentrum, Design-Boutique und – logisch – als Café.
Und da Istanbul seit seiner Gründung im Aufbruch ist, schweben schon jetzt dunkle Wolken über dem kreativen Flair Karaköys: Neue Überbauungs- und Verschönerungsprojekte, die den jetzigen Charme stören würden, werden bei Planern und Politikern heftig diskutiert. Also, nichts wie hin: Jetzt erlebt man noch die zauberhafte Aufbruchstimmung.
Die Schmuck- und Porzellandesignerin Özlem Tuna über Istanbul als Inspirationsquelle.
Istanbul ist ein Hotspot für Designer. Warum?
Für Kreative ist Istanbul ein Glücksfall. Die Stadt ist voller Energie, chaotisch und ständig in Bewegung. Junge Designer holen sich ihre Inspiration aus einer reichen Geschichte und einer Vielfalt verschiedener Kulturen.
Was inspiriert Sie?
Mich faszinieren die grossen Gegensätze Istanbuls, die hier nebeneinander existieren: Natur und Struktur, Sauberkeit und Dreck, Armut und Reichtum, Geschichte und Modernität.
Haben Sie Materialien mit denen Sie speziell gerne arbeiten?
Ja natürlich. Teig und Ton. Aus beiden kann man wichtige und schöne Dinge herstellen, dabei vermischt sich Funktion und Kunst.
Gibt es einen neuen Design-Trend in Istanbul?
Da einige populäre TV-Serien in der osmanischen Ära spielen, sind vor allem beim Schmuck- und Homeware-Design Anklänge an die osmanische Formensprache, Elemente aus der Kaligraphie und den reichen Pflanzenmustern sehr trendy. Dies wird dann frech gemixt mit mitteleuropäischen Stilmitteln, zum Beispiel mit einer klaren und reduzierten Linienführung.
Wo kann man geschmackvollen Schmuck und Kleider kaufen?
Ich bewundere die Schmuckdesignerin Selda Okutan in Karaköy, die einen ausgeprägten, eigenen Stil hat. Kleidung kaufe ich gerne bei Derishow, die ausgefallene, aber stilvolle Kollektionen haben.
Die Schmuck- und Porzellandesignerin Özlem Tuna über Istanbul als Inspirationsquelle.
Istanbul ist ein Hotspot für Designer. Warum?
Für Kreative ist Istanbul ein Glücksfall. Die Stadt ist voller Energie, chaotisch und ständig in Bewegung. Junge Designer holen sich ihre Inspiration aus einer reichen Geschichte und einer Vielfalt verschiedener Kulturen.
Was inspiriert Sie?
Mich faszinieren die grossen Gegensätze Istanbuls, die hier nebeneinander existieren: Natur und Struktur, Sauberkeit und Dreck, Armut und Reichtum, Geschichte und Modernität.
Haben Sie Materialien mit denen Sie speziell gerne arbeiten?
Ja natürlich. Teig und Ton. Aus beiden kann man wichtige und schöne Dinge herstellen, dabei vermischt sich Funktion und Kunst.
Gibt es einen neuen Design-Trend in Istanbul?
Da einige populäre TV-Serien in der osmanischen Ära spielen, sind vor allem beim Schmuck- und Homeware-Design Anklänge an die osmanische Formensprache, Elemente aus der Kaligraphie und den reichen Pflanzenmustern sehr trendy. Dies wird dann frech gemixt mit mitteleuropäischen Stilmitteln, zum Beispiel mit einer klaren und reduzierten Linienführung.
Wo kann man geschmackvollen Schmuck und Kleider kaufen?
Ich bewundere die Schmuckdesignerin Selda Okutan in Karaköy, die einen ausgeprägten, eigenen Stil hat. Kleidung kaufe ich gerne bei Derishow, die ausgefallene, aber stilvolle Kollektionen haben.