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Unterwegs im Tessin
Mit der Lizenz zum Meckern

Das Tessin – Sonnenstube, Wanderparadies und Genuss-Hotspot. Wer durch die Lande wandert, entdeckt kulinarische Schatzkästchen voller Tradition. Zu Besuch auf der Alp Odro im Verzascatal, wo der Ziegenkäse nach Alpenwiese schmeckt.
Publiziert: 09.07.2019 um 08:40 Uhr
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Aktualisiert: 09.07.2019 um 11:49 Uhr
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Panoramablick und feiner Geisschäs: Auf der traditionell geführten Maiensäss erlebt man das Tessin von seiner schönsten Seite.
Christian Bauer

Olga bockt. Der zotteligen Dame ist es zu heiss, hier oberhalb des Verzascatals auf der Sonnenseite des Tessins. Eigentlich sollte sie mit ihren Kollegen auf der Wiese herumtollen, stattdessen drückt sie sich in die Kühle der alten Steinhäuser.

Olga ist eine Geiss der Rasse «Nera Verzaca», die perfekt an das Leben im Gebirge angepasst ist, widerstandsfähig und zäh – aber Hitze ist nicht ihr Ding. «Wir werden bald den Rhythmus der Geissen umstellen. Dann gehen sie nachts raus und verbringen den Tag im kühlen Stall», sagt Tobias Bührer (47), Selfmade-Ziegenhirt auf der Alp Odro oberhalb des Dorfes Vogorno.

Odro ist nur zu Fuss zu erreichen

Erst vor zwei Jahren hat Bührer das traditionelle Maiensäss übernommen. Er, der gelernte Schlagzeuger aus dem Unterland, für den es Zeit war, das Leben umzukrempeln. «In Winterthur war mir das Leben schlichtweg zu eng.»

Eng, das ist der neue Lebens- und Arbeitsplatz nun wirklich nicht. Denn von der grossen Alpenwiese auf etwa 1200 Metern geht der Blick weit über den Lago Maggiore bis hinüber nach Italien. Unten am Fusse des Tals schimmert der Stausee, an dessen Mauer sich schon James Bond in die Tiefe stürzte.

Den Blick muss man sich allerdings hart erarbeiten – Odro ist nur zu Fuss zu erreichen. Vom Örtchen Vogorno geht es stramme zwei Stunden den Berg hoch. 700 Höhenmeter sind zu überwinden durch schönste Tessiner Berg- und Waldlandschaft. Kapellen stehen am Wegesrand, manchmal huscht eine Gämse über den Weg und wimmeln die Zauneidechsen.

Chäsen will gelernt sein

Auch wenn der Begriff abgenutzt ist: Man möchte das Fleckchen Erde ein Paradies nennen. Hektisch wird es jenseits jeglichen Zivilisationsstresses freilich auch ab und an. Wie gerade jetzt, als die beiden Ferienesel Schatten suchen und in den Stall gebracht werden müssen, Hofhahn Caruso eine Erziehungslektion braucht, da er dem Besuch auf den Schuhen rumhackt, und die Glocke wild läutet, weil es einer Gruppe Wanderer nach Erfrischung dürstet. «Wir sind nur wegen des Ziegenkäses hochgewandert», sagt das rüstige Rentnerpärchen aus Deutschland. «Wir waren vor 15 Jahren schon mal hier.» Mittlerweile hat der Besitzer zwar gewechselt, der Ziegenkäse überzeugt die beiden dennoch: «Es schmeckt genau so gut wie in unserer Erinnerung.»

Über die Wertschätzung freut sich Bührer, denn der Musiker hatte bis vor zwei Jahren, als er mit seiner Lebensgefährtin Franziska Oertle (46) in die Tessiner Bergeinsamkeit zog, keine Ahnung vom Geissenhüten und vom Chäserhandwerk. Das Chäsen hat der «Macher», wie er sich selbst bezeichnet, während sieben Monaten bei einem professionellen Käser gelernt.

Die Anfänge waren allerdings alles andere als leicht. «Meine ersten Käse sind total misslungen. Aber mittlerweile habe ich das nötige Fingerspitzengefühl.» Und das schmeckt man. Der Frisch- und der Halbhartkäse sind mild, mit einer leichten Note Alpenkräuter. Freilich, das mag man sich einbilden, umgeben von Alpenwiesen, auf denen es spriesst, duftet und summt. Aber egal, der Käse passt perfekt in die Landschaft, die sanft und schroff zugleich ist.

Bestand der Verzascaziegen ist stark zurückgegangen

Mit der Ziegenhaltung führt der Zugereiste übrigens eine lange Tessiner Tradition fort. Geissen waren seit jeher die bevorzugten Hoftiere. Der Bestand der Verzascaziegen ist in den letzten Jahren allerdings stark zurückgegangen. Schätzungen gehen von maximal 5000 Tieren aus – die geringste Anzahl einer anerkannten Ziegenrasse in der Schweiz.

Deswegen ist es so wichtig, dass es auch dem Nachwuchs gut geht (derzeit besteht die Herde aus 22 Ziegen, darunter 7 Kitze). Franziska Oertle nimmt die Kleinen daher täglich mit auf einen Ausflug in den Haselnusswald, damit sie sich vollfressen und über die Felsen springen können. Olga, die gemütliche Ziegen-Oma, kann genau dieses Gewusel allerdings nicht mehr verstehen: Sie döst immer noch im Schatten an der Steinmauer und geniesst die Streicheleinheiten der Besucher.

Gut zu wissen

Al Grott Café: Mitten im Wald am Ende des Resatals in der Nähe von Locarno liegt dieses typische Tessiner Grotto. Von hier starten die Wanderungen zum Monti di Lego und nach Cardada-Cimetta. Vor oder nach der Tour kann man sich an den rustikalen Tischen stärken. Die Spezialität des Hauses ist eine gemischte Platte mit Fleisch- und Käsespezialitäten aus dem Tessin. Die Kenner schwören zudem auf die Grillspezialitäten. Mehr Informationen unter algrottcafe.ch

Grotto Sprüch: Der Name Sprüch klingt gar nicht nach Tessin, dennoch ist das Grotto ein typisches Beispiel eines Tessiner Ausflugslokals. Die Lage ist besonders schön: Die Beiz kuschelt sich unter einen grossen Felsen beim Örtchen Ludiano im Bleniotal, der den ominösen Namen Sprüch trägt. In dem rustikalen Raum werden typische Tessiner Gerichte angeboten. Unbedingt die Kalbshaxe mit Polenta probieren! Mehr Informationen unter grottospruch.ch

Grotto Borei: Der Ort Brissago kurz vor der italienischen Grenze liegt abseits der üblichen Touristenpfade. Bei Geniessern steht die Region aber schon seit langem auf dem Tourenplan. Das Menü ändert sich mit der Saison: Im Frühling wird unter anderem Gitzi angeboten, im Herbst liegt der Fokus auf Wild. Die Spezialität des Hauses ist allerdings der Risotto mit verschiedenen Fleischsorten und Gemüse aus dem eigenen Garten. Aber der wohl grösste Pluspunkt des Grotto Borei ist die Aussicht über den Lago Maggiore und die Tessiner Berge. Einfach fantastisch. Mehr Informationen unter osteriaborei.ch

Informationen zu Odro: In Odro kann man sich nicht nur für die Wanderung stärken, sondern auch die Nacht im Massenlager oder im Rustico verbringen. Mehr Informationen unter odro.ch

zvg

Al Grott Café: Mitten im Wald am Ende des Resatals in der Nähe von Locarno liegt dieses typische Tessiner Grotto. Von hier starten die Wanderungen zum Monti di Lego und nach Cardada-Cimetta. Vor oder nach der Tour kann man sich an den rustikalen Tischen stärken. Die Spezialität des Hauses ist eine gemischte Platte mit Fleisch- und Käsespezialitäten aus dem Tessin. Die Kenner schwören zudem auf die Grillspezialitäten. Mehr Informationen unter algrottcafe.ch

Grotto Sprüch: Der Name Sprüch klingt gar nicht nach Tessin, dennoch ist das Grotto ein typisches Beispiel eines Tessiner Ausflugslokals. Die Lage ist besonders schön: Die Beiz kuschelt sich unter einen grossen Felsen beim Örtchen Ludiano im Bleniotal, der den ominösen Namen Sprüch trägt. In dem rustikalen Raum werden typische Tessiner Gerichte angeboten. Unbedingt die Kalbshaxe mit Polenta probieren! Mehr Informationen unter grottospruch.ch

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Fünf Hotspots in Lugano

Gutes Wetter und Italianità. Dafür ist das Tessin bekannt. Seit einigen Jahren versucht Lugano mit diesem Klischee aufzuräumen. In vielen Bereichen ist dies bereits gelungen – vor allem dank der jungen Einheimischen. Ein Spaziergang zu fünf Hotspots.

Tessiner Fahne aud dem Gebäude
Tessin its bekannt für gutes Wetter und Italianità.
Thomas Meier

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