Ausflugs-Tipp fürs Tessin: Can
Dem Weg des Wassers folgend

Die Wanderung von Fusio zum Mognola-Bergsee und entlang eines historischen Wasserkanals lässt die Geschichte und Tradition des Tessiner Alpsommers wieder aufleben.
Publiziert: 16.07.2019 um 10:51 Uhr
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Aktualisiert: 02.09.2021 um 17:47 Uhr
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Wasserkanal mit Aussicht. (Weitere Ausflugs-Tipps auf www.ticinoweekend.ch)
Foto: Ticino Turismo

Ein Erlebnis der besonderen Art bietet die Rundwanderung von Fusio über sieben Alpen und dem eindrücklichen alten Wasserkanal Canáa entlang zum Mognola-Bergsee. Der Lehrpfad mit neun informativen Tafeln ist leicht zu begehen und eignet sich auch für Familien, die den Auf- und Abstieg nicht scheuen. Auf gutes Schuhwerk achten. Für die gesamte Wanderung muss – je nach Pausen – mit vier bis sechs Stunden gerechnet werden.

Vorbei an den Holzriesen

Der erste Teil des Weges führt über die Strasse von Fusio bis zum Weiler Vacarisc di fuori, wo der eigentliche Lehrpfad beginnt. Entlang der Strasse können ein paar Autos parken. An schönen Tagen sind die wenigen Plätze aber schon bald besetzt. Es lohnt sich also, früh hinzufahren.

Ausreichend Parkmöglichkeiten gibt es dagegen in Fusio. Der Aufstieg über die Córt da l'Òvi (1617 m ü. M.) bis zur Córt Mognòla (1842 m ü. M.) führt durch einen Schatten spendenden Wald mit Bäumen mächtigen Umfangs. Diese werden von den Verfassern des Lehrpfads als «Holzriesen» beschrieben. Von Wind und Wetter gezeichnet, trotzen die «Riesen» den Widrigkeiten ihres alpinen Daseins, und manch einer hat sich schon dem Blitz oder Steinschlag beugen müssen.

Auf der Alpe Mognola (die Alpen werden in diesem Gebiet auf Tessiner Dialekt als Córt bezeichnet) dokumentiert die Cascina della memoria, die Alphütte der Erinnerungen, das Leben und Arbeiten früherer Generationen. Eine Ausstellung zeigt, wie die Älpler im Sommer mit Vieh und Geräten von einem Alpstall zum nächsten zogen und wie sie Käse, Butter und Mascarpa (einen quarkähnlichen Frischkäse) herstellten.

Eine türkisblaue Oase

Für den zweiten Teil des Aufstiegs braucht es etwas Kondition. Der Weg wird steiler, der Wald lichtet sich. Das Rauschen des Wasserfalls lässt darauf schliessen, dass die Mühen bald überstanden sind und sich der Blick auf die türkisblaue Oase inmitten grauer Felswände öffnet. Der Lái Mognòla, der Mognola-Bergsee (2003 m ü. M.), ist erreicht. Das kühle Wasser erfrischt heisse Gesichter und müde Beine. Der See ist auch bei Fischern beliebt. Sie holen sich dort ihre Bachforelle fürs Abendessen. Bei genauem Hinsehen sind im klaren Wasser auch Bachsaiblinge und Regenbogenforellen zu entdecken. Der Lehrpfad führt kurz vor dem See nördlich über die Bergflanke weiter zur Còst da Sassina oder Corte della Sassina (2070 m ü. M.) und der Córt da Canáa.

Meisterwerk auf 2070 Metern über Meer

Auf der Córt da Canáa beginnt ein Bauwerk, das zumindest im Tessin seinesgleichen sucht. Auf über 2000 Höhenmetern hat – so erklärt es die entsprechende Info-Tafel – wahrscheinlich die Familie Lotti aus Fusio im 17. Jahrhundert einen Wasserkanal gebaut. Dieser führt über mehr als einen Kilometer das Wasser vom Ri Canáa hinunter zur Córt Mézz auf 1600 m ü. M. Das Wasser war für die Sennereien Córt du Sass und Córt Mézz, die über keine eigene Quelle verfügten, zum Tränken der Tiere und zur Bewässerung der Weiden, unerlässlich.

Der Wasserkanal, der je nach Geländebeschaffenheit aus mindestens vier verschiedenen Arten von Wasserrinnen besteht, war bis 1957 in Betrieb. Dann wurde er durch Rohre ersetzt. Die Vereinigung zum Schutz der Kunst- und Architekturschätze des Maggiatals (APAV) nahm sich zwischen 1997 und 2005 dem kostbaren Werk an und renovierte es in Zusammenarbeit mit dem Patriziat aufwändig nach historischem Vorbild ohne Hilfe von Maschinen.

Das Bergpanorama geniessen

Der Abstieg über die Córt du Sass und den Sass da Córt Mézz erfolgt in flottem Tempo und mit schönstem Ausblick auf das obere Lavizzaratal mit dem Sambuco-Stausee und den Gebirgszügen um den Lago di Narét. Am Pass da Córt Mézz hat sich inmitten der Felsen durch Schnee und Regen eine Feuchtzone gebildet. Etwas abseits vom Alpweg ist ein rund 30 Meter langer Teich entstanden, wo sich für ein Biotop typische Tiere angesiedelt haben. Im Frühjahr sind dort Bergmolche, im Sommer Libellen zu beobachten.

Die letzte Alp auf dem Weg zurück nach Fusio ist die Córt Vacarisc. Von Ende Juni bis Anfang September werden dort aus Kuh- und Ziegenmilch der typische Vallemaggia-Käse, Butter und Ricotta produziert. Etwa dreissig Kühe, über hundert Ziegen und rund fünfzehn Schweine verbringen gegenwärtig auf der Vacarisc-Alp die Sommermonate. Vacarisc gehört zu den letzten fünf Alpen, die im Lavizzara-Tal heute noch bewirtschaftet werden. In der Vergangenheit bedeuteten 37 Alpbetriebe mit ihren Staffeln im sonst sehr ärmlichen Tal einen wahren Reichtum.


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