Risi Bisi auf dem Teller serviert.

Unterwegs im Tessin
Roadtrip zum besten Risotto der Schweiz

Palmen, Sonne und herrliches Essen: Ein Trip ins Tessin ist immer auch ein kulinarisches Erlebnis. Zu Besuch bei einem sizilianischen Polenta-Künstler, einem Michelin-Stern-Risotto und mittelalterlicher Salami.
Publiziert: 31.08.2015 um 14:57 Uhr
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Aktualisiert: 31.07.2019 um 09:57 Uhr
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Kurvenreich: Auf der Gotthard-Passstrasse Richtung Süden.
Von Christian Bauer

Jenseits des Gotthard-Passes wird das Nieselwetter zu Sonnenschein. Was wie der Slogan einer genialen Tessiner Werbeagentur klingt, ist wundersame Realität: Am Alpensüdhang ist das Wetter schlichtweg schöner. Also: Sonnenverdeck vom sportlichen Flitzer hochklappen und los geht es über die hubbeligen Haarnadelkurven der alten Gotthard-Passstrasse ins südliche Ferienfeeling. Auf unserem Trip auf der Grand Tour of Switzerland geniessen wir im Tessin die Dolce Vita.

Dazu – klar! – gehören ein Bummel über die Hafenmeile von Ascona, ein Cappuccino in Morcote und Flower-Watching auf den Brissago-Inseln. All die wohlbekannten Highlights sind eine Reise wert (die Grand Tour verknüpft die schönsten Erlebnisse). Die meisten lassen wir diesmal allerdings links liegen - unbeabsichtigt. Gefangen genommen haben uns nämlich die Gaumenfreuden des Südens.

Dort, wo das Klima ans Mittelmeer erinnert und das kulinarische Wunderland Italien so nahe ist, hat sich eine abwechslungsreiche Küche entwickelt. Reisen geht gerade im Tessin auch durch den Magen.

Grotto America in Ponte Brolla  - Leckerer Maisbrei

«Das ist sehr gut», verkündet die junge Bedienung vom Grotto America in Ponte Brolla in gebrochenem Deutsch. Mehr Worte gebraucht sie nicht, um die Tagesspezialität «Polenta mit geschmortem Rindfleisch» zu beschreiben. Als sei damit alles gesagt, stapft sie in die Küche, um bald mit einem üppigen Teller wieder zu erscheinen.

Die Polenta war in früheren Zeiten ein Armeleute-Essen - heute dient sie als Grundlage für elegante Rezepte. Meisterkoch Salvatore Frequente vom Fünfsternehaus Eden Roc peppt zum Beispiel den Maisbrei mit rosa gebratenen Kaninchen auf. Dazu gibt es einen Blick auf den Lago Maggiore, der alle Speisen mit einer süssen Sehnsucht würzt. «Das Tessin ist kulinarisch eine sehr interessante Region, weil hier die italienischen Einflüsse besonders sichtbar werden», skizziert der Sizilianer Frequente seine Vorliebe für den Sonnenkanton.

Risotto vom Sterne-Koch

Der italienische Einfluss zeigt sich insbesondere auch im berühmten Risotto. Der Reis für das Tessiner Signature-Rezept kommt seit nunmehr 18 Jahren aus der Region - eine Sensation. Vater des Schweizer Reis-Wunders ist der Landwirt Markus Giger, der auf der Kooperative Terreni alla Maggia die ersten Schweizer Reispflanzen setzte. Die Erfolgsgeschichte war voller Höhen und Tiefen, denn Reis ist eine sensible Kultur.

«Manchmal bereitet mir der Reis schlaflose Nächte», gesteht Giger. «Reis braucht Wärme. Im kalten Sommer des letzten Jahres bin ich fast verzweifelt.» Auf 87 Hektar produziert die Terreni alla Maggia etwa 350 bis 400 Tonnen Reis im Jahr. Der Grossteil davon geht an lokale Geschäfte und Restaurants in der Umgebung. Stammkunde für den Loto-Reis ist Othmar Schlegel, Sternekoch im Luxusresort Castello de Sole.

Schlegels Risotto gilt als eines der besten der Region. An diesem Tag hat der Wahltessiner einen vegetarischen Risotto mit Verveine gezaubert. Die traditionelle Gewürzpflanze, die Schlegel im eigenen Kräutergarten züchtet, durchzieht den Reis mit einer leicht zitronigen Note. Dazu ein weisser Melot - WOW! Der Risotto perlt leicht von der Gabel - selbstverständlich ist das nicht. Der scheinbar einfache Risotto erfordert geschickte Kochkünste - auch von einem Küchenmeister, der mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet ist.

«Der Risotto ist eine Diva», resümiert Schlegel, der trotz Haute Cuisine seine Liebe zur einfachen Hausmannskost bewahrt hat. «Sonntags bei einer Wanderung reichen mir Brot und eine Tessiner Salami.»

Eine solche Salami reift in den Kellern der Burg Montebello in Bellinzona. In der mittleren der drei Burgen haben die Salumieri von Ticinella einen idealen Ort für ihre «Salame dei Castelli di Bellinzona» gefunden. Etwa vier Wochen, je nach Wetterlage auch länger, verbringen die armdicken Würste im mittelalterlichen Gemäuer. Wie wohl das Rezept lautet? Salumieri Fernando Premazzi schmunzelt: «Salz, Pfeffer und ein paar Geheimnisse».

Mit glücklichen Geschmacksknospen verlassen wir das Tessin. Auf der anderen Seite der Alpen scheint diesmal ebenfalls die Sonne - auch so ein Geheimnis.

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