1964 jagte Sean Connery (1930–2020) den Bösewicht Goldfinger über den Furkapass: James Bond im Aston Martin und Goldfinger in einem Rolls-Royce. Auch heute flitzen Autos der Superklasse hinauf ins einst verschlafene Bergdörfchen Andermatt UR. Meist machen sie Halt vor dem Edelhotel The Chedi.
Ich bin mit dem Zug von Zürich angereist. Mit Bommelmütze auf dem Kopf, Koffer in der Hand und ungeschminkt, bin ich bereit, in die Spa-Welt des Ressorts einzutauchen. Mondänes Bond-Girl sieht anders aus. Wir sind im Herzen der Schweiz auf 1400 Meter über Meer. Mich umgibt frische Luft, Ruhe und eine imposante Bergwelt. Ich trete ein in eine Art überdimensionales Chalet – nur nimmt mir hier ein Portier meinen Koffer ab und die Dame am Empfang reicht mir ein Schokoladen-Assortiment zur Degustation. «Hergestellt von der hauseigenen Confiserie.» Über der Rezeption schwebt ein 3,5 Tonnen schwerer Swarovski-Kristallleuchter.
Ein Wochenende ohne Handy?
Ich ziehe mich zurück in eine der Chaiselongues aus Samt in der Lobbybar, um mich mit einem Tee aufzuwärmen und über die Geschichte Andermatts zu lesen: Das Dorf im Ursental verfiel nach dem Teilwegzug des Militärs in eine regelrechte Depression. Es fehlte an Arbeit und an attraktiven Angeboten als touristisches Ziel. Ab 2005 liest sich die Geschichte dann wie ein Märchen: Der ägyptische Investor Samih Sawiris (65) kommt nach Andermatt und beschliesst, hier ein Mega-Tourismusprojekt umzusetzen. The Chedi wird 2013 eröffnet und bedeutet auf Deutsch Tempel. Von solchen hat sich der Investor inspirieren lassen. Mich umgibt eine gewagte Kombination aus Asia Flair und Schweizer Chalet-Chic: Viel heimisches Holz, eine eindrückliche Ski-Sammlung – ein Modell unterschrieben von Beat Feuz (35) – kombiniert mit drei Meter hohen Decken, Gebetssäulen aus Granit und Buddha-Statuen. Im Gegensatz zu dem Chedi in Oman, das eher ein Show-Off-Ambiente kultiviert, strahlt das hiesige Hotel ein Zen-Ambiente und eine lässige Eleganz aus. Ich bin hier, um einen Einblick in das Digital-Detox-Programm des Hotels zu erhalten. Wer sich getraut, kann dabei Handy und ähnliche Utensilien an der Rezeption abgeben....
In meinem Zimmer (55 Quadratmeter) entdecke ich Hausschuhe in Grösse 37 – meiner Grösse! – und eine Box mit Gesichtsmaske, Serum und verschiedenen Tees. Mein Partner begeistert sich für das iPad – hallo again, digitale Welt, dir entwischt man wohl nie ganz! Mit einem Fingerwisch auf dem Tablett lässt sich damit etwa das Feuer im Kamin höher drehen. Für mich ist ein Massage-Termin reserviert. Vorher aber mache ich einen kurzen Abstecher in das Wellness-Areal. Im Spa mit seinen Felsblöcken und Holzelementen fühle mich schon nach wenigen Minuten geerdet. Dann erwartet mich Therapeutin Zuzana mit gewärmten Tüchern zu meiner Tata Harper Detox Body Massage. «Diese hilft, Toxine und andere Verunreinigungen aus dem Körper auszuspülen, die für Cellulite, Wassereinlagerungen, Muskelverspannungen und andere häufige Hautprobleme verantwortlich sind.». Der Druck baut meine Spannungen ab, nach einer Stunde in Zuzanas Händen fühle ich mich wie neugeboren.
Kulinarik der Extraklasse
Später sehen wir im The Restaurant (14 Gault-Millau-Punkte) zu, wie in vier Atelierküchen asiatische und europäische Gerichte zubereitet werden. Die Karte bietet raffinierte vegetarische und vegane Gerichte – das ist nicht immer so – weiss ich als Vegetarierin leider aus Erfahrung. Als Häppchen gibt es veganes Tatare mit Basilikum-Creme, Crostini mit Holunderbeeren und geschmortem Kürbis und Trüffelbrie mit Birchenchutney. Exquisit! Der Sommelier bietet für jeden Gang den passenden Wein an – dank ihm hat das Chedi zum vierten Mal in Folge den Preis für die beste Weinkarte des Jahres eingeheimst. Das Finale des Abends kommt in Form des Desserts: Warme Schocki-Sauce fliesst über die Schokoladenkugel auf meinem Teller, bis diese anfängt zu bröckeln.
Zurück auf unserem Zimmer schreite ich zur orientalischen Sitzecke im Wohnbereich und freue mich auf das Flackern im Kamin und einen warmen Tee. Doch der Heizapparat streikt. Ich bin enttäuscht – zumindest haben wir in Zeiten von Energieknappheit Gas gespart. Am nächsten Morgen schreite ich im kuscheligen Bademantel über den Natursteinboden in die Badewanne. Vor mir die Szenerie der mächtigen Urner Bergwelt. In Badeschaum gehüllt entspanne ich mich nach und nach, die Hektik des Zürcher Alltags scheint ganz weit weg. Beim Check-out bin ich nostalgisch – eine Nacht mehr hätte ich gerne hier verbracht. Als Verabschiedung-Geschenk erhalte ich ein Assortiment der hauseigenen Tees. Damit lässt sich das Gefühl der Digital Detox hoffentlich zu Hause noch etwas weiter ziehen.
Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer Pressereise.