Barfusswandern im Vorarlberg
Auf Zehenspitzen durchs Montafon

Barfuss über Stock und Stein: Im Vorarlberg kann man geführt wandern ohne Schuhe. Zurück bleiben Blasen und die Erinnerung an feuchtes Gras.
Publiziert: 17.09.2018 um 15:36 Uhr
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Aktualisiert: 18.09.2018 um 10:52 Uhr
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Im Vorarlberger Tal Montafon bietet Wanderführer Alfred Danna Barfusswanderungen an.
Dana Liechti

Servus!» Mit einem verschmitzten Lächeln begrüsst Wanderführer Alfred Danna seine Schützlinge. In St. Gallenkirch, ­einem Dorf mit 2200 Einwohnern, startet er seine Wanderroute. Er überquert die Autostrasse, bleibt stehen und zieht seine Schuhe aus. «Von hier an gehen wir barfuss.» Wilde Bergwiesen, hohe Berg­kämme, Wald, kleine Bächlein. Es riecht nach Gras, Erde. Das ist das Montafon, ein Tal im österreichischen Vorarlberg, nicht einmal zwei Stunden von Zürich entfernt. Hier bietet das Montafoner Urge­stein Alfred Danna Barfusswanderungen an – über Stock und Stein. «Servus Alfred», heisst es hier und «Pfüat di, Alfred» da. Jeder kennt jeden in diesen Dörfern.

Barfuss liegt im Trend – es ist die Rückkehr zur Natur

Zuerst läuft Alfred über eine Wiese, Grashüpfer springen auf, unter den Fusssohlen kitzeln die Gräser. Tritt man in den Schatten, wird der Unter­grund auf einmal ganz kühl, manchmal nass. Dinge, die man nicht bemerkt, wenn man Schuhe trägt. «Beim Barfusswandern spürt man die Umwelt, den Untergrund, das Wetter viel besser», sagt Alfred. Und gesünder als normales Wandern sei es auch, sagt er. Tatsache ist: Barfusswandern fordert und stärkt die verschiedenen Knochen, Sehnen und Muskeln in den Füssen, regt die Durchblutung an und ist gut fürs Gleichgewicht.

Mit seinem Angebot folgt der Montafoner Wanderführer übri­gens dem Ruf vieler Menschen, die wieder stärker im Einklang mit ­ihrem Körper und der Natur leben wollen. Und er ist nicht der Einzige. Barfusslaufen liegt im Trend, auch in der Schweiz gibt es immer mehr, auch extra angelegte Barfusswege.Wer nicht ganz ohne Schuhe will, kann heutzutage auf sogenannte Barfussschuhe zurückgreifen: Schuhe, die dank extrem dünnem Material dem Laufen ohne Schuhwerk sehr nahe kommen.

Der Wanderweg, den man mit Alfred geht, ist zwar nicht ein offizieller Barfussweg, aber eben gut geeignet. Es geht über weiche, ­wilde Bergwiesen, heissen Asphalt, raus aus dem Dorf. Unter den Tannen piekst hie und da eine Nadel ins Fussbett. Da, ein kleines Bächlein. Füsse rein, natürlich. Alfred findets herrlich, der Wanderbegleiter und Anfänger im Barfusswandern weniger. Zu kalt. Da kann ­Alfred nur lachen. «Wartet erst mal ab, bis das Kneippen kommt – das Wasser hier ist im Vergleich dazu warm.»

Während Alfred erzählt, wie wohltuend das Barfusswandern für Körper und Seele ist, setzt er seinen Weg fort, einen Hügel hinauf, an einem Bauernhaus vorbei. Im Garten watscheln Gänse hin und her, wilde Himbeerranken wachsen in die Höhe. Hier oben wird es steinig, kleine, spitze Steine drücken in Fersen und Fussballen. Zum Glück hat man vorher im ­Traditionshaus «Zum Löwen» in Tschagguns Knödel mit Pfifferlingen, in Speck eingewickelten Sura Kees (ein traditioneller, leicht säuerlicher, kalorienarmer Frischkäse nach uralter Rezeptur) und echte Wiener Schnitzel gespiesen, so läuft es sich besser, und die ziependen Füsse sind besser wegzudenken. Dann erreicht die kleine Wandergruppe den Wasserfall mit dem klingenden Namen Balbier.

Die Männer geben meist zuerst auf

Die winzigen Wassertröpfchen schenken den Wanderern eine willkommene Abkühlung. Weiter geht es über ein Strässchen mit spitzen Steinen, die wehtun. Das seien ­Steine, die künstlich zerschlagen wurden. Bei Natursteinen ­schmerze es weniger, sagt Alfred – weil die durch die Erosion abgerundet sind und weniger spitze Ecken haben. Vorbei am kleinen Dörfchen ­Gorti­pohl geht es wieder über die Schnellstrasse, der Asphalt brennt heiss unter den Füssen, es riecht nach Teer. Mal ist es nass, mal warm, mal kalt unter den Füssen – Alfred hat recht, man spürt die ­Umwelt, den Weg, den man zurücklegt, viel besser. Nur, leider sieht man alles rundherum kaum – weil man so sehr auf den Weg konzentriert ist. Und Aufsehen ist nicht ratsam, denn kaum ist der Weg nicht mehr im Blick, stolpert man hier über eine Wurzel, dort über ­einen Stein.

Nach einem langen Stück über den vor Wärme flirrenden Asphalt taucht die Kneippanlage Brönna in Gortipohl genau zum richtigen Zeitpunkt auf. Zuerst angenehm abkühlend, dann schmerzhaft stichelnd dringt die Kälte in die Haut der müden Füsse. Manche mögen eine Runde, andere nur die halbe durchbeissen. Meistens sind es die Männer, die früher wieder aus dem eiskalten Wasser hüpfen, sagt Alfred und zwinkert den weiblichen Wandergästen zu. Durch einen lichtdurchfluteten, duftenden Birkenwald geht die Reise weiter, dann über steinige Waldwege am tosenden Fluss entlang, hie und da versinken die Füsse in feuchtem Schlamm. Eine Wohltat, die Kindheitserinnerungen weckt.

Die Schuhe fühlen sich auf einmal ganz eng an

Auffällig ist, dass im ganzen Gebiet die Wanderwege steiniger zu sein scheinen als in der Schweiz, oft hat man künstlich steinige Wege angelegt. Ein Stückchen Moos oder warmen, weichen Waldboden mit Wurzeln bekommt man selten zu spüren. Nach drei Stunden Laufzeit endet die Reise – Blasen in­klusive, zumindest für die Anfänger in der Gruppe. Und die Schuhe fühlen sich auf einmal ganz eng an. Pfüat oi, liebe Füsse.

Die Reise erfolgte auf Einladung von Montafon Tourismus

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Essen
Wer gern schlemmt, ist im Montafon richtig. Deftig und traditionell speist man im Gasthof Löwen in Tschagguns. Schnitzel, Knödel, Sura Kees und Kaiserschmarrn par excellence.



Schlafen
Charme, viel Holz, ­karierte Decken und Sicht auf Wälder im Schlafzimmer, Wellness­oase mit diversen Saunen im Untergeschoss und köstliche Mehrgang-menüs mit regionalen Einflüssen bietet das Sporthotel Grandau in St. Gallenkirch.



Unternehmen
Am Bewegungsberg Golm gibt es alles, was das (Kinder-)Herz begehrt: Mit einer Rodelbahn saust man ins Tal, an einem Stahlseil über den Stausee, und die Waldrutschen sind ein Gaudi. Hinauf gehts mit dem E-Bike ganz fix. ­Eindrücklich ist die Theaterwanderung «Auf der Flucht» der Gruppe Teatro Caprile. Die Schauspieler verkörpern Schicksale flüchtender Menschen im 2. Weltkrieg, die durchs Montafon zur Schweizer Grenze gelangen wollten. Eine rund sechsstündige Wanderung, die man nicht so schnell vergisst.

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